Blinde Seele: Thriller (German Edition)
Sie es ja nicht, in diesem herablassenden Ton mit mir zu reden, Sie …«
»David, bitte«, sagte Alvarez sanft. »Immer mit der Ruhe.«
»Ich habe dem Lieutenant eben von Mrs. Beckets Hysterie bezüglich ihrer Augen erzählt«, sagte Wiley. »Die Tatsache, dass sie auf Augenuntersuchungen deutlich überreagiert, war bereits eingehend dokumentiert, bevor sie hier eingecheckt hat.«
»Verdammt, was geht hier eigentlich vor?«, wandte David sich an Alvarez. »Warum lässt man diesen Mann so über meine Frau reden?«
»Diazepam vor der einfachsten Augenuntersuchung«, fuhr Wiley fort. »Wenn Dr. Ethan Adams nicht so verständnisvoll wäre …«
»Helfen Sie mir, Lieutenant«, sagte David zu Alvarez. »Wenn Sie diesen Mann nicht zum Schweigen bringen, werde ich es tun.«
»David«, sagte Beth Riley besänftigend. »Immer mit der Ruhe.«
Sie streckte die Hand aus, um Davids Unterarm zu berühren, aber er riss ihn fort.
»Es wäre mir nicht im Traum eingefallen, solche Dinge zu erwähnen«, fuhr Wiley fort, »aber die Medizin ist mein Leben, und ich kann einfach nicht zulassen, dass eine neurotische Patientin …«
»Okay, das reicht«, stellte Alvarez klar. »George Wiley, ich nehme Sie fest wegen des Verdachts auf einfache Körperverletzung.«
»Einfache« , sagte David, noch immer kurz davor, in die Luft zu gehen.
»Damit werden Sie nicht durchkommen«, sagte Wiley zu dem Lieutenant, bevor er sich wieder an David wandte. »Und Sie werden das noch bereuen, Doktor.«
Schweigend legte Riley ihm die Handschellen an, während Alvarez ihm seine Rechte verlas.
»Alles, was Sie sagen …«, begann Alvarez.
»Das ist ja ein schöner Anblick«, erklang eine Stimme hinter ihnen.
Ethan Adams blickte wütend drein.
»Gott sei Dank. Sie …«, sagte Wiley.
»Halten Sie den Mund«, fiel Adams ihm ins Wort. Während Alvarez fortfuhr, Wiley über seine Rechte zu belehren, wandte Adams sich an David. »Ich entschuldige mich für die Verzögerung, Dr. Becket, aber ich würde sagen, unser dringendstes Anliegen ist es jetzt, dass ich nach meiner Patientin sehe.«
»Gut«, sagte David.
»Dr. Adams …«, begann George Wiley.
Und wurde von einem der kältesten, vernichtendsten Blicke zum Schweigen gebracht, die David Becket je gesehen hatte.
Adams nickte Alvarez und Riley zu; dann kehrte er Wiley den Rücken.
»Wollen wir, Doktor Becket?«, sagte er.
Der fassungslose Ausdruck in Wileys Gesicht war eine Befriedigung für David.
Der Rest, nahm er an, konnte warten.
113.
Ihr Vater und die Krankenschwester waren von Felicia gebeten worden, ihr Zimmer nicht zu betreten.
Sie wollte nur mit Dr. Lucca sprechen.
Grace klopfte leise an. »Felicia, ich bin’s, Grace Lucca.«
»Okay«, erklang die Stimme des Mädchens.
Als Grace die Tür öffnete, brauchte sie einen Moment, um Felicia ausfindig zu machen. Die Vorhänge waren offen, aber die gedämpfte Nachttischlampe war das einzige Licht im Zimmer. Felicia saß auf der gegenüberliegenden Seite des Betts auf dem Boden. Sie hockte in der Nähe des Fensters in einer Zimmerecke, den Körper verdreht, sodass sie halb zur Wand sah, die Beine angezogen, die Arme um die Knie geschlungen. Diesmal trug sie ihre große dunkle Brille nicht, aber sie lag in Reichweite auf dem Nachttisch.
Felicia blickte zu Grace hoch. »Könnten Sie die Tür zumachen?«
Grace trat einen Schritt zurück, um die Tür zu schließen, und blieb dann stehen.
Hier musste die Initiative zunächst von Felicia ausgehen. Da sie ihre Brille nicht mehr trug, war ihr Gesicht nicht mehr verborgen, und doch verrieten ihre Haltung und ihre Körpersprache, dass sie sich versteckte. Grace wusste, wenn sie das Mädchen zu sehr bedrängte, würde es sich vielleicht wieder in sich selbst zurückziehen.
»Wohin soll ich mich setzen?«, fragte sie.
»Ist mir egal.«
Die Bettkante war zu aufdringlich, überlegte Grace, der Stuhl zu förmlich und vernehmungsmäßig. Auf dem Boden wären sie zwar auf Augenhöhe, andererseits könnte sich Felicia dadurch eingeengt fühlen.
Grace entschied sich für das Bett, in der Nähe des Fußendes, um dem Mädchen Raum zu geben.
»Gut so?«, fragte sie.
»Na klar«, sagte Felicia.
»Dein Vater hat mich angerufen«, sagte Grace.
»Ich habe ihn darum gebeten.«
Felicia verlagerte ihre Haltung ein klein wenig. Jetzt, als mehr Licht ihr Gesicht erhellte, sah Grace, dass sie geweint hatte. Ihre Augen waren braun; auch wenn das Weiße gerötet vom Weinen war, schienen sie gesund zu
Weitere Kostenlose Bücher