Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
kalt, sondern warm. Weil sie im Holster unter meinem Arm gesteckt hatte, neben meiner Brust. Wenn ich den falschen BH trug, streifte ich beim Ziehen die Brust. Ich hatte festgestellt, dass die Minimizer, die die Brust breit drücken, ungünstig waren, wenn ich das Schulterholster trug. Ein Push-up dagegen schaffte einem die Brust aus dem Weg. Es sollte aber ein Ganzschalenmodell sein, damit man rennen kann, ohne dass etwas rausfällt. Wieso dachte ich an BHs, wenn wir einen Vampir zu überwältigen hatten, der ein zweifacher Mörder war? Weil ich ihn fast erschossen hätte. Ich hätte ihn nicht erschossen, weil es richtig gewesen wäre, sondern weil das mein Beruf ist.
Ich hätte ihn also beinahe getötet, bevor wir ihn befragt hatten. Weil Körper und Geist schon in die Routine geglitten waren. Das ist in unserem Beruf so. Wir zielen und drücken ab, und wir schießen, um zu stoppen. Stoppen heißt töten.
»Anita, alles in Ordnung?«, fragte Zerbrowski.
Ich nickte und ließ die Hand sinken. Ich traute Zerbrowski zu, den Vampir mit einem Schuss zu bremsen. Ich traute mir zu, rechtzeitig anzulegen und den Kerl zu erschießen. Ich war mir nur nicht so sicher, ob ich dastehen und einfach nur auf ihn zielen konnte, ohne zu schießen. Seltsam, aber so war es.
»Mir geht’s gut, Zerbrowski.«
Er ließ den Vampir nicht aus den Augen. »Okay. Sie haben den Hinrichtungsbefehl.«
»Ja«, sagte ich. Ich sah den Vampir an, der sich hinter seiner Jacke verbarg, und empfand nichts. Er war bloß jemand, von dem ich Informationen wollte. Einen Deal konnte ich ihm dafür nicht anbieten. Das Gesetz erlaubt keine Deals mit Vampiren, die jemanden ermordet haben. Aber das war jetzt nicht das Problem.
»Heben Sie langsam die Hände über den Kopf und verschränken Sie die Finger. Sofort!«
Seine Stimme kam gedämpft hinter der Jacke hervor. »Die sollen die Kreuze wegstecken.«
»Wollen Sie in dieser Sekunde sterben?«
Einen Moment lang schwieg er, dann sagte er nein.
»Dann tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe. Hände über dem Kopf falten! Sofort!«
Er versuchte, das Gesicht mit zugekniffenen Augen weiter hinter der Jacke zu halten, während er die Arme hochnahm und die Hände auf den Kopf legte.
»Hände falten.«
Er tat es.
»Jetzt hinkien.«
»Darf ich die Hände benutzen?«
Ich zielte erneut auf ihn. »Sie gehen mir allmählich auf die Nerven. Knien Sie sich endlich hin!«
Er tat es. Klasse.
»Kreuzen Sie die Füße.«
»Was?«
»Ein Fußgelenk über das anderen legen.«
Er tat es. Damit war der Moment gekommen, ihn zu durchsuchen. Ich suchte nicht gern jemanden nach Waffen ab, der noch am Leben war. Bei Toten war das viel einfacher. Woran erkennt man, dass man vielleicht schon ein wenig zu oft getötet hat? Wenn es einen nervt, jemanden abzutasten, der sich noch bewegen kann.
Ich setzte ihm die Pistole an den Kopf. »Wenn Sie sich bewegen, schieße ich. Ist das klar?«
»Ja«, sagte er angespannt.
Sie erst abzutasten, wenn sie tot sind, hat außerdem den Vorteil, dass man ihnen die Angst nicht anhört und nicht das feine Zittern spürt. Man braucht sich nicht mit dem Gedanken herumzuplagen, dass man selbst derjenige ist, vor dem sie Angst haben, oder dass man den, den man gerade anfasst, gleich erschießen wird und dass weder er noch man selbst etwas daran ändern kann. Beim Gesetz geht es nicht um Gerechtigkeit oder Barmherzigkeit. Beim Gesetzt geht es um das Gesetz, und das ließ Jonah und mir keine Alternative.
Er hatte noch ein Messer in einer Scheide im Kreuz im Hosenbund, außerdem eine leere Armscheide und eine größere Scheide im Nacken, verborgen unter dem Jackenkragen. Ich war noch keinem Vampir begegnet, der so stark bewaffnet war. Als er das Messer fallen gelassen hatte, war mir kurz der Gedanke gekommen, ich hätte mich geirrt und es steckte doch kein Messer in der Brust des Dunkelhaarigen, aber nein, der Scheißkerl hatte auf das Messer verzichten können, weil er noch mehr davon hatte.
Das machte mich nachdenklich. Ich besah eines der Messer, wog es in der Hand berührte die Klinge mit dem Daumen. »Scheiße, es ist aus Silber.« Ich lief nicht sofort zu dem Verletzten zurück, sondern half erst, Jonah in Handschellen zu legen, obwohl ihn die nur wenig bremsen würden, wenn er wirklich flüchten wollte. Es war noch nichts erfunden worden, was der Kraft eines Vampirs standhielt. Das war einer der Gründe, weshalb sie ohne Gerichtsverhandlung hingerichtet wurden. In einem Staat war mal
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