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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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ist deine Schuld?«
    »Dass du nicht zum Fußball darfst. Wenn ich sehen könnte, müsstest du nicht dauernd auf mich aufpassen.«
    Max schüttelte den Kopf. »So ein Quatsch!«, sagte er mit Nachdruck. »Es ist überhaupt nicht deine Schuld. Wenn überhaupt, dann ist es die Schuld unserer Eltern. Die könnten ja auch mal auf dich aufpassen.«
    »Bestimmt trinkt Papa so viel, weil ich blind bin, und dann ist es doch wieder meine Schuld.«
    Sie ließ den Zopf jetzt schneller durch ihre Hand gleiten. Max konnte die Logik nachvollziehen, die hinter Sinas Gedankengang steckte, und wahrscheinlich entsprach sie wenigstens zum Teil der Wahrheit, aber glauben lassen durfte er es sie trotzdem nicht. Er sah sie von der Seite her an, während er nach den richtigen Worten suchte. Dabei wuchs der Hass auf seine Eltern immer weiter.
    »Jetzt hör mir mal zu«, begann er. »Ich will dich niemals wieder so einen Blödsinn reden hören. Man könnte ja meinen, du wärst das dümmste Kind unter der Sonne. Du bist nämlich an gar nichts schuld, hörst du! Papa würde mir das Fußballspielen auch verbieten, wenn du sehen könntest, einfach nur so, weil er es will. Vielleicht ist er einfach kein netter Mensch. Wie der alte Sauter, weißt du, der
schreit auch alle Kinder an, den habe ich noch nie freundlich erlebt. Es gibt solche Menschen, die kommen schon so auf die Welt.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Na klar!«
    »Aber warum kommt es mir dann so vor, als läge es nur an mir, dass in unserem Haus alle bedrückt und traurig sind? Manchmal glaube ich, wenn ich wegginge, würde hier drinnen auch wieder die Sonne scheinen.«
    Bis zu dieser Sekunde hatte Max noch nicht begriffen, was es bedeutete, wenn einem das Herz brach. Doch jetzt spürte er deutlich in seinem Inneren etwas kaputt gehen. Plötzlich konnte er nicht mehr so gut atmen, und in seinem Kopf wirbelte alles durcheinander. Sina war ein fröhliches Mädchen, sie lachte viel, schien unbekümmert - und nun das! Kannte er seine Schwester überhaupt richtig? Oder sah er nur das, was sie andere sehen lassen wollte?
    Für einen Moment wusste er nicht, was er darauf erwidern sollte.
    »Was ist denn, wenn wir beide draußen unterwegs sind? Dann ist doch alles gut, oder nicht?«, fragte er schließlich.
    »Ja, schon, aber …«
    »Na siehst du. Was du gesagt hast, stimmt einfach nicht. Es liegt nur an dem beschissenen Alkohol, an sonst gar nichts.«
    Sie schwieg nachdenklich, und Max hatte das Gefühl, schnell etwas nachschieben zu müssen. »Wir beide halten zusammen, dann kommen wir schon zurecht«, sagte er und meinte es auch so.
    »Aber du musst zum Fußball gehen.«
    »Was?«

    »Ich will, dass du zum Fußball gehst, mit den anderen Jungs.«
    »Papa hat es verboten.«
    Sina lächelte spitzbübisch »Wenn Mama und Papa schlafen, schleichst du dich einfach weg. Ich spiele im Garten und warte auf dich. Bevor sie wach werden, bist du schon wieder da.«
    Max schüttelte den Kopf. »Ich kann dich doch nicht hier allein lassen.«
    »Hey, ich bin kein kleines Baby mehr, ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    Er sah seine kleine Schwester an. Wie sie da neben ihm saß, mit einem Ausdruck im Gesicht, der an Selbstbewusstsein kaum zu überbieten war.
    »Und du kommst auch bestimmt allein zurecht? Es würde ja nur zwei Stunden dauern.«
    »Zwei Stunden sind ein Klacks«, sagte sie und machte eine lässige Handbewegung.
    Und obwohl Max noch zweifelte, sah er sich doch schon auf dem Bolzplatz zwischen den Torpfosten stehen, während Emily ihm vom Rand des Spielfeldes aus zusah.

12
    Flinke Beinchen überall! Sie flitzten raschelnd über das alte Laub, tasteten, waren immer auf der Suche nach Futter, ließen niemals nach, waren emsig und durch nichts zu stoppen. Drangen in alle Öffnungen, krabbelten in die Ohren, tasteten in der Nase, suchten einen Weg zwischen den Lippen hindurch, wollten rein, rein, rein …

    Sarah erwachte mit fest aufeinandergebissenen Zähnen und lückenlos verschlossenen Lippen. Ihr ganzer Körper war ein einziger Krampf. Abrupt riss sie die Augen auf. Statt zu sehen, horchte und fühlte sie. Sofort spürte sie die schmerzhaft pochende Stelle an ihrem Fußknöchel, dort, wo die Schlange sie gebissen hatte. Sarah ließ eine Hand an ihrem nackten Bein abwärtswandern und fand die Stelle. Sie war geschwollen und sehr berührungsempfindlich.
    Die Schlange war wohl doch nicht giftig , schoss es ihr durch den Kopf. Sie lebte noch, konnte den Schmerz spüren und auch dieses dumpfe

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