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Blinde Goettin

Blinde Goettin

Titel: Blinde Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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dich nach einem Autohändler umsehen. Ich dürfte das nicht sagen. Ich habe es nicht gesagt.«
    Hanne versicherte, es nie gehört zu haben, bedankte sich überschwenglich, brach das Gespräch ab und wählte eine dreiziffrige Nummer auf der Hausanlage.
    »Ist Billy T. da?«
    »Der hat frei, wollte aber noch mal reinschauen, glaube ich.«
    »Dann sag ihm, er soll sich bei Hanne melden.«
    »Alles klar!«
     
    Hinter den Autofenstern sah es aus wie wütende, schiefe Bleistiftstriche. Trotz aller Bemühungen der Scheibenwischer klebte der Schneematsch an der Scheibe. Der Herbst war seltsam gewesen, Eiseskälte, Schnee sowie Regen und acht Grad plus hatten einander immer wieder abgewechselt. Im Moment hatte sich das Thermometer irgendwo auf halber Höhe eingependelt, das Wetter war seit Tagen übel.
    »Du nutzt eine alte Freundschaft wirklich ganz schön aus, Hanne.« Er war nicht sauer, er zierte sich nur ein bißchen. »Ich arbeite bei der Unruhe. Und nicht als Laufbursche für Ihre Hoheit Wilhelmsen. Heute habe ich noch dazu frei. Mit anderen Worten: Du schuldest mir einen freien Tag. Vergiß das nicht.«
    Er mußte seinen riesigen Körper ganz nahe zur Windschutzscheibe vorbeugen, um überhaupt etwas zu sehen. Wenn er nicht so groß und so kahl gewesen wäre, hätte er in dieser Haltung für eine vierzigjährige Dame aus dem Villenviertel mit einem zwei Jahre alten Führerschein gehalten werden können.
    »Ich bin dir zu ewigem Dank verpflichtet«, beteuerte sie und fuhr zusammen, als er vor einem plötzlich auftauchenden Schatten bremste, der sich als unvorsichtiger Teenie entpuppte.
    »Scheiße, ich seh’ ja nichts«, sagte er und versuchte wütend, die beschlagene Fensterscheibe sauberzuwischen, aber sie beschlug genauso schnell, wie sie freigewischt wurde.
    Hanne drehte die Heizung höher, ohne irgendeine Wirkung zu erzielen. »Öffentliches Eigentum«, murmelte sie und prägte sich die Wagennummer ein, damit sie diesen Dienstwagen künftig meiden konnte. »Ich habe in Sagene nur einen Roger in der Autobranche gefunden. Also brauchen wir nicht lange zu suchen«, sagte sie, um Billy T. aufzumuntern.
    Der Wagen fuhr auf einen Bordstein, und Hanne wurde gegen die Tür geschleudert und stieß sich den Ellbogen am Fenstergriff.
    »Au, willst du mich umbringen?« fragte sie wütend. Erst dann merkte sie, daß sie am Ziel waren.
    Billy T. parkte vor einer grauen Betonmauer mit einem großen aufgemalten Parkverbotsschild. Er stellte den Motor ab und blieb, die Hände im Schoß, sitzen. »Was wollen wir hier eigentlich?«
    »Uns ein bißchen umsehen. Ihm vielleicht einen Schrecken einjagen.«
    »Bin ich Räuber oder Gendarm?«
    »Kunde, Billy T. Du bist Kunde. Jedenfalls, solange ich nichts anderes sage.«
    »Und wonach suchen wir?«
    »Nach allem und jedem. Chiffre: alles, was interessant ist.«
    Sie stieg aus und verriegelte die Wagentür. Ziemlich unnötig, Billy T. warf seine einfach ins Schloß.
    »Die Mühle klaut doch keiner«, erklärte er und zuckte mit den Schultern, vor allem, um sich vor dem Regen zu schützen, der zu seiner Begrüßung um die Ecke gewirbelt kam.
    »Sagene Car Sale«. Sie konnte den Namen erraten, obwohl die Neonbuchstaben längst hätten erneuert werden müssen. In der Dämmerung war nur »Sa ene Ca  S le« zu lesen. »Ganz schön international, was!«
    Irgendwo bimmelte eine Glocke, als sie den Laden betraten. Es roch nach Volvo Amazon. Ein absolut ekelerregender Geruch; er war der reichhaltigsten Auswahl an sogenannten Luftreinigern zuzuschreiben, die Hanne Wilhelmsen je gesehen hatte. Vier Weihnachtsbäume aus Pappe, jeder fünfzig bis sechzig Zentimeter hoch, standen auf einem fünf Meter langen Tresen aufgereiht. Sie waren mit kleineren Weihnachtsbäumen an Silberfäden und busenschönen Comicdamen dekoriert. Wie lauter kleine Weihnachtsgeschenke umringte ein duftendes Heer von Plastikschildkröten die Weihnachtsbäume und sorgte dafür, daß die Luft um die Kasse herum die reinste in der ganzen Stadt sein mußte. Die Schildkröten hatten lockere, an Sprungfedern befestigte Köpfchen und nickten ihnen im Luftzug der Tür herzlich zu.
    Ansonsten war der Laden vollgestopft mit allem, was Dinge, die auf vier Rädern liefen, vielleicht gebrauchen konnten. Es gab Auspuffanlagen und Tankverschlüsse, Sitzbezüge aus Nylon mit Leopardenmuster, Nackenpolster und Zigarettenanzünder. Zwischen den Regalen, wo kein Platz für weitere Fächer gewesen war, hingen alte Kalenderbilder von

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