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Blinde Weide, Schlafende Frau

Titel: Blinde Weide, Schlafende Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Dein Beruf hat etwas mit Bauen und Architektur zu tun«, sagte er.
    »Nein«, erwiderte sie. »Ich fühle mich nur sehr zu praktischen Themen hingezogen.«
    Dennoch las sie die beiden Erzählbände, die Junpei veröffentlicht hatte. »Sie sind wunderbar«, sagte sie. »Viel interessanter, als ich es mir vorgestellt hatte. Ehrlich gesagt, ein wenig habe ich befürchtet, dass mir deine Bücher nicht gefallen würden. Was hätte ich dann sagen sollen? Aber meine Sorge war unbegründet. Sie zu lesen hat mir richtig Freude gemacht.«
    »Das freut mich sehr«, sagte Junpei erleichtert, denn er hatte sich natürlich die gleichen Sorgen gemacht, als sie ihn um seine Bücher bat.
    »Ich sage das nicht bloß so«, sagte Kirie. »Ich finde, du hast etwas Besonderes. Das gewisse Etwas, das man braucht, um ein hervorragender Schriftsteller zu werden. Deine Geschichten strahlen Ruhe aus, aber viele sind sehr lebhaft, und dein Stil ist schön – vor allem aber schreibst du ausgewogen . Das ist für mich das Wichtigste, in der Musik wie in der Literatur oder der Malerei. Wenn ein Werk nicht ausgewogen ist – also schlecht oder unausgereift –, dann wird mir übel. Als würde ich seekrank. Darum gehe ich wahrscheinlich so selten in Konzerte und lese kaum Romane.«
    »Weil du nichts Unausgewogenem begegnen willst?«
    »Genau.«
    »Und um dieses Risiko zu vermeiden, liest du keine Romane und gehst nicht in Konzerte?«
    »Ja.«
    »Das kommt mir ziemlich extrem vor.«
    »Ich bin Waage. Ich kann Unausgewogenheit nicht ertragen. Nicht ertragen ist vielleicht …« Sie sprach nicht weiter, weil ihr das richtig Wort fehlte. Stattdessen seufzte sie. »Im Übrigen habe ich den Eindruck, dass du irgendwann große Romane schreiben wirst. Das wird dich als Schriftsteller bedeutender machen. Es kann noch eine Weile dauern, aber das ist mein Gefühl.«
    »Nein, ich bin eher ein Kurzgeschichtenschreiber. Romane liegen mir nicht.«
    »Trotzdem«, sagte sie.
    Junpei sagte nichts mehr dazu und lauschte schweigend dem Summen der Klimaanlage. Tatsächlich hatte er mehrmals Anlauf genommen, einen Roman zu schreiben, aber immer mittendrin aufgegeben. Er konnte die nötige Konzentration einfach nicht über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten. Am Anfang hatte er immer das Gefühl, etwas Wunderbares schreiben zu können. Sein Stil war lebendig und die Zukunft vielversprechend. Die Geschichte floss ihm fast wie von selbst aus der Feder. Doch je weiter er kam, desto mehr verlor sie an Leben und Glanz, erst unmerklich, dann immer deutlicher. Der Schwung ging ihr aus, bis sie schließlich – wie eine Lokomotive, die allmählich an Fahrt verliert und zum Halt kommt – ganz versiegte.
    Sie lagen im Bett. Es war Herbst. Nach langem, liebevollem Sex lag Kirie nackt in Junpeis Arm, eine Schulter an ihn gedrückt. Auf dem Nachttisch standen zwei Gläser Weißwein.
    »Du, Junpei?«
    »Hm?«
    »Es gibt eine andere Frau, die du liebst, stimmt’s? Und die du nicht vergessen kannst.«
    »Ja«, gab Junpei zu. »Das spürst du?«
    »Natürlich«, sagte sie. »Frauen haben einen Sinn für solche Dinge.«
    »Doch bestimmt nicht alle.«
    » Alle habe ich auch nicht gemeint.«
    »Das dachte ich mir«, sagte Junpei.
    »Aber du kannst nicht mir ihr zusammensein?«
    »Es gibt da Probleme.«
    »Die sich nicht lösen lassen?«
    »Nein.« Junpei schüttelte entschieden den Kopf.
    »Dann müssen sie ja ziemlich schwerwiegend sein.«
    »Ich weiß nicht, wie schwerwiegend, aber sie sind da.«
    Kirie trank ein wenig Wein. »Für mich gibt es so jemanden nicht«, sagte sie fast wie zu sich selbst. »Ich mag dich sehr, Junpei. Ich fühle mich sehr zu dir hingezogen. Wenn wir zusammen sind, bin ich glücklich und entspannt. Das heißt aber nicht, dass ich auf Dauer mit dir zusammen sein möchte. Erleichtert dich das?«
    Junpei fuhr mit den Fingern durch ihr Haar. Statt zu antworten, stellte er ihr eine Frage. »Warum denn nicht?«
    »Warum ich nicht auf Dauer mit dir zusammen sein möchte?«
    »Ja.«
    »Stört dich das?«
    »Ein bisschen«, sagte er.
    »Ich kann mit niemandem eine ernsthafte Alltagsbeziehung führen. Mit dir hat das nichts zu tun«, sagte sie. »Im Augenblick will ich mich völlig auf das konzentrieren, was ich tue. Und das könnte ich nicht, wenn ich mit jemandem zusammenleben würde – dann wäre ich emotional zu sehr engagiert. Darum möchte ich alles so lassen, wie es ist.«
    Junpei dachte darüber kurz nach. »Damit du nicht abgelenkt

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