Blinde Verführung (German Edition)
„Oder du rufst Heidi an und sagst ihr, dass sie dich abholen soll. Das macht sie bestimmt gerne.“
„Du bist unmöglich.“ Marlene nahm den Schlüssel und steckte ihn in ihre Handtasche. Dann küsste sie Patrick auf den immer noch lächelnden Mund. „Ich denke drüber nach, versprochen. Bis heute Abend.“
oOo
„Na, Madame, wie war dein Wochenende?“, begrüßte Heidi sie, kaum dass Marlene ihren Fuß in die Wohnung gesetzt hatte. Sie steckte ihren Kopf aus der Badezimmertür heraus, Zahnbürste im Mund, und musterte Marlene vielsagend.
Marlene konnte kaum ihr Gelächter zurückhalten, so müde und vor allem gezeichnet sah ihre Freundin aus. Ihr Hals war über und über mit Knutschflecken bedeckt, einer hatte es sogar unter ihr Schlüsselbein geschafft. „Es war toll“, kicherte sie. „Muss ich noch fragen, wie deins war?“
Heidi misslang es gründlich nicht zu grinsen. „Ach, so lala.“
„Mmh, na klar.“ Marlene legte ihre Schuhe und Tasche ab und ging ins Schlafzimmer an den Kleiderschrank. „Das kannst du deiner prüden Cousine erzählen. Patrick hat mir verraten, dass du bei Ethan geblieben bist. Klingt nicht gerade nach so lala , wenn du mich fragst.“
Heidi spülte geräuschvoll ihren Mund aus. „Na und? Er brauchte Hilfe beim Aufräumen. Danach war es zu spät zum Heimfahren. Er hat ein schönes Haus und eine Million leere Gästezimmer, da habe ich nicht nein gesagt.“
Spöttisch hob Marlene beide Augenbrauen. „Auch am Sonntag?“
Aus dem Badezimmer drang ein tiefes Seufzen. Dann kam Heidi zu ihr getapst und sah sie ernst im Schrankspiegel an. „Okay, hör zu. Ich sage das nur einmal, weil mir das Thema langsam auf die Nerven geht: Ich will diese Geschichte nicht an die große Glocke hängen. Daraus wird nämlich nichts werden. Nichts Festes jedenfalls. Also sag Patrick bitte, dass er seine Nase da raushalten soll. Und du kannst auch aufhören mich damit aufzuziehen. Wenn ich verkuppelt werden will, sage ich es schon.“
Marlene sah Heidi einige Augenblicke lang suchend an, doch diese verzog keine Miene. Offenbar meinte sie es ernst. „Na gut, wie du meinst.“
„Es ist schlimm genug, dass die beiden über meinen Kopf hinweg entschieden haben, dass ich bei Ethan bleibe, bis Patricks Ex außer Landes ist“, fügte Heidi finster hinzu. „Ich schwöre, sobald ich das mit der Selbstverteidigung wieder drauf habe, lege ich sie beide übers Knie!“
Marlene lachte. „Verdient hätten sie es!“
„Und du bleibst bei Patrick?“
„Ja.“ Sie haderte mit sich, ob sie Heidi von der Skulptur erzählen sollte, entschied sich am Ende aber dafür. „Er braucht mich für seine Arbeit. Ihm läuft die Zeit bis zur Ausstellung weg.“
Heidis Mund öffnete sich vor Erstaunen. „Seine Arbeit ? Moment, stehst du ihm etwa Modell?“
„So was in der Art.“ Marlene lief rot an und zog willkürlich ein Kleid aus dem Schrank, hinter dem sie sich verstecken konnte.
„Oh mein Gott!“, krähte Heidi. „Du stehst ihm nackt Modell! Und er ist blind! Er muss dich anfassen , wenn er arbeiten will. Wow. Kein Wunder, dass er dich in seiner Nähe haben will! Welcher Mann würde nicht gerne stundenlang eine sexy Frau antatschen?“
„Können wir bitte das Thema wechseln?“, stöhnte Marlene. Ihr Gesicht fühlte sich wie eine überreife, heiße Tomate an, die jeden Moment explodieren konnte.
„Vergiss es. Zieh dich an, mach dich hübsch, und dann erzählst du mir alles darüber.“ Heidi zwinkerte. „Ich revanchiere mich auch.“
Marlene war es zwar überaus peinlich, aber nachdem sie es ins Auto geschafft hatten und zum Restaurant fuhren, tat es unglaublich gut, wie ein Paar gackernder Hühner über ihre Liebhaber zu plaudern.
„–und als er das wusste, hat er sich wie ein Vampir an meinem Hals festgesaugt“, schloss Heidi ihre Erzählung.
„Das hätte ich nie von Ethan gedacht“, sagte Marlene. „Er sieht immer so …“ Sie wedelte mit der Hand, weil ihr kein passendes Wort einfallen wollte.
„So langweilig aus?“, bot Heidi an.
„Beherrscht“, korrigierte Marlene mit einem entschuldigenden Lächeln. „Keine Frau mit Augen im Kopf würde ihn langweilig nennen.“
„ Du findest ihn langweilig.“
Marlene schnippste in Heidis sorgfältig hochgesteckte Locken. „Tu ich nicht. Ich hätte ihn nur nicht für den leidenschaftlichen Typ gehalten, das ist alles.“
„Was soll ich sagen? Stille Wasser sind tief. Sehr tief.“ Heidi zog seufzend das Tüchlein um
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