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Blinde Angst

Titel: Blinde Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George D Shuman
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zog einfach seine Pistole und erschoss den Wächter, den sie als Schutzschild vor sich hielt. Als ihr das Gewicht des Mannes entglitt, rissen die anderen ihre Gewehre hoch, und Bedard ging auf sie zu und nahm ihr die Pistole aus der Hand.
    Aleksandra sah diesen Moment heute als den schwersten Fehler ihres Lebens an. Sie hätte ihn erschießen sollen. Wenn sie damals schon gewusst hätte, was sie heute wusste, hätte sie das ganze Magazin auf ihn abgefeuert und dafür gern ihr Leben geopfert.
    Bedard ließ sie danach in den roten Raum bringen, ihre erste von vielen grausamen Erfahrungen, die sie auf dem Folterstuhl machen musste. Je mehr sie ihren Schmerz verbarg, umso mehr schien er es zu genießen, sie zu foltern. Er wollte ihr beweisen, dass ihre Willenskraft letztlich nicht ausreichte und dass er es war, der das Geschehen beherrschte. An diesem Tag schwor er ihr, dass sie einen langsamen Tod sterben würde. Dass er sie leiden lassen würde in der Gewissheit, dass er der Herr war und allein bestimmte, wann und wo sie starb. Zweifellos genoss er es, zu wissen, dass sie in jeder Sekunde an die bevorstehende Explosion denken musste.
    Als junge Frau hätte sie sich nie vorstellen können, dass ein solches Schicksal möglich war. Keine von ihnen hätte sich so etwas vorstellen können. Man konnte einfach nicht glauben, dass Menschen so böse sein konnten.
    Sie erinnerte sich an den Tag, als Bedard den Mann mit der grünen Hose erschoss und ihn vor ihrer Zellentür sterben ließ. Die arme Jill Bishop hatte nicht gewusst, was da vor sich ging. Aleksandra fürchtete, dass sie sie beide umbringen würden. Aber Bedard hatte die Nachricht mit ihrem Namen darauf gelesen – bevor er sie dem Toten in den Mund steckte – und brachte sie daraufhin in den roten Raum. Und er vergewaltigte sie in jeder Körperöffnung mit einem elektrischen Viehtreiberstab, bis sie das Bewusstsein verlor.
    Sie erinnerte sich an den stechenden Ammoniakgeruch der Wattebäusche, die in ihrer Nase steckten, an ihre brennenden Augen. Sie erinnerte sich an das unangenehme Gefühl, als sie wieder zu sich kam. Sie wusste, dass das, was sie im Wachzustand erwartete, nichts Gutes war.
    Dann fuhr plötzlich etwas durch sie hindurch, das aus der Mitte ihres Wesens zu kommen schien, es stieg durch ihren geschundenen Körper in ihren Kopf und sammelte noch einmal alles Gute in ihr, alle Fähigkeiten und guten Erinnerungen, die in ihr steckten – und sie dachte sich, dass das ihre Seele sein musste.
    Bedard schüttelte sie, legte sein Ohr an ihre Lippen und dachte, dass er dieses Mal vielleicht zu weit gegangen war. Aber das, was da durch Aleksandras Körper fuhr, war nicht ihre Seele – es waren ihre Lebensgeister, die zurückkehrten, ihr Kampfgeist – und sie nahm alle Energie zusammen, die sie aufbieten konnte, sprang hoch und schlug ihre Zähne in seinen Hals, tief hinein, um seine Halsschlagader zu erwischen.
    Bedard konnte sich gerade noch retten, doch sie hatte ihm ein gutes Stück herausgerissen. Der Einäugige taumelte von ihr weg. Sie spürte seinen Schreck, er drückte die Hände an den Hals, als er zur Tür zurückwich. Eine Stunde später kam er mit einem dicken Verband um den Hals zurück. Er hatte eine Zange mitgebracht, und sie erinnerte sich daran, wie sie schrie, als er ihr die mit Ammoniak getränkten Watte in die Nase steckte und ihr dann einen Zahn nach dem anderen herausriss. Bedard wollte nicht, dass sie das Bewusstsein verlor. Er wollte, dass sie die Schmerzen voll und ganz spürte. Danach erlaubte er Aleksandra nicht mehr, in seiner Gegenwart zu stehen. Sie musste auf allen vieren kriechen wie ein Hund. Er überließ sie allen Männern im Schloss. Er sagte ihr, er wisse genau, dass sie sterben wolle, aber er sei der alleinige Herr über ihr Schicksal.
    Sie war schwach. Sie konnte nur noch in Wasser eingeweichtes Brot essen.
    Aber Aleksandra lebte noch, und Bedard irrte sich.
    Sie wollte nicht sterben. Sie wollte ihn töten.
    Es wäre so leicht gewesen, loszulassen. Aber jedes Mal, wenn sie nahe daran war, musste sie auch an Jill und an das rothaarige Mädchen auf dem Schiff denken, und an all die anderen Frauen, die in diesem Keller gelitten hatten. Sie wusste auch, dass hier Leichen versteckt wurden. Wie oft hatte sie Lastwagen kommen und wegfahren gehört. Durch die Belüftungsöffnung in ihrer Zelle konnte sie das Wimmern der Frauen hören, als sie in den Keller gebracht wurden. Und auch ihre Schreie aus dem roten Raum. Aber sie

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