Blinde Wahrheit
Stuhl.« So lang es eben sein muss.
»Es ist Sonntag, Miss Riddle. Wir haben heute nicht gerade Unmengen von Mitarbeitern hier.«
»Wollen Sie damit sagen, dass sich sonst niemand finden lässt, mit dem ich sprechen könnte?«
»Damit will ich Ihnen sagen, dass wir zu diesem Zeitpunkt nicht viel mehr machen können. Unsere Möglichkeiten sind begrenzt, wenn eine Frau behauptet, Schreie gehört zu haben, aber niemand etwas Ähnliches gemeldet hat, und auch unsere bisherigen Ermittlungen nichts Ungewöhnliches zutage gefördert haben.«
Puck legte das Kinn auf ihr Knie, und sie streichelte ihm über den Kopf. »Wie gesagt, ich warte gern hier, Deputy.«
Sie hörte das Klappern seiner Absätze auf dem Fußboden, dann blieb er stehen. »Miss Riddle, wir haben hier Arbeit zu erledigen. Wir haben keine Zeit, jedem Problemchen nachzuspüren, das sich jemand einbildet, und Stunden damit zu verschwenden zu ermitteln, nur weil eine Person darauf besteht, dass sie etwas Merkwürdiges gehört hat … «
»Genau dafür werden Sie aber bezahlt.«
Eine neue Stimme erklang. Ein tiefes, leises Grollen, das ihr äußerst vertraut vorkam. Es war jedoch so ziemlich die letzte Stimme, die zu hören sie erwartet hätte. Lena kniff die Augen zusammen und wandte den Kopf in die Richtung, aus der die Stimme kam. »Ezra King.«
»Hallo, Lena.«
Tu nicht so scheinheilig , konnte sie sich gerade noch verkneifen. Schließlich musste er nicht unbedingt wissen, dass sie auf seinen Anruf gewartet hatte … der ihr von ihm versprochen worden war.
Wichser!
»Alles in Ordnung, Lena?«
»Oh, alles ganz wunderbar«, flötete sie und widerstand dem Drang, die Arme zu verschränken. Schon allein beim Klang seiner tiefen, erotischen Stimme passierten schlimme Dinge mit ihrem Körper – ihre Nippel richteten sich auf, sie spürte ein Kribbeln im Bauch und ihr Herz fing wie wild an zu schlagen.
So eine sexy Stimme – jede Frau hätte bei passender Gelegenheit gern sein Raunen im Ohr gehabt. Ach, verdammt, bei so einer Stimme war jede Gelegenheit passend.
Zum Beispiel ein Anruf.
Ein Anruf wäre nett gewesen.
Aber er hatte sich ja nicht gemeldet …
Konzentrier dich! , ermahnte sie sich selbst, als Prather erneut das Wort ergriff. »Mr King, das hier hat nichts mit Ihnen zu tun, wenn Sie also so freundlich wären, einfach dort auf mich zu warten, wo … «
»Nein, so freundlich bin ich nicht. Und ich habe Sie bereits darauf hingewiesen, Deputy Prather, es heißt nicht Mr King, sondern Detective King. Detective. Verstanden? Wie mir scheint, fällt es Ihnen aus irgendeinem Grund schwer, echte Polizeiarbeit zu leisten, aber auch ich muss es noch einmal betonen, Problemen nachzuspüren ist genau das, was wir Bullen machen.«
Detective? Wir? Du bist ein Bulle? Sie hob die Augenbrauen und fiel Prather ins Wort. »Entschuldige, Ezra, arbeitest du hier?«
Bitte, bitte, bitte sag ja , dachte sie. Wen kümmerte es schon, dass er sich nicht bei ihr gemeldet hatte. Sollte er hier arbeiten, würde sie sofort darüber hinwegsehen können, denn eines war schon jetzt klar: Er würde mit Sicherheit mehr unternehmen als Prather.
Verflucht, sogar die Dame am Empfangstresen war hilfsbereiter gewesen als der Deputy.
Jemand näherte sich. Die Schritte klangen ungleichmäßig, als würde die Person einen Fuß mehr belasten als den anderen. Das hatte sie bei Ezra bereits früher schon bemerkt, aber dieses Mal fiel es besonders auf … So kam es ihr zumindest vor.
»Tut mir leid, Lena. Ich bin bei der State Police und momentan beurlaubt. Ob allerdings der Deputy hier arbeitet, wage ich auch zu bezweifeln. Ich glaube, er tut nur so.«
Ach, verdammt! Doch die Enttäuschung war schnell vergessen, als überraschend eine Reihe anderer Emotionen in ihr hochkamen.
Mittlerweile stand er direkt neben ihr. So dicht, dass sie ihn hätte berühren können … Und so dicht, dass sie auch einige andere Dinge wie sein leises, gleichmäßiges Atmen oder seinen Geruch wahrnahm. Verdammt noch mal, er roch so gut. Sie hatte es noch von den beiden anderen Malen, als sie ihm so nahe gewesen war, in Erinnerung.
Der Klang seiner Stimme, der erdige, männliche Duft, seine Wärme, das alles zusammen ließ ihr Herz schneller schlagen, und sie musste sich zwingen, ruhig zu bleiben. Er hatte ihr klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass sein Interesse an ihr nicht ausreichte, um sie anzurufen. Also würde sie sich nun auch nicht die Blöße geben, ihm zu zeigen, wie …
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