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Blinde Goettin

Blinde Goettin

Titel: Blinde Goettin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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lächelte. »Wenn du wüßtest, wie paranoid manche Menschen sind, dann würde dich das überhaupt nicht wundern. Ich hatte einmal einen Mandanten, der bei jeder Besprechung meine Kanzlei erst mal mit einem Wanzendetektor durchsucht hat. Ich habe ihm bei einem Mietvertrag geholfen! Einem Mietvertrag!«
    Er lachte lärmend, aber überhaupt nicht ansteckend. Hanne Wilhelmsen hatte keine Fragen mehr. Es stand nichts auf dem Papier. Sie gab auf, Anwalt Lavik durfte gehen. Als er sich den Mantel anzog, sprang sie dennoch auf und trat bis auf dreißig Zentimeter an ihn heran.
    »Ich weiß, daß du Dreck am Stecken hast, Lavik. Du weißt, daß ich das weiß. Du bist Anwalt genug, um dir darüber im klaren zu sein, daß wir hier mehr wissen, als wir je verwenden können. Aber eines verspreche ich dir: Ich werde an dir kleben. Wir haben noch immer unsere Quellen, unsere Informationen und unsere versteckten Tatsachen. Han van der Kerch sitzt bei uns in U-Haft. Du weißt, daß er im Moment nicht viel sagt. Aber er hat eine Anwältin, mit der er gesprochen hat, eine Anwältin von ganz anderem ethischen Kaliber als du erbärmlicher Winkeladvokat. Du hast keine Ahnung, was sie weiß, und du hast nicht den geringsten Dunst davon, was sie uns erzählt hat. Damit mußt du leben. Schau nur zurück, Lavik, ich bin hinter dir her.«
    Der Mann war tiefrot geworden, während seine Nasenwurzel sich kreideweiß abzeichnete. Er war keinen Zentimeter vor Hanne zurückgewichen, aber seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er fauchte: »Das sind Drohungen, Frau Wachtmeisterin. Das sind Drohungen. Ich werde eine schriftliche Klage einreichen. Noch heute!«
    »Ich bin keine Wachtmeisterin, Lavik. Ich bin Polizeibeamtin. Und diese Polizeibeamtin wird wie ein Schatten an dir haften, bis du zusammenbrichst. Beschwer dich ruhig.«
    Er hätte ihr sicher gern ins Gesicht gespuckt, aber er riß sich zusammen und verließ wortlos das Büro. Die Tür knallte hinter ihm ins Schloß. Die Schwingungen pulsierten sekundenlang zwischen den Wänden. Håkon hatte den Mund aufgerissen und wagte nicht, auch nur ein Wort zu sagen.
    »Mit dem Gesicht siehst du mongoloid aus!«
    Er riß sich zusammen und klappte den Mund zu. »Was sollte denn das? Willst du Karen in Gefahr bringen? Der Kerl wird sich beschweren.«
    »Soll er.« Trotz ihres dicken Patzers wirkte sie zufrieden. »Ich habe ihm richtig Angst eingejagt, Håkon. Menschen, die Angst haben, machen Fehler. Es würde mich nicht wundern, wenn deine Freundin Karen Borg bald noch einen Strafrechtler unter ihren Verehrern hätte. Und das wäre ein Fehler von ihm.«
    »Aber wenn sie ihr etwas antun?«
    »Niemand wird Karen Borg etwas tun. So dumm sind sie nicht.« Einen Moment lang empfand sie einen eiskalten Zweifel, aber den verdrängte sie sofort. Sie rieb sich die Schläfe und trank den restlichen Kaffee. Aus der obersten Schreibtischschublade nahm sie ein Taschentuch und eine Plastiktüte mit Druckverschluß. Vorsichtig faßte sie die Kaffeetasse, an der Lavik nur genippt hatte, am Henkel. »Er hat die Tasse überall angefaßt«, sagte sie zufrieden. »Es ist gar nicht schlecht, ein kühles Büro zu haben. Wollte sich sicher die Pfoten wärmen.«
    Die Tasse verschwand in der Tüte, und das Taschentuch landete wieder in der Schublade. »Irgendwelche Fragen?«
    »Du verdienst deinen guten Ruf nicht. Auf diese Weise sammeln wir keine Fingerabdrücke.«
    »Paragraph 160, Strafprozeßordnung«, sagte sie wie ein braves Schulkind. »Aber wenn wir ihn unter Verdacht haben, brauchen wir keine Erlaubnis, um Fingerabdrücke zu nehmen. Ich verdächtige ihn. Du auch. Das erfüllt die Forderungen des Gesetzes.«
    Håkon Sand schüttelte den Kopf. »Das war die wortklauberischste Gesetzesauslegung, die ich je gehört habe. Der Kerl hat das Recht zu erfahren, daß wir seine Fingerabdrücke haben. Er hat sogar das Recht zu fordern, daß wir sie vernichten, wenn unser Verdacht sich nicht bestätigt.«
    »Das wird er aber«, sagte sie überzeugt. »Mach dich an die Arbeit!«
     
    Sie hatten den Gürtel vergessen. Er durfte doch nichts behalten. Warum hatten sie den Gürtel vergessen? Als er zu der Polizistin mit der Schokolade zum Verhör gebracht werden sollte, war seine Hose gerutscht. Er hatte versucht, sie festzuhalten, aber als ihm die Handschellen angelegt wurden, rutschte sie wieder herunter. Die beiden blonden Männer hatten von einem Hilfswärter seinen Gürtel holen lassen und mit einer Schere ein neues Loch

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