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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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versuchen. Hier war die psychologische Komponente von größter Bedeutung. Nie hatte sie verstanden, warum Hugh so gerne Online-Poker spielte, wo dieses Element nicht zum Tragen kam. Sie näherte sich den Tischen und stellte fest, dass nur wenige Frauen es mit den Männern aufzunehmen wagten. Die schlechten Verstellungskünste vieler Spieler belustigten sie. Sie schrieb sich in die Warteliste ein. Als man ihr einen Tisch zuwies, überkam sie Nervosität. Constance begriff den Unterschied zum Black Jack: Hier ging es nicht darum, gegen das Casino zu gewinnen, sondern gegen die anderen Spieler, die sie neugierig musterten, während sie Platz nahm.
    Die erste Hand war ruhig, und Constance erinnerte sich an ihren Streit mit Hugh, als dieser darauf bestanden hatte, dass sie ihn zum Poker bei Freunden begleitete. Nun versuchte sie, die wenigen Ratschläge anzuwenden, die sie oft genug von ihm gehört hatte: »Bluffen ist wie eine Geschichte erzählen. Wenn dein Gegner sie dir abnehmen soll, musst du von Anfang an glaubwürdig wirken – also ab dem Moment, da du deine Karten aufnimmst, ja sogar schon, wenn du dich an den Tisch setzt. Von diesem Augenblick an bis zum Ende der Partie wirst du analysiert und beobachtet.« Nach einer Stunde hatte Constance 100 Dollar verloren und das Gefühl, gar nicht wirklich gespielt zu haben. Ihre Passivität frustrierte sie. Sie spürte, dass ihre Gegner das Spiel beherrscht hatten, nicht sie. Ein einziges Mal hatte sie zwei Asse gehabt, ein Blatt, das alle anderen dominiert, doch kaum hatte sie gesetzt, waren die anderen Spieler lächelnd ausgestiegen. Offenbar lasen sie in ihrem Gesicht wie in einem offenen Buch. Also hielt sie sich zurück und wartete auf eine andere Gelegenheit.
    »Kreuz Neun und Acht«, suited Connectors . Hugh hatte immer wieder betont, mit einem solchen Blatt könne man äußerst erfolgreich sein, sofern man intelligent spiele. Constance war am Button. Alle stiegen aus, außer dem Spieler zu ihrer Rechten, der um 15 Dollar erhöhte. Constance setzte kurz entschlossen 40 Dollar. Angesichts ihrer bisherigen Strategie signalisierte sie damit, dass sie vermutlich ein gutes Blatt hatte. Der Big Blind und der Small Blind stiegen aus. So war der Teilnehmer, der erhöht hatte, wieder an der Reihe. Er musterte Constance herausfordernd. Dass sie ihn überboten hatte, missfiel ihm offensichtlich. Er reagierte mit einem Pay Off, was suggerierte, dass er keine besonderen Karten hatte, aber auf den Flop , die ersten drei Gemeinschaftskarten warten wollte, um sich zu entscheiden.
    Karoass, Herz Zehn und Zwei.
    Constance versuchte sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Ihr Gegner checkte. Constance überlegte kurz und setzte 45 Dollar, sie wollte das Ass. Ihr Gegner zahlte sofort. Jetzt waren 170 Dollar im Pot. Vor Constance lagen noch 220 Dollar.
    Der Turn, die vierte Gemeinschaftskarte, war der Pikbube. Dank dieser Karte hatte Constance ein Open-Ended (eine Dame oder eine Sieben). Würde hingegen eine beliebige Herzkarte ausgespielt, konnte es unangenehm für sie werden. Ihr Gegner checkte erneut. Constance hatte nicht den Eindruck, dass er so rasch folden würde. Also checkte sie ebenfalls und überlegte, wie sie sich bei der letzten Runde verhalten sollte.
    Der River , die fünfte Gemeinschaftskarte: Herz Acht
    So erhielt Constance zwar ein Paar, doch falls ihr Gegner eine Farbe fordern sollte, würde er das Spiel machen. Er setzte wenig: 75 Dollar. Constance beobachtete ihn aufmerksam und versuchte Tells zu entdecken, jene kleinen, kaum wahrnehmbaren Anzeichen, die die Absicht eines Spielers verraten. Er sah sie nicht mehr so herausfordernd an wie zuvor. Diese Haltung deutete sie als Zeichen der Schwäche. Sie wusste nicht, ob ihr Achterpärchen ausreichte. Instinktiv entschied sie sich, All-in zu gehen, und setzte das ganze Geld, das ihr blieb. Falls ihr Gegner glaubte, dass er die besseren Karten hatte, musste er 145 Dollar drauflegen. Sie wollte nicht wahrhaben, dass sie mit einer solchen Hand geschlagen werden konnte. Aber es gab nur zwei Möglichkeiten: folden oder callen, wenn sie glaubte, dass ihr Gegner bluffte. Sie ließ sich ganz von ihrem Gefühl leiten. Sofort nahm der Mann die Brille ab, rieb sich die Augen und musterte Constance. Und sie begriff, dass es ihr gelungen war zu bluffen. Jetzt durfte sie sich vor allem nicht verraten. Sie wollte ihn zum Folden, zum Aussteigen bewegen. Um konzentriert zu wirken, dachte sie an die aufregenden Tage, die

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