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Blinde Angst

Titel: Blinde Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George D Shuman
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wollte.
    Der weiße Marmor des Crystal-House-Hotels hob sich deutlich von den dunklen Bergwäldern ab, die Port Antonio umgaben. Es war besonders bei Europäern sehr beliebt, die in seiner nüchternen Eleganz einen wohltuenden Kontrast zu den allinclusive-Hotels voller schreiender Kinder und sonnenbadender Touristen sahen.
    Vor den Eingangstoren standen Wächter. Die Anlage war von einem mit Spitzen versehenen Eisenzaun umgeben, der für die Gäste – heute hauptsächlich Deutsche – hinter dichtem Wald verborgen war. Soweit Brigham erkennen konnte, nahmen sie kaum Notiz von den drei Amerikanern und ihrem jamaikanischen Freund, die an einem Frühstückstisch saßen.
    Eine grüne Eidechse huschte über den dunklen Schieferboden und verschwand hinter einem schweren Vorhang. Das Hotel war drinnen dunkel und elegant eingerichtet.
    Der Speisesaal wirkte betont nüchtern, die Kellner servierten fast mechanisch das Frühstück, und Hilfskellner in gestärkten Jacken huschten lautlos zwischen den Tischen hin und her und räumten das Geschirr ab.
    Der Himmel war grau geworden, es bildeten sich Wolken über dem feuchten Dschungel am Green Mountain. Kurze morgendliche Regengüsse waren typisch für diese Gegend, bevor die Wolken weiterzogen und sich über dem Meer auflösten, bevor Jamaika einen weiteren strahlend sonnigen Tag erlebte.
    Jenseits des Eingangstors schlängelte sich der Highway A-4 die zerklüftete Küste entlang und trennte den Dschungel von den Klippen, von denen man weit hinaus in die grüne Karibik sah. Diese Seite der Insel war nicht so stark besucht, deshalb hatte der Inspektor dieses Hotel für die eine Nacht ausgewählt. Es war ziemlich unwahrscheinlich, dass hier jemand Sherry Moore oder Carol Bishop erkennen würde.
    »Orangensaft für die Gentlemen?«
    Inspektor George schüttelte den Kopf und sah Brigham an, der ebenfalls abwinkte.
    Durch die Jalousien drang etwas Tageslicht herein und beleuchtete Sahnekrüge aus Sterlingsilber und Zinnschüsseln mit braunen Zuckerwürfeln. Carol Bishop saß schweigend am Tisch, das Gesicht in den Händen vergraben. Sie hatte wenig gesprochen, seit sie letzten Abend Kingston verlassen hatten.
    Brigham hatte schon öfter Menschen mit einem schweren Trauma gesehen, und Carol Bishop zeigte alle Anzeichen dafür. Er nahm an, dass sie sich ihres seelischen Zustands durchaus bewusst war, dass sie aber versuchte, die Haltung zu bewahren, bis das Ganze vorbei war.
    Der logische Schritt wäre gewesen, das Frühstück zu beenden und sich von Carol Bishop und Inspektor George zu verabschieden. Brigham und Sherry würden mit dem Van des Hotels nach Port Antonio fahren und sich dort in das nächste Flugzeug nach Philadelphia setzen.
    Carol und der Inspektor würden nach Kingston zurückfahren und das FBI davon in Kenntnis setzen, dass ihre Tochter identifiziert war. Carol würde wahrscheinlich eine Pressekonferenz abhalten, und die Medien würden sich auf das Ereignis stürzen.
    Doch Carol wollte es anders – und das wusste Sherry, die heute früh Helmut Dantzler angerufen hatte. Sie wusste es und hatte Verständnis für den Wunsch.
    Brigham sah Sherry Moore an. Er wusste, was sie gestern Abend in der Leichenhalle gesehen hatte. Und er kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie die Sache nicht einfach so auf sich beruhen lassen konnte. Das war nun einmal nicht ihre Art. Ihre Gedanken weilten bei einer Leiche, die hundertfünfzig Kilometer von der jamaikanischen Küste entfernt in Haiti aufgebahrt war. Sie dachte daran, dass es noch drei Tage waren, bis der Mann begraben wurde. Bis sie ihn mit seinen letzten Gedanken bestatteten, in denen wahrscheinlich Jill Bishop und das Gebäude vorkam, in dem sie gefangen gehalten worden war.
    Ein Kellner kam mit der Rechnung. Der Speisesaal war mittlerweile fast leer. Die Hilfskräfte trugen lautlos das Geschirr weg und nahmen die Tischtücher ab. Ein Sonnenstrahl leuchtete in den dunklen Raum und teilte ihn in zwei Hälften.
    »Diese Sache, die Sie über meine Tochter wissen«, begann Carol Bishop und sah Inspektor George ins Gesicht. »Ich wollte Sie nicht drängen, aber Sie haben noch kein Wort über die Tätowierung gesagt, nachdem ich sie erwähnt habe. Sie haben Miss Moore deswegen hergeholt, nicht wahr? Also, was hat es damit auf sich, Inspektor George? Wer hat das gemacht? Wissen Sie es?«
    Sie wandte sich Brigham zu. »Gibt es noch andere wie sie? Haben Sie Miss Moore deswegen kommen lassen? Wissen Sie, wo sie sind?«
    Keiner

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