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Blinder Eifer

Blinder Eifer

Titel: Blinder Eifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Macalvie. »Was hatte sie denn?«
    Wieder nahm Annie Landis ihre Tasse und stellte sie, ohne zu trinken, zurück. »Ich war an Nells Herzgeschichten schon gewöhnt. Ich glaube, es heißt Herzkammerflimmern. Sie nahm ein Medikament dagegen, schon seit Jahren. Manchmal hat sie es vergessen oder weigerte sich hartnäckig, sich ein neues Rezept zu besorgen. Sie konnte sehr stur sein. >Ich bin doch kerngesund, wozu brauch ich das Zeugs?< Dann habe ich ihr immer gesagt, daß genau dieses >Zeugs< der Grund dafür war, daß sie >kerngesund< war. Und wenn sie es nicht nähme, würde sie krank. Aber ihr ging's gut, solange sie es dabeihatte. Und sie hatte es ja dabei.« Annie Landis schaute Macalvie freundlich an »Oder? Das Fläschchen war in ihrer Handtasche.«
    Jury lächelte. »Sie passen gut auf, Mrs. Landis.«
    »Ja, wir alle eigentlich im Verein. Hat vielleicht was mit unserer Arbeit zu tun.«
    Macalvie rührte sich im Sessel. »Es besteht kaum ein Zweifel daran, daß es ihr Herz war. Im Untersuchungsbericht wird es als Todesursache angegeben. Haben Sie darüber noch mal nachgedacht?« Eine für Macalvie unglaublich einfühlsame Frage.
    »Natürlich.« Sie lehnte sich mit dem Kopf auf den Sesselrücken und schloß die Lider halb. »Also, an dem Tag, da saßen wir zu fünft an dem Tisch neben dem Chor, wo wir immer sitzen und arbeiten, und Nell sagte, sie habe keine Lust mehr weiterzusticken und wolle sich noch einmal die Kissen anschauen, sie hätte die im Westschiff ja noch nicht einmal richtig gesehen. Sie ließ ihre Handtasche dort, und die war offen. Deshalb weiß ich, daß sie ihre Medizin dabeihatte. Die kleine Flasche rollte nämlich heraus. Und Nell ist weggegangen.«
    »Haben Sie sie da zum letztenmal gesehen, bevor ihr plötzlich übel wurde und sie zusammenbrach?«
    Annie Landis nickte. »Ja, und das finde ich eigenartig. Na ja, Sie ja bestimmt auch, sonst wären Sie nicht hier.« Lächelnd verweilte ihr Blick auf Macalvie und wanderte weiter zu Jury.
    Schweigen. Dann überraschte Macalvie, der vor Zeugen selten Informationen über einen Fall ausplauderte, Jury mit der Frage: »Haben Sie gelesen, daß man in Old Sarum die Leiche einer Frau gefunden hat?«, Sie runzelte die Stirn. »Ja.« Wieder schaute sie von Macalvie zu Jury. »Wollen Sie sagen, daß Nells Tod damit zusammenhängt?«
    Macalvie schaute zur Zimmerdecke hoch, als ob er darüber nachdächte. »Vor nicht allzulanger Zeit hat Mrs. Hawes Urlaub in den Staaten gemacht.«
    »Ja, vor ein paar Monaten. Sie ist sehr gern gereist. So ungefähr alle zwei, drei Jahre ist sie ins Ausland gefahren. Normalerweise aufs europäische Festland. Drei-, viermal nach Amerika.«
    »In den Südwesten.«
    »Beim letztenmal, ja, da fuhr sie in den Südwesten. Das war im vergangenen Oktober . nein, ich glaube, im November. Nell ist immer gern dann verreist, wenn es nicht so überlaufen und teuer war.«
    November, dachte Jury. Im selben Monat, in dem Fanny Hamilton in den Staaten war. »Hat sie was erzählt? Hat sie jemand Besonderen kennengelernt? War sie so wie immer, als sie zurückkam? Überhaupt seitdem?«
    »Meinen Sie denn, in den Vereinigten Staaten sei etwas vorgefallen? Ich glaube, sie war in - Arizona. Möglicherweise. Ja, sie hat erwähnt - warten Sie einen Moment, wie hieß die Gegend?« Bei dem Versuch, sich zu erinnern, verzog Annie Landis heftig das Gesicht. »Es klang mehr wie eine Straßenkreuzung als ein Bundesstaat . Ah ja. Four Corners. Wo vier Bundesstaaten zusammentreffen. Ich glaube, sie hat erzählt, daß man sich dort hinstellen und den Fuß in alle vier Staaten setzen könne. Utah, Arizona ... New Mexico? Den vierten habe ich vergessen.« Sie schüttelte den Kopf. »Das ist von dem, was sie erzählt hat, das einzige, an das ich mich erinnere. Nell hat nie so geschwatzt wie die meisten von uns. Egal, wie ich jedenfalls.«
    Das bezweifelte Jury sehr. »Aber es bestand kein Grund zu der Annahme, daß ihr irgend etwas - zugestoßen war? Sie hat sich nicht anders verhalten, war ängstlich oder .«
    »Nein. In keinster Weise.«
    »Was ist mit Ihrem Sohn?«
    Macalvies Frage kam völlig unvermittelt.
    »Meinem Sohn?«
    »Er hat sie doch sicher auch gekannt, oder?«
    Annie sagte: »Ja, er kannte sie. Flüchtig. Aber er ist erst vierundzwanzig, Mr. Macalvie.« Sie lächelte. »Ich glaube nicht, daß sie sich sehr für ihn interessierte.«
    »Wie gut kannten sich die beiden denn?«
    Ihr Lächeln deutete an, daß sie Fragen in dieser Richtung für

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