Blinde Verführung (German Edition)
jetzt der Alkohol?“, murmelte sie. „Meine Güte, der Laden ist das reinste Labyrinth.“ Sie reckte sich und las die Schilder über den schier endlos langen Regalen, doch das richtige wollte ihr nicht ins Auge fallen. Eine Frau in hochhackigen Schuhen kam heran, gerade als sie sich mit dem Rücken zu ihr drehte. „Hier bin ich wohl falsch. Mist.“
„Das sehe ich auch so, Marlenuschka “, sprach die Frau sie an. Ihre Stimme war dunkel und klang unverkennbar ausländisch. „Du bist falsch hier.“
Marlene wirbelte reflexartig herum und stieß einen würdelosen, nicht gerade leisen Schrei aus, als sie das wunderschöne, eiskalte Gesicht des Fotomodells erkannte, das einmal Patricks Freundin gewesen war. Ihr Rücken fühlte sich schlagartig an, als hätte jemand einen Kübel Eiswasser darüber ausgeleert. „E-Evelina?“, stotterte sie.
„Was für nette, wie sagt ihr, Begrüßung “, lächelte Evelina herablassend. „Ich nicht hätte erwartet von dir.“
Marlenes Augen suchten hektisch die Gänge ab, doch es war niemand in der Nähe. Verdammt! Wo zum Teufel waren ihre Wachhunde, wenn sie einmal gebraucht wurden? „Was willst du hier?“, fragte sie in Ermangelung einer besseren Erwiderung.
Evelina rollte mit ihren perfekt geschminkten Augen. „Sie fragt, was ich will. Süß.“ Sie kam einen Schritt näher. „Aber du weißt genau, hm?“
„Nicht so richtig“, brachte Marlene heraus und wich ein paar Schritte zurück, in Richtung des rettenden Mittelganges. Ist jetzt ein guter Zeitpunkt zum Schreien? , dachte sie ängstlich.
„Na, na, Marlenuschka , lügen ist schlecht.“ In aller Ruhe kam Evelina ihr hinterher. Als wäre sie auf einem Laufsteg setzte sie einen teuer beschuhten Fuß vor den anderen und ließ die Hüften wiegen. „Du weißt genau, ich will meinen Mann zurück.“
Noch einmal sah Marlene sich um, aber der ganze Supermarkt schien leer zu sein. Kein Mensch schien einkaufen zu sein. Beschäftige sie , dachte sie panisch. Noch vier Minuten, bis Ethan und Heidi dich suchen kommen. Das bekommst du hin! Schrei lieber erst, wenn es sein muss. Laut sagte sie: „Er ist nicht mehr dein Freund. Tut mir sehr leid, aber das hat er selbst gesagt.“
Evelina winkte das beiseite. „Natürlich ist er das. Patrick war immer mein Mann. Diese ganzen Weiber, ha! Die interessieren mich nicht.“ Ihr Blick wanderte über Marlenes erschöpfte, zerzauste Gestalt. „Warum auch? Sieh dich an. Du bist so gewöhnlich . Richtig schmutzig. Bist du durch Busch gekrochen? Siehst aus wie Strohpuppe.“
Vogelscheuche , korrigierte Marlene in Gedanken und verzog prompt das Gesicht, weil sie der anderen Frau erlaubte, ihr so nahe zu treten. „Nein, bin ich nicht.“ Trotzig hob sie das Kinn. „Ich war nur beim Sport.“
Evelina schüttelte ihre blonde, perfekt frisierte Mähne und betrachtete ihre langen Fingernägel. Das abfällige Lächeln wurde noch etwas breiter. „Sport ist nicht Entschuldigung für schlampiges Aussehen. Wird dir sowieso nicht helfen, dein Sport .“
„Ach nein?“, fragte Marlene. Allmählich wurde sie zornig. „Und warum nicht?“
Evelina schnaubte humorlos und setzte sich wieder in Bewegung. Sie trieb Marlene regelrecht vor sich her, in die Regalreihe mit den Konserven. „Weil du langweilig bist. Linkisch. Wie Holzpuppe an Schnur.“ Sie zeigte die Zähne, das H kam wie ein hartes Spucken aus ihrem Rachen. „Wäre besser Schnüre zu trennen. Erspart dir Leid.“
Marlene starrte sie aus weit aufgerissenen Augen an. „Wie bitte?“
„Evelinuschka!“, schallte eine Männerstimme durch den Supermarkt. „Wo steckst du?“
Marlene fuhr regelrecht zusammen.
„ Zaraza .“ Evelina schnalzte ärgerlich mit der Zunge. „Nicht jetzt, Gregorjuschka !“
Gregorjuschka? Das muss … oh, danke Gott! Dass muss Greg sein! Gregori ist hier! , dachte Marlene und fühlte eine so enorme Erleichterung durch sich rasen, dass beinahe ihre Knie nachgaben. Sie riskierte einen raschen Blick in beide Richtungen, konnte ihn jedoch nicht entdecken. Wo steckst du? Bitte komm schnell!
Evelina musste die Hoffnung über Marlenes Gesicht huschen gesehen haben, denn sie zog einen affektierten Schmollmund. „Oh, tut mir leid. Denkst du, er wird helfen? Wahrscheinlich will er dich auch erlösen von deiner Qual.“
„Was soll das heißen?“, fragte Marlene mit erstickter Stimme. „Welche Qual?“
„Komm, Kuchenmädchen, du weißt genau, was ich meine.“ Sie holte ein kleines, schmales Messer
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