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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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materiellen.«
    »Deshalb haben wir ja auch keine Geschirrspül-maschine.« Nachdem sie die praktischen Herausforderungen des geistigen Alltags so schön auf den Punkt gebracht hatte, leckte sie ein wenig von dem Vanillepudding ab, der aus dem Eclair floß.
    »Hat sie dir von Old Sarum erzählt?«
    Sie schaute von links nach rechts, als wolle sie nachsehen, woher diese drollige Frage kam. »Was gibt's da groß zu erzählen? Es ist ein alter Ausgrabungsort, oder?« Sie ging mit sich zu Rate, ob sie sonst noch etwas über Sarum wußte, merkte, daß dem nicht so war, und beendete den Satz mit: »Stammt jedenfalls aus Urzeiten.« Mit der Zungenspitze fing sie noch einen Puddingtropfen auf. »Es ist eine berühmte historische Stätte. Das müssen Sie doch wissen, es gehört doch Ihnen.« Nachdem sie Old Sarum in Jurys persönlichen Besitz überantwortet hatte, glitt sie nach unten und gab Sunny einen Bissen Eclair.
    Jury klopfte mit den Fingern rhythmisch auf den Rand seiner Tasse, entschied sich dagegen, damit zu werfen, und wartete, daß Marys Kopf wieder auftauchte. Dann fragte er: »Hatte Sarum für deine Schwester eine besondere Bedeutung? Eine besondere, darüber mache ich mir Gedanken.«
    »Eigentlich nicht, aber schauen Sie: Wenn Sie Felsen und Ruinen liebten wie Angie, wollten Sie es dann nicht sehen? Und Stonehenge? Das ist doch auch dort. In der Nähe.« Sie bedachte ihn mit einem Blick, als bedürften seine England-Kenntnisse einer Auffrischung.
    »Ja, dann würde ich es auch gern sehen.«
    Sie zuckte mit den Schultern, trank ihren Kaffee und fuhr fort: »Sie war noch nie in England gewesen, und sie fand es toll, daß sie sich den ganzen Kram da anschauen konnte.«
    Schweigend tranken sie ihren Kaffee. Dann sagte sie: »Die Menschen verursachen ihren Tod selbst.«
    »Wie bitte?« fragte er verblüfft.
    »Wenn Sie ein Zuni wären, würden Sie es begreifen.«
    »Ein Zuni?«
    »Das ist ein Indianerstamm. Rosella ist Zuni.« Sie dachte nach. »Mehrere Male im Jahr muß sie zurück ins Zuni-Pueblo.«
    »Oh. Und warum?«
    »Die Frauen dürfen sich nicht so weit vom Pueblo wegbewegen. Zuni-Frauen verlassen es auch selten, weil sie mit ihrem Silber- und Türkiskram soviel Geld verdienen. Aber hauptsächlich, weil man von den Zuni-Frauen erwartet, daß sie gute Ehefrauen sind. Sie müssen Festmahle für die Kachinatänzer kochen und sie bei den Tänzen bewundern. Selbst wenn eine Frau gestorben ist, muß sie nach Kachina Village und immer wieder die gleichen Dinge tun. Eine Schweinerei, meinen Sie nicht auch?« Sie wartete die Antwort nicht ab. »Die Zuni glauben, man kann seinen eigenen Tod verursachen.«
    »Meinst du zum Beispiel, indem man Selbstmord begeht?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein, überhaupt nicht. Man kann seinen eigenen Tod beabsichtigen und es nicht einmal wissen, man kann ihn wollen. Wie -« Sie suchte nach Worten, um sich auszudrücken. »Man kann zum Beispiel meinen, man hätte einen Unfall gehabt, dabei hat man ihn selbst verursacht. Man kann auch seinen Tod herbeiführen, wenn man zu lange um jemanden trauert, also, wenn man die ganze Zeit traurig ist.« Nun hielt sie inne, musterte ihre schwarze Kleidung, schwieg und richtete den Blick auf einen weit entfernten Horizont da draußen in der Cappuccinomenge, in dem Raum voller Espressotrinker. »Also, an gebrochenem Herzen«, fügte sie hinzu.
    Vor Staunen wußte er nicht, was er sagen sollte. Er nahm die Fotos aus der Tasche und legte sie Mary hin. »Kommt dir eine von den Frauen bekannt vor? Ich glaube, daß sie im letzten November im Laden deiner Schwester gewesen sind. Zumindest diese hier.« Er tippte mit dem Finger auf das Bild von Fanny Hamilton.
    Sie nahm sie nacheinander zur Hand, studierte sie eingehend und legte sie wieder hin. »Warum meinen Sie das?«
    »Weil Mrs. Hamilton - so heißt die hier - eine Türkisskulptur mit nach Hause gebracht hat. Einen Türkis mit einem silbernen Band um die Mitte. Und man kann sofort erkennen, daß Angela sie gemacht hat.«
    »Weil Rosella es ihr beigebracht hat, deshalb war Angie so gut. Solche Arbeiten machen die Frauen im Pueblo.«
    »Ich habe mehrere davon in Angelas Laden gesehen.«
    »Müssen Sie keinen Durchsuchungsbefehl haben, wenn Sie in fremde Häuser gehen?«
    »Ich habe einen. Willst du ihn sehen?«
    »Vergessen Sie's.«
    »Eines von den Dingen, die ich gesucht, aber nicht gefunden habe, ist eine Adressenliste oder ein Rechnungsbuch mit Adressen von Kunden.«
    »Es gibt einen

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