Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
scheint, wenn Truth dir so vertraut.«
»Ich habe ihm das Leben gerettet. Das hinterlässt meistens einen guten Eindruck.«
»Nicht bei ihm, nicht bei Truth.«
»Na meinetwegen. Ich muss jetzt einen Mordverdächtigen befragen.«
»Wir kommen mit«, sagte Truth.
»Tut mir leid, Polizeiarbeit. Danke, dass ihr ihn aufgehalten habt.«
»Deine Macht hat uns angezogen, als du Avery berührt hast«, sagte Truth.
»Das heißt, ihr musstet es tun, als ich sagte: Schnappt ihn?«
Sie nickten.
»Das tut mir leid.«
»Mir nicht«, sagte Truth.
Wicked schoss mir einen zynischen Blick zu. »Dazu kommen wir vielleicht später. Im Moment tut es mir nicht leid.«
»Hör zu, ich verspreche dir, dass ich dich Jean-Claude gebe, so schnell, wie es menschenmöglich ist.«
»Mich geben?«
Ich runzelte die Stirn. »Ich verspreche dir, dass ich so schnell, wie es menschenmöglich ist, dafür sorge, dass du an den Meister von St. Louis gebunden wirst. So gut?«
»Versprich mir, dass du mich bindest, wie du meinen Bruder gebunden hast.«
»Hab ich doch gerade.«
»Nein. Soviel ich weiß, könntest du mich an jemand anderen im Gefolge deines Meisters weiterreichen. Mein Bruder und ich bleiben zusammen. Dafür müssen wir auf dieselbe Art und Weise gebunden werden.«
Ich wünschte, ich hätte Jean-Claude fragen können, ob dieses Versprechen ein Problem barg, doch er war zu sehr damit beschäftigt, die Gäste des Guilty Pleasure glücklich zu machen. Ich dachte über die Formulierung nach und konnte kein Problem entdecken. Darum sagte ich: »Okay. Ich verspreche, dass ich dich binden werde wie deinen Bruder. Jetzt zufrieden?«
Er nickte kaum merklich und bedachte mich mit einem beinahe unsichtbaren Lächeln.
»Gebt in einem von Jean-Claudes Clubs eine Karte oder eine Telefonnummer ab, dann werden wir etwas vereinbaren.«
»Wir werden dort sein«, sagte Wicked.
»Ja«, sagte Truth. »Wir werden dort sein.«
Ich wandte mich der Tür des Gemeindesaales zu. Smith blieb dicht hinter mir. Ich streckte die Hand aus. »Waffe«, sagte ich.
Er gab mir meine Pistole. Ich steckte sie ins Holster und ging weiter. Mich ließ das Gefühl nicht los, dass mir an den beiden etwas entgangen war. »The Wicked Truth« hatte Jean-Claude sie genannt. Warum? Nur weil sie ihre Blutlinie ausgelöscht hatten? Oder hatte ich irgendetwas nicht verstanden? Etwas, das ich später bedauern würde? Ich drehte und wendete es, und hatte doch nicht mehr versprochen, als Wicked mit meinem Blut an Jean-Claude und mich zu binden. Mehr hatte ich nicht versprochen. Wieso hatte ich dann das Gefühl, dass die Brüder mehr erwarteten? Ich dachte: Jean-Claude, was habe ich gerade getan?
Zu meiner Verblüffung antwortete er leise, als schirmte er mich ab. »Wir haben unsere Krieger, ma petite, genau wie du es dir gewünscht hast.«
»Du kannst doch mit der Stillung der Ardeur noch gar nicht fertig sein?«
»Non, aber ich kenne Wicked von früher und dachte, es wäre dumm, nicht noch einmal nach dir zu sehen.«
»Du hältst die Ardeur in Schach, während du in Gedanken mit mir sprichst und einen Saal voller wollüstiger Frauen um dich hast?«
»Oui.«
»Schön, dass dir unser Dreier auch was eingebracht hat.«
»Du sagst das, als wärst du leer ausgegangen, ma petite. Dabei bist du es, die The Wicked Truth zu uns gerufen hat, genau genommen zu dir. Erst gestern Nacht hast du gesagt, dass wir Kämpfer und nicht nur Verführer brauchen. Und keine achtundvierzig Stunden später hast du zwei legendäre Krieger zu uns geholt. Das ist nicht nur beeindruckend, ma petite, das ist beängstigend.«
Ich ignorierte das »beängstigend« und konzentrierte mich auf das andere. Ich erinnerte mich nicht, mir Kämpfer oder Krieger gewünscht zu haben. Ich erinnerte mich nur, dass ich gedacht hatte, wir brauchen mehr Stärke.
»Dann hast du jetzt mehr Stärke, als du dir gewünscht hast.«
Dem ließ sich nicht widersprechen, aber ich nahm mir vor, mit meinen Wünschen vorsichtiger zu sein. In letzter Zeit schien ich alles zu bekommen, was ich mir wünschte. Und plötzlich bekam ein altes Sprichwort eine ganz neue Bedeutung: Sei vorsichtig, was du dir wünschst – es könnte in Erfüllung gehen.
69
A ls ich den Gemeindesaal wieder betrat, wünschte ich mir natürlich, dass wir die Mörder zu fassen bekämen, ehe sie wieder mordeten. Mit diesem Wunsch fühlte ich mich auf der sicheren Seite. Es war einer, mit dem wir alle leben konnten. Sie hatten den Vampir auf einen Stuhl
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