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Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition)

Titel: Blinder Hunger: Ein Anita Blake Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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Umschlag hin. Ich öffnete ihn und las, obwohl ich wusste, worum es sich handelte. Es war der Hinrichtungsbefehl. Die Zeiten, wo ein Vampirjäger einen Vampir töten durfte, ohne vorher einen schriftlichen Befehl erhalten zu haben, waren vorbei, aber ich war viel früher als andere mit dem Töten vorsichtig geworden. Ich war auch noch nie verurteilt worden. Einer meiner Kollegen saß noch im Gefängnis, weil er seinen Job erledigt hatte, bevor dieses Stück Papier bei ihm angekommen war. Jeder, der mit mir arbeitete, wusste, dass ich ohne das Schriftstück gar nicht erst auf die Jagd ging. Aber mit dem Papier hatte man fast eine Blankovollmacht.
    Ich überflog es. Da stand das Übliche. Ich durfte den Vampir oder die Vampire, die für den Tod von – ich las die Namen der Opfer – verantwortlich waren, stellen und hinrichten. Die Namen verhalfen mir zu neuer Konzentration, erinnerten mich, warum ich diese Arbeit tat. Ich wurde ermächtigt, jeden erforderlichen Zwang auszuüben, um den Mörder dieser Leute zu finden und an weiteren Taten zu hindern. Ich wurde weiterhin ermächtigt, alles in meiner Macht stehende zu tun, um diesen Befehl mit der gebotenen Eile auszuführen. Der Träger dieses Schriftstücks ist berechtigt, zur Ergreifung der Verdächtigen jedes Gebäude zu betreten. Personen, ob menschlichen oder anderen Wesens, die sich der rechtmäßigen Ausführung meiner Pflicht entgegenstellen, verwirken ihre Rechte aus der Verfassung der Vereinigten Staaten und des Staates Missouri. Da stand noch mehr Juristenjargon, aber im Wesentlichen hieß das, ich durfte mich zu Avery umdrehen, ihm die Pistole an den Kopf halten und abdrücken. Die Polizei würde mich nicht nur nicht davon abhalten, sondern sie war sogar verpflichtet, mich bei der Ausübung meiner Pflicht zu unterstützen.
    Das mit dem Hinrichtungsbefehl war aufgekommen, als Vampire Bürgerrechte bekamen und man sie nicht mehr einfach töten durfte, nur weil sie Vampire waren. Dieses Schriftstück war mal wie ein Fortschritt erschienen. Jetzt blickte ich darauf und dachte: Wenn Avery es nun nicht getan hat? Was, wenn er unschuldig ist?
    Ich sah Zerbrowski an, und er kannte mich gut genug, sodass er die Stirn runzelte. »Der Blick gefällt mir nicht. Der bedeutet immer, dass Sie meine Arbeit komplizieren.«
    Ich nickte lächelnd. »Tut mir leid, aber ich möchte mich vergewissern, dass ich den Befehl beim richtigen Vampir ausführe.«
    Malcolm trat vor. »Ich würde das gern sehen, sofern es meine Kirche und meine Anhänger betrifft.«
    Ich faltete das Schriftstück auseinander und zeigte es ihm, hielt es aber fest.
    Er überflog den Text und schüttelte den Kopf. »Und Sie nennen uns Monster.«
    »Nehmen Sie es nicht persönlich, Malcolm. Einige meiner besten Freunde sind Monster.« Ich faltete es zusammen und steckte es ein.
    »Wie können Sie Witze machen, wenn sie hergekommen sind, um einen von uns zu töten?«
    Die Gemeinde wurde unruhig und erhob sich nach und nach. Es waren mehrere Hundert Vampire und wir nur eine Handvoll. Die Situation könnte schnell außer Kontrolle geraten, und das durfte nicht passieren. Rein rechtlich gesehen durfte ich sie alle töten, wenn sie eingriffen. Aber eine Kirche voller Märtyrer war das Letzte, was ich wollte.
    Es war, als hätte Malcolm meine Gedanken gelesen, denn er ging auf die Tür zu. Marconi stoppte ihn mit hochgehaltener Hand, ohne ihn zu berühren.
    »Wir wollen keinen Ärger und Sie auch nicht, Malcolm«, sagte Zerbrowski.
    »Soll ich etwa zusehen, wie Sie ein Mitglied meiner Gemeinde hinausbringen, damit es auf dem Parkplatz niederkniet und sie es hinrichten können? Was für eine Person wäre ich, wenn ich das einfach geschehen ließe?«
    Scheiße, dachte ich.
    »Weswegen sind Sie gekommen?«, fragte Avery. Seine Stimme war genau wie er: weich und unsicher. War das gespielt?
    »Zum Beispiel Ihretwegen«, antwortete ich.
    Er riss die Augen auf. »Warum?«
    »Wenn Sie versuchen, ihn mitzunehmen, stellen wir uns vor die Tür. Sie werden über uns drüberklettern müssen«, sagte Malcolm.
    Ich sah ihn an und wusste, dass es ihm nicht ernst damit war. Er pokerte, setzte darauf, dass wir nicht bereit wären, über einen Haufen Vampire zu steigen, um die Hinrichtung hier und jetzt auszuführen, hoffte, dass wir abzögen und Avery zu einer anderen Zeit abholten. Gewöhnlich hatte ich das Schriftstück gern frühzeitig in der Hand, aber heute Abend wäre es besser gewesen, ich hätte es später erhalten und nicht

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