Blinde Wahrheit
interessiert sie noch immer an ihm war.
Aber dieses Gefühl der Erregung ließ sich nicht einfach so ignorieren, und für einen kurzen Augenblick konnte sie nur noch an ihn denken.
Ihr Herz schien einen Moment lang auszusetzen, ihr Atem ging stoßweise und Wärme durchflutete jede Zelle ihres Körpers.
Entspann dich , rief sie sich selbst wieder zur Ordnung und versuchte, ihren Trieb zu kontrollieren.
Doch besagter Trieb war nicht zu bändigen. Viel zu lange hatte sie ihn nicht beachtet. Aber Lena war keine Frau, die einfach so die Zügel aus der Hand gab und sich von ihrer Lust beherrschen ließ. Während sie innerlich gegen ihr Verlangen ankämpfte, zeigte sie äußerlich nur ein Lächeln.
»Ich muss zugeben, dass ich geneigt bin, dir zuzustimmen, was den Deputy und sein mangelndes Interesse an der Arbeit betrifft.«
»Nicht wahr?« Da war sie wieder, diese erotische, samtige Stimme, die all ihre Sinne ansprach. »Da er anscheinend keine Lust hat, seinen Job zu erledigen, sollte er wohl jemand anderen zu uns schicken.«
»Hören Sie, King … «, polterte nun Prather los.
»Nun gehen Sie schon, Deputy. Oder ich finde selbst einen Kollegen.« Ezras Tonfall duldete keinen Widerspruch.
Prather gab schließlich nach und stiefelte davon, wobei er Dinge vor sich hin murmelte, die mit Sicherheit nicht besonders nett waren. Aber Lena blendete dies einfach aus. Sie unterhielt sich ohnehin viel lieber mit Ezra als mit Prather – auch wenn sie immer noch beleidigt war, weil er nicht angerufen hatte.
»Geht’s dir gut?«, fragte er, als Prathers schwere Schritte verklungen waren.
»Nein, nicht so richtig. Ich bin stinksauer«, gab sie zurück. »Dieser Idiot hat doch tatsächlich die Frechheit besessen, mir nahezulegen, dass ich mir für die einsamen Nächte besser eine Pflegekraft besorgen sollte.«
Für einen quälend langen Moment sagte Ezra kein Wort. Dann fragte er: »Was hat er dir nahegelegt?«
»Du hast mich schon richtig verstanden.«
»Aber warum?«
Die Fassungslosigkeit in seiner Stimme dämpfte ihren Zorn ein wenig, war Balsam für ihre Wunden. Dann hatte er eben kein Interesse an ihr, na und? Aber wenigstens sah er sie nicht als schwächlichen, hilflosen Pflegefall. Sie zwang sich zu einem Lächeln und zuckte mit den Schultern. »Weiß ich nicht. Anscheinend steht Blindheit für ihn auf einer Stufe mit Alzheimer. So ein Idiot.«
»Idiot ist noch untertrieben«, erwiderte Ezra. Er schwieg einen Moment lang, dann fügte er leise hinzu: »Ich muss zugeben, ich habe nicht damit gerechnet, dich heute an diesem Ort zu treffen – du bist ungefähr die Letzte, die ich hier erwartet hätte.«
»Ach ja?«
»Ja.« Ezra beherrschte sich, nicht verlegen von einem Fuß auf den anderen zu treten, schließlich war er ja kein Highschooljunge mehr, den seine Freundin mit einem anderen Mädchen erwischt hatte. Es ging lediglich um einen Anruf, und er war keine längerfristige Verpflichtung eingegangen …
Trotzdem handelte es sich dabei um einen Anruf, den er wirklich hatte machen wollen.
»Tut mir leid, dass ich mich nie bei dir gemeldet habe«, platzte es aus ihm heraus, und er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss.
Er hätte nie gedacht, dass er so etwas sagen würde.
Lena reagierte mit einem Lachen. Es war ein leises, amüsiertes Glucksen, das ihn noch mehr erröten ließ. Er fühlte sich plötzlich wirklich wie ein dummer Highschooljunge, der beim Rumknutschen erwischt worden war.
»Ich glaub dir kein Wort«, entgegnete Lena kopfschüttelnd. »Pass auf, das ist doch keine große Sache. Es ging bloß um einen Anruf. Und du hast es dir eben anders überlegt. Wir werden’s schon überleben.«
»Ich habe meine Meinung aber gar nicht geändert.« Fluchend fuhr er sich mit der Hand durchs Haar und fing an, durch den Raum zu tigern. Die steifen Muskeln in seinem Bein machten ihm zu schaffen, aber er ignorierte es einfach. Es gab nur wenige Sitzgelegenheiten, und die standen alle viel zu nah bei Lena. »Ich wollte dich wirklich anrufen. Herrgott, ich habe sogar noch den Zettel mit deiner Nummer neben dem Telefon liegen, auch wenn ich ihn gar nicht mehr brauche – ich kann die Nummer mittlerweile nämlich auswendig. Ich hatte sie mir eingeprägt, noch bevor ich auf dem Nachhauseweg in meine Einfahrt eingebogen bin. Aber … «
»Aber was?«
Er stieß einen frustrierten Seufzer aus und drehte sich zu ihr. Himmel, ihr Anblick brachte ihn immer noch aus der Fassung. Keine andere Frau hatte je dieses
Weitere Kostenlose Bücher