Blinde Zeugen: Thriller
jedes Kind. Also, wie wär’s, wenn wir die ganze Geschichte einfach vergessen, und Sie kriegen von mir zwei … nein, drei Riesen. Hm?«
Diesmal boxte Steel ihn nicht nur in den Arm, sondern stieß ihn heftig gegen die Wand. »Ich will mal so tun, als hätte ich das nicht gehört, Kevin. Denn nicht mal du kannst so saublöd sein und ernsthaft glauben, du könntest mich kaufen – für drei« – sie knallte ihn gegen die Wand – »lächerliche« – und noch einmal – »Riesen!«
»Ich mein’ ja nur.«
»Ich bin nicht käuflich, du widerliche kleine Ratte!«
Die Tür des Vernehmungsraums ging auf, und DS Pirie zerrte einen Mann in Handschellen auf den Gang hinaus. Kurze Stachelfrisur, Dreitagebärtchen, gepiercte Augenbraue, das eine Ohr mit Verbandmull bedeckt, ein dunkelroter Fleck auf der Schulter seines weißen T-Shirts, breiter Manchester-Akzent. »Finger weg, ey! Ihr Scheißhaggisfresser seid doch allesamt gleich …«
Der Mann verstummte und starrte Kevin Murray an. »Du! Du dreckiges Arschloch !«
Kevin wich panisch zurück. »Nee-nee-nee-nee-nee …«
Der Typ im T-Shirt wollte sich auf ihn stürzen, doch Pirie hielt ihn zurück.
»Du hast gesungen, stimmt’s? Du hast uns verpfiffen.«
»Ich hab kein Wort gesagt, ich schwör’s! Es –«
Der linke Fuß des T-Shirt-Typen schnellte vor – wahrscheinlich hatte er Kevins Weichteile im Visier, aber der Turnschuh knallte stattdessen gegen seinen Oberschenkel. »Du bist ’n toter Mann, hast du mich verstanden? ’n toter Mann, ey. Du und deine ganze Scheißfamilie! Du –«
DS Pirie drehte ihn herum und versetzte ihm einen Stoß, sodass er der Länge nach hinfiel. Und dummerweise mit dem Kopf auf den grünen Terrazzoboden knallte.
»Aaaaah … du mieses Dreckschwein …« Und im nächsten Moment saß Pirie auf ihm und drückte ihm das Knie ins Kreuz. »Lass mich los!«
»Schnauze, und stillgehalten, du hässliches kleines Stück Scheiße!« Pirie sah grinsend zu Logan und Steel auf. »Den hier haben wir dabei erwischt, wie er einen Türsteher in der Bon Accord Street windelweich geprügelt hat. Hat ihm nicht gepasst, dass sie ihn rausgeschmissen haben.« Er drückte noch fester zu, und der Typ stieß einen gellenden Protestschrei aus. »Hat versucht, einer Clique von besoffenen Mädels Heroin anzudrehen. Stimmt’s?«
Logan konnte die Antwort des T-Shirt-Typen nicht verstehen, aber sie klang ziemlich ordinär.
Die Vernehmung von Kevin Murray war ein ziemlicher Schlag ins Wasser. Nach der Begegnung mit dem Schläger aus Manchester war er gerade noch bereit, seinen Namen und seine Adresse für das Tonband zu bestätigen. Danach war es so gut wie unmöglich, noch irgendetwas aus ihm herauszubekommen.
DI Steel versuchte es eine geschlagene Stunde lang, ehe sie aufgab und Logan aufforderte, ihr Kevin aus den Augen zu schaffen.
Unten in Zelle 6 humpelte Kevin Murray neben der Pritsche auf und ab, die nur aus einem schmalen Betonsims an der Wand mit einer dünnen Matratze bestand.
»Sie müssen’s ihm sagen«, flehte er, als Logan die Handschellen einsteckte. »Ich hab sie nicht verpfiffen, okay? Sagen Sie ihm das?«
»Ich weiß nicht, ob das irgendetwas bringt. Würden Sie mir glauben, wenn Sie an seiner Stelle wären?«
Kevin brach auf der Matratze zusammen und vergrub den Kopf in den Händen. »Die werden meine Kinder umbringen …«
Logan setzte sich neben ihn. »Sagen Sie mir, wer sie sind, dann kann ich Ihnen vielleicht helfen, okay?«
Der dünne Mann drehte sich mit dem Gesicht zur Wand und zog die Knie bis zur Brust hoch. »Ich bin keine Petze.«
Es klopfte an der Tür, und Kevin zuckte zusammen. »Das sind sie!«
»Seien Sie nicht albern. Sie sind hier in einem Polizeirevier!«
Kevin wich von der Tür zurück. »Ich weiß doch, wie das läuft! Sie stecken da mit drin – ihr steckt alle unter einer Decke!«
Die Tür ging auf, und im Schein einer Neonröhre zeichnete sich DCI Finnies Silhouette ab. Er rieb sich die Hände und nickte Kevin zu. »Wollte mich nur mal überzeugen, dass mit Ihrem Zimmer alles in Ordnung ist, Mr. Murray. Ist das Bett bequem? Genießen Sie die Aussicht?« Es gab gar keine – das einzige Fenster der Zelle bestand aus drei Reihen Milchglassteinen, knapp zwei Meter über dem Boden. »Wünschen Sie eine Tageszeitung oder vielleicht den Weckdienst?«
Kevin setzte sich auf der dünnen blauen Matratze auf. »Ich hab die Typen nicht verpfiffen.«
Finnie trat in die Zelle. »Ich kann das hier
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