Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
Blick zu, der mir klar zu verstehen gab, dass er das Gegenteil beabsichtigte. Sofern ich Ronnie nicht an den Haaren rausziehen wollte, konnte ich im Augenblick nicht mehr tun. Ich wollte wissen, warum Micah so seltsam geklungen hatte.
Als ich aus der Kabine trat, sagte er gerade sehr höflich, aber bestimmt zu einem älteren Herrn: »Vielen Dank, aber nein, wir warten nur auf eine Freundin.«
»Die Rolle kann ich doch übernehmen«, meinte der Mann und zückte einen Packen Geldscheine, aber so, dass es vom Saal aus nicht zu sehen war. Der oberste war ein Zwanziger und legte nahe, dass die übrigen auch Zwanziger waren.
Micah schüttelte den Kopf.
Der Mann blätterte zwei Scheine weg.
»Nein«, sagte Micah.
Ich war fast bei ihnen, als der Mann zwei weitere Scheine abzählte – achtzig Dollar insgesamt – und Micah hinhielt. »So viel bietet Ihnen heute Abend niemand mehr.«
»Ach, ich weiß nicht«, sagte ich. »Ich biete ein Zimmer mit Verpflegung und Sex mit einer Frau.« Ich legte den Arm um Micahs Taille und er tat es mir gleich.
Der Mann sah zwischen uns beiden hin und her. »Sie sind seine Freundin?«
Ich nickte.
»Dann haben Sie wirklich auf eine Freundin gewartet«, sagte der Mann.
»Ich habe es Ihnen ja gesagt«, erwiderte Micah.
Der Mann steckte stirnrunzelnd sein Geld wieder ein. »Ich dachte nicht, dass Sie diese Art Freundin meinen.«
»Doch, meinte er.« Ich schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das meine Augen unbeteiligt ließ, dann sah ich mich nach Nathaniel um. Er stand halb hinter einem Pärchen verschwunden in einer Ecke. Er hob eine Hand, um mich auf sich aufmerksam zu machen. Oder es war der Hilferuf eines Ertrinkenden.
Ich nahm Micahs Hand und zog ihn mit mir. Ich dachte, in der Überzahl zu sein wäre hier das Wirksamste. »Entschuldigt, Leute«, sagte ich.
Das Pärchen drehte sich um und musterte mich. Der Mann war groß und dunkel, die junge Frau ein bisschen größer als ich und blond. Sie trug ein Nackenträgerkleid, das ein besseres Futter gebraucht hätte. Ihre Brustwarzen schimmerten durch den hellen Stoff. Ich achtete darauf, dass mein Blick oberhalb der Taille blieb. Ich wollte nicht wissen, ob unten auch etwas durchschimmerte. Ich will nicht den Eindruck erwecken, dass die beiden billig aussahen. Das taten sie beileibe nicht. Die junge Frau trug einen großen Diamanten am Finger und Armbänder aus Gold und Diamanten. Ihr Make-up war raffiniert: Es sah aus, als wäre sie fast ungeschminkt, während sie in Wirklichkeit stark geschminkt war. Der Mann trug einen Maßanzug, der vermutlich von demselben Schneider stammte, bei dem Micah und Nathaniel einkauften. Es war der gleiche Stil.
»Verzeihung, aber wir sprachen vor Ihnen mit dem Herrn«, sagte der Mann.
Ich atmete tief ein und langsam aus. Das Parfüm der Frau war ein pudriger, teurer Duft. »Eigentlich nicht, denn er ist mit mir hierhergekommen.«
Sie wechselten einen überraschten Blick.
Nathaniel drängte sich behutsam an ihnen vorbei. »Entschuldigen Sie, aber ich habe Ihnen gesagt, dass ich mit jemandem hier bin.« Als er unbehelligt bei mir angelangt war und ich sowohl seine als auch Micahs Hand hielt, glaubte ich, wir wären vor weiteren Avancen sicher. Wie dumm von mir.
Die Frau stellte sich auf die Zehenspitzen und der Mann beugte sich herab, damit sie ihm etwas ins Ohr flüstern konnte. Mich interessierte das nicht mehr, und ich wandte mich ab, um mit Micah und Nathaniel zu Ronnie zurückzugehen. Es war nur ein bisschen zu eng, um mit drei Leuten zu wenden.
»Warten Sie«, sagte die Frau.
Ich drehte mich wieder um, weil man das eben tut, wenn man angesprochen wird.
»Kommen Sie alle drei mit zu uns«, schlug sie vor.
Ich sah sie an und brauchte etwas länger, um zu verarbeiten, was ich gerade gehört hatte. Früher hätte ich gefragt, was sie damit meinte, aber ich war inzwischen erwachsen geworden und kannte die Antwort. »Nein«, sagte ich, schob Micah vor mich und zog Nathaniel hinter mir her. Der blieb abrupt stehen.
Ich konnte mir denken, was los war, bevor ich mich ganz umgedrehte hatte. Ich hatte nur halb recht. Nicht die Frau, sondern der Mann hielt Nathaniel am Arm fest.
Ich rückte an Nathaniels Seite. »Lassen Sie ihn los. Sofort.« Dem Sofort verlieh ich besonderen Nachdruck.
Er ließ Nathaniels Arm los. »Meiner Frau gefällt Ihr Freund wirklich gut.«
»Das freut mich für sie, aber das ist nicht mein Problem. Fassen Sie ihn nicht noch mal an. Fassen Sie keinen von uns noch mal
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