Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)
durch die Absperrung, die zwei Polizisten für uns öffneten. Das Fernsehteam hielt die Kameras direkt auf uns gerichtet. Großartig. Ich zeigte ihnen nicht den ausgestreckten Mittelfinger und tat auch sonst nichts Kindisches.
»Ich hätte das mit Dolph nicht sagen sollen. Ich weiß, dass Sie nicht angefangen haben.«
»Danke.«
»Was ist Arnet denn über die Leber gelaufen?«
»Wenn sie meint, Sie sollten es erfahren, wird sie es Ihnen schon sagen.«
»Sie wollen Ihre Version nicht als Erste loswerden?«
»Meiner Version glaubt sowieso niemand, Zerbrowski. Ich bin ja ein Monsterflittchen. Wer Vampire vögelt, ist zu allem fähig.« Und plötzlich liefen mir die Tränen übers Gesicht. Ich weinte nicht hörbar, aber die Tränen liefen. Ich wandte mich ab und starrte aus dem Fenster. Mir war schleierhaft, warum ich weinte. Das war einfach zu blöd.
Machte es mir wirklich etwas aus, was Arnet über mich dachte? Nein. Würde es mir etwas ausmachen, wenn sie meinen Ruf im Dezernat ruinierte? Ja, so schien es wohl. Scheiße.
Zerbrowski war entweder so verblüfft über meine Tränen, dass er nicht wusste, was er sagen sollte, oder er verhielt sich wie gegenüber seinen männlichen Kollegen. Wenn die nicht wollten, dass man sie weinen sah, dann sah man es nicht. Zerbrowski fuhr zur Kirche des Ewigen Lebens und konzentrierte sich höllisch auf den Verkehr. Ich starrte derweil aus dem Fenster und weinte.
64
D er Parkplatz war voll, und ich meine richtig voll. So voll, dass Zerbrowski vor der Kirche in der Feuerwehreinfahrt parkte. Marconi und Smith waren in einem Wagen hinter uns, außerdem zwei Streifenwagen. Offenbar hatte Zerbrowski unser Vorgehen geplant, während ich versuchte, die Sache mit Arnet zu klären. Sie oder Abrahams waren demnach als Verantwortliche am Tatort geblieben. Ich setzte auf Abrahams. Arnet hätte ich an diesem Abend nicht mal die Verantwortung für eine Kinderbaseballmannschaft übertragen. Es konnte aber natürlich sein, dass ich gerade ein bisschen voreingenommen war.
Zerbrowski postierte zwei von den Uniformierten an den Türen und wies sie an, ihr Kreuz sichtbar an sich zu tragen. »Niemand verlässt die Kirche, außer Sie haben das vorher mit mir abgesprochen, ist das klar?« Es war klar. Ich erwähnte, dass es einen zweiten Ausgang am Gemeindesaal gab, und da wir genügend Leute mitgenommen hatten, nickte Zerbrowski nur und sagte: »Machen Sie das.« Er benahm sich wie Dolph, aber es wirkte. Jeder tat einfach, was er sollte.
Marconi schüttelte den Kopf und sprach aus, was ich gedacht hatte. »Markiges Auftreten heute Abend, Zerbrowski.«
»Sie sind bloß neidisch, weil er Dolph besser nachmacht als Sie«, meinte ich.
Marconi schmunzelte und nickte. Aber seine Hand war am Gürtel, und er schob seine Dienstwaffe ein Stück nach vorn. Manchmal macht man umso mehr Witze, je nervöser man ist.
Smith war noch neu genug, um mit leuchtenden Augen bei der Sache zu sein, und bebte vor Eifer wie ein Hund, der an der Leine zieht. Er war erst seit einem Monat Detective; da ist man eifrig dabei, sich zu beweisen. Nicht zu eifrig, hoffte ich, da ich ihn empfohlen hatte.
Zerbrowski bemerkte das und bedeutete mir mit einem Nicken, ihn im Auge zu behalten. Nur in einem fragte er mich um Rat: »Gehen wir demonstrativ oder diskret rein?«
Einen Moment lang überlegte ich, dann zuckte ich die Achseln. »Sie wissen sowieso, dass wir hier sind, zumindest die in den hinteren Bänken. Aber bitten wir doch einen der Gemeindediener, die sich in Portalnähe aufhalten, Malcolm Bescheid zu sagen. Höflichkeit kann nicht schaden.«
Er nickte, dann ging er auf das Kirchenportal zu. Bevor er den Türflügel aufdrücken konnte, wurde er von innen geöffnet. Vor uns stand ein junger Mann mit kurzen braunen Haaren und Brille. Ich kannte ihn schon von einem anderen Fall her. Sein Name fing mit B an, wie Brandon oder Brian oder Bruce. Ja, Bruce, dachte ich. Leise schloss er die Tür hinter sich, sodass wir nur einen kurzen Blick ins Kirchenschiff werfen konnten, wo sich die Leute nach uns umdrehten. Seine braunen Augen waren noch genauso hübsch, und wie damals hatte er ein gerade zuheilendes Bissmal am Hals. Als wäre seit unserer Begegnung damals kaum Zeit vergangen. Aber es war erfreulich, dass er noch unter den Lebenden wandelte.
»Sie stören uns beim Gottesdienst?« Sein Ton war freundlich und gemessen.
»Sie sind Bruce, nicht wahr?«
Seine Augen weiteten sich ein bisschen. »Ich bin überrascht, dass
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