Blinde Zeugen: Thriller
blätterte einen Stapel Anzeigen durch, wobei sie sich mit rotem Kugelschreiber vollkommen unleserliche Notizen machte.
Logan warf die DNS-Akte, die Samantha ihm gegeben hatte, auf Steels Schreibtisch. »Wir haben einen DNS-Treffer.«
»Hä?« Sie blickte von ihren Papieren auf. »Oh … und wer ist es?«
Er blätterte die Akte durch, bis er zur Zusammenfassung der Ergebnisse am Schluss kam. »Ein gewisser Derek Allan.«
»Ach du Scheiße, das hat mir gerade noch gefehlt.« Sie kramte in ihrer Hosentasche und förderte eine Fünfzig-Pence-Münze zutage. »Da, steck das in die Fluchkasse. Unterste Schreibtischschublade.«
Logan warf das Geldstück in die Quality-Street-Dose. »Hattest du nicht gesagt, dass du diese ganze Sache mit dem ›neuen Ich‹ aufgeben wolltest?«
»Ja, na ja …« Sie zog die Nase hoch und vertiefte sich wieder in ihre Berichte. »Hast du noch mal nachgedacht über … diese Sache, über die wir neulich geredet haben?«
»Ach, das – meinst du nicht, dass du mit Rennie besser bedient wärst?«
»Rennie? Nicht gerade erstklassiges genetisches Material, oder?«
»Ich meine ja nur – es wäre doch …« Entsetzlich war das erste Wort, das ihm in den Sinn kam. »Es wäre doch irgendwie schwierig – wir arbeiten schließlich zusammen, und wenn du dann auf einmal … die Mutter meines Kindes wärst …?«
» Susan wäre die Mutter.«
»Und was wärst du dann – der Vater?«
»Die … woher soll ich denn das wissen? Ich bitte dich doch lediglich um einen kleinen Becher voll Sperma. So viel hast du wahrscheinlich vorhin im Lagerraum schon vergeudet –«
Logans Handy klingelte, und er ergriff den Rettungsanker. »McRae?« Er hörte eine Minute lang schweigend zu, und ein Lächeln breitete sich langsam auf seinen Zügen aus. Dann dankte er dem Mann am anderen Ende und beendete das Gespräch. »Das war Bill vom Fingerabdruckdienst. Wir haben einen Treffer für den Molotowcocktail. Kevin Murray – er wurde letzten Freitag Opfer einer Messerattacke. Vier Kapuzentypen haben ihm fast die Nase abgeschnitten.«
Steel schnappte ihre Jacke von der Stuhllehne. »Okay, hol einen Wagen – wollen doch mal sehen, was er zu seiner Verteidigung vorzubringen hat.«
Logan trat einen Schritt zurück. »O nein, kommt nicht in Frage – ich hab seit zweieinhalb Stunden Feierabend. Ich gehe jetzt nach Hause.«
»Ach, sei doch nicht so ein Weichei. Verkrümele ich mich etwa, sobald es nach Arbeit riecht, hm?«
»Du hast doch den ganzen Tag nur deinen Rausch ausgeschlafen! Ich habe heute immerhin das eine oder andere erledigt !«
Sie musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen, und Logan konnte beinahe hören, wie die kleinen Rädchen in ihrem durchtriebenen Hirn arbeiteten. »Wäre doch zu schade«, sagte sie schließlich, »wenn irgendjemand dahinterkommen würde, dass du und unsere nette Goth-Tussi von nebenan es im Labor der Kriminaltechnik getrieben habt wie zwei geile Teenager.«
»Damit erreichst du gar nichts.«
»Die ganzen Beweismittel ruiniert, nur weil ihr eure niederen Triebe nicht im Griff habt …«
»So gemein bist nicht mal du. Und es war alles fein säuberlich in Beweismittelbeuteln verpackt, danke der Nachfrage.«
Steel trommelte mit den Fingern auf dem Schreibtisch. »Ich unterschreibe auch für deine Überstunden, okay?«
»Ich bleibe dabei – wir hätten uns einen Haftbefehl besorgen sollen.« Logan blickte zu der kleinen Doppelhaushälfte auf und schloss den Wagen ab.
»Wääh-wääh, ich will einen Haftbefehl, ich will Verstärkung, meine Schicht ist um – ich will heim, buuh-huuh.« Steel steckte sich eine Zigarette an und blies eine kleine Rauchwolke in den Abendhimmel. »Wenn wir erst ewig auf einen Haftbefehl gewartet hätten, wären wir um Mitternacht noch hier.« Sie marschierte auf die Haustür zu. »Na, komm schon; ich will dich ja nicht unnötig lange von deiner rothaarigen Samendiebin fernhalten.«
»Würdest du bitte damit aufhören?«
»Ist ja nicht so, als ob du das Zeug für irgendwas brauchen würdest, oder?«
Logan lehnte sich gegen die Türklingel. »Das ist sexuelle Belästigung.«
Drrrrrrrrrrrinnnngggg …
Von drinnen kam eine gedämpfte Stimme: »Sekunde, ich komm ja schon.« Gleich darauf ging die Tür auf, und sie erblickten eine kleine Frau mittleren Alters mit breitem Gesicht und unvorteilhafter Frisur. Aber ihr Lächeln war allerliebst. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
DI Steel nickte. »Können Sie – ist Kevin Murray
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