Blinde Zeugen: Thriller
Krankenwagen! … NA LOS, MACH SCHON, RUF EINEN KRANKENWAGEN! «
Und dann war die Leitung tot.
»Sind Sie taub oder was?«
Logan blickte von seinem Bericht auf. Der dicke Gary stand in der Tür, in der einen Hand einen Becher Tee, in der anderen eine Packung Vanillewaffeln.
Das CID-Büro war verlassen – Logan und eine kränkelnde Topfpflanze waren die einzigen lebenden Wesen.
»Das Krankenhaus hat angerufen.« Der hünenhafte Sergeant zog die Nase hoch und zerrte an dem Gürtel, der sich um seine Leibesmitte spannte. »Sie haben ihnen den Magen ausgepumpt, aber es steht auf der Kippe. Abflussreiniger – Mensch, da muss man schon ganz schön verzweifelt sein, was?«
Logan wollte gar nicht darüber nachdenken. »Gibt’s schon was Neues wegen Colin McLeod?«
»Ich weiß nur, dass die Staatsanwältin und der Sheriff sich mit Finnie und dem ACC getroffen haben. Ist ziemlich viel gebrüllt und geflucht worden da drin. Und Ihr Name ist anscheinend öfters gefallen.«
»Sehr witzig.«
»Dacht’ ich mir.« Der dicke Gary grinste so breit, dass er seiner Sammlung noch zwei weitere Kinne hinzufügte. »Übrigens, Sie haben einen Anruf auf Leitung zwei. Irgend so ’ne polnische Tussi, hängt schon fünf Minuten in der Warteschleife, weil Sie einfach nicht rangehen.«
Logan fluchte und zerrte sein Festnetztelefon unter einem Berg von Durchsuchungsberichten hervor. Tatsächlich, das kleine rote Licht blinkte. Er griff nach dem Hörer.
»Eins noch«, sagte Gary, »bleibt’s bei dem Essen heute Abend? Wenn ja, stülpen Sie sich doch bitte ’ne Papiertüte über den Kopf, ja? Bei den ganzen blauen Flecken und Schorfkrusten vergeht mir sonst der Appetit.«
Für so einen kräftigen Mann war er ganz schön behände – blitzschnell brachte er sich hinter der Tür in Sicherheit, als Logan ihm den Tacker hinterherwarf. Das Ding knallte gegen die Wand und fiel auf den Boden.
Logan drückte die Taste an seinem Telefon. »DS McRae, was kann ich für Sie –«
» Logan? Hier ist Polizeihauptmeisterin Jaroszewicz. Aus Po len. «
»Wiktorja?« Allein beim Klang ihrer Stimme brach Logan der kalte Schweiß aus. »Was –«
» Können wir reden? «
»Augenblick, ich mache nur schnell die Bürotür –«
» Nein, nicht am Telefon, ich muss persönlich mit dir sprechen. Es ist wichtig. «
»Was?« Seine Eingeweide krampften sich zusammen. O Gott, er wollte nicht wieder nach Polen. Er wollte wirklich, wirklich nicht wieder nach Polen. »Aber ich kann nicht –«
» Ich bin am Flughafen von Aberdeen. Ich könnte mir ein Taxi nehmen und zu dir ins Präsidium kommen? «
»Nein!« Obwohl er wusste, dass er allein war, ließ Logan den Blick durch das leere CID-Büro schweifen. »Komm nicht hierher. Ich gebe dir eine Adresse …«
Das Taxi hielt vor DI Steels Haus. Die hintere Tür ging auf, und eine wohlbekannte Gestalt kletterte hinaus in die heiße Julisonne. Wiktorja. Ihr Gesicht war mit gelblich-grünen Flecken gesprenkelt, auf ihrer Stirn klebte eine Bahn weißer Verbandmull, und darunter waren jede Menge braun verkrustete Kratzer zu sehen. Sie kämpfte einhändig mit einer Travel-Value-Tragetasche – den anderen Arm trug sie in einer Schlinge –, bis Logan den Gartenweg hinuntertrabte und den Fahrer bezahlte.
Er wuchtete ihren ramponierten braunen Lederkoffer aus dem Kofferraum, und dann standen sie schweigend da, während das Taxi vom Bordstein wegfuhr. Logan hustete. Sie starrte ihre Füße an. DI Steels flauschige graue Katze strich am Gartenzaun entlang.
»Was macht der Arm?«
Wiktorja verzog das Gesicht. »Mein blöder Arzt sagt, ich bin noch nicht wieder fit für den Dienst, und mein blöder Sergeant findet das auch.« Sie lächelte, doch ihre Augen waren tot, die Munterkeit in ihrer Stimme gekünstelt. »Also habe ich beschlossen, Urlaub zu machen. Ich wollte immer schon mal Aberdeen sehen …«
»Für eine Polizistin bist du eine verdammt schlechte Lügnerin.«
Diesmal wirkte ihr Lächeln schon echter. »Meinst du?«
Sie räumten ein paar Sachen in Steels Gefrierfach zur Seite, um Platz für die Flasche Wodka zu schaffen, die Wiktorja aus Polen mitgebracht hatte, und setzten sich dann im Garten in die Sonne. Wiktorja fröstelte ein wenig, während Logan sich eine Zigarette anzuzünden versuchte. Das Ding wollte einfach nicht stillhalten und wich der Flamme immer wieder aus.
Wiktorja trank einen kleinen Schluck Instantkaffee. »Ich wusste gar nicht, dass du rauchst.«
»Tu ich auch nicht. Ich
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