Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
dicht unter dem Kieferknochen an meinen Hals. Er lag der Länge nach auf mir.
Jason hielt noch meine Hand fest und rieb an meiner anderen Halsseite die Lippen an mir.
Ich lag warm und sicher und begriff, dass Richard mir etwas von seiner Selbstbeherrschung übertragen hatte. Damit hatte er mir eine Atempause verschafft. Die sollte ich nutzen, bevor mein Tier die warme Trägheit abschüttelte.
Ich dachte an die Erinnerung zurück. Wie hatte ich Richard sein Tier zurückgegeben? Mit einem Kuss. Warum war immer Körperkontakt nötig? Jean-Claude hatte die Frage vorige Nacht beantwortet: Weil wir nur die Mittel einsetzen können, die uns zur Verfügung stehen. Die meisten unserer Mittel stammten von Belle Morte, und damit kreisten sie alle um ein gewisses Leitmotiv. Ich wartete darauf, dieses Themas überdrüssig zu werden, und teils war ich es schon. Teils dachte ich, wir sollten uns wirklich mal einen anständigen Satz neuer Fähigkeiten zulegen, aber das Gefühl, warm und sicher eingehüllt im Geruch der beiden Rudel zu liegen, war übermächtig.
Ihre Lippen bedeckten meinen Hals mit zarten Küssen. Nathaniel war so warm an mich geschmiegt, wärmer als jede Decke. Es war schöner, als nur im Arm gehalten zu werden. Jasons Hand strich über meine Hüfte, und ich konnte nicht anders, ich kuschelte mich in das Gefühl seiner Berührung. Diese kleine Bewegung wirkte auf Nathaniels Körper. Plötzlich fühlte er sich schwerer an. Ich fühlte mich an Richards Kuss in der Manege erinnert. Er presste den Unterleib an meinen, und wie bei dem erinnerten Kuss drängte er sich gegen mich, sodass mir nur die Wahl blieb, mich ihm zu öffnen oder ihn aus meinem Körper draußen zu halten.
Richards Wolf war durch einen Kuss aus mir hinausgelangt. Ich konnte nur einen küssen, Nathaniel oder Jason. Mir kam der Gedanke, dass ich anderes tun und dabei küssen könnte. Doch ich hatte genug von Dreiern und Vierern und dergleichen. Meine angeschlagene Moral würde eine Zeit lang keine Vielfachen verkraften können. Aber das ist so schön, flüsterte meine innere Stimme. Und die andere Stimme, die ich an der Hand meiner Großmutter gehört hatte, schrie: Flittchen! Da arbeitet man so lange daran, auf seine innere Stimme zu hören, und noch immer drängen einen Schuldgefühle oder Gewohnheit, auf die fremden Stimmen zu hören – auf die, die einen abwerten. Manchmal kann man sie nicht abschütteln.
»Ich muss mein Tier meiner Katze geben«, sagte ich träge mit belegter Stimme. Ich wollte Jason meine Hand entziehen, doch er hielt sie fest und flüsterte in meine Halsbeuge: »Ich werde deine Katze sein.«
»Ich bin ihre Katze«, flüsterte Nathaniel an meiner Wange.
»Dann werde ich dein Hündchen sein«, raunte Jason und leckte meinen Hals, sodass ich mich wohlig wand. Aber ich schüttelte den Kopf, nur ein bisschen, und drehte ihn so, dass ich ihn sehen konnte.
»Diesmal nicht, Jason.« Er ließ meine Hand los.
Seine blauen Augen kamen in mein Blickfeld, und er küsste mich lange und tief, und mein Tier lag still. »Du schmeckst nach Blut und den Küssen anderer Männer«, flüsterte er und zog sich zurück.
Mein Tier erwachte, als hätte es nur ein Nickerchen gemacht, und erhob sich. Es füllte meinen Körper aus wie einen zu kleinen Mantel. Ich spürte, wie es sich streckte, bis in den letzten Winkel ausdehnte, ohne seine volle Größe zu erlangen. Als es feststellte, dass meine Haut nicht platzte, meine Knochen nicht brachen, mein Körper nicht nachgab, begann es in mir zu wüten. Es schlug mit den Pranken und kämpfte mit Muskeln, die sich nicht so real hätten anfühlen dürfen. Es wollte aus seinem Käfig ausbrechen, und der Käfig war mein Körper.
Ich schrie und kämpfte dagegen an, bekam es aber nicht zu fassen. Nathaniel lag noch auf mir. Mit schreckgeweiteten Augen wollte er von mir weg, doch ich packte seine Arme und hielt ihn fest. »Küss mich«, brachte ich hervor.
Jeder andere hätte sich gesträubt, er nicht. Er drückte die Lippen auf meine, und mein nächster Schrei ging in seinen Mund. Ich strengte meinen Willen an, um das Tier in mir in ihn hineinzutreiben, versuchte, es zu zwingen, doch es geriet in Panik und hörte mich nicht mehr. Es war wie ein wildes Tier, das in die Enge getrieben wird und nur noch seiner Angst gehorcht.
Ich riss mich von Nathaniels Kuss los und schrie. Jason war da, nahm mein Gesicht in die Hände, und sowie er mich berührte, hielt das Tier inne und schnupperte.
Ohne mich Jasons
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