Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
Vom Netzwerk:
auch den Sportlehrer schon verstohlen hinschauen sehen. Aber ihre Beine allein waren es nicht. Sie hatte diese blonden Löckchen, die ihr oft wild vom Kopf abstanden, strahlend blaue Augen und ein Lächeln, das ihm tief in den Bauch fuhr.
    Max fühlte sich zerrissen.
    Einerseits besänftigten die Gedanken an Emily seine Wut, andererseits wurde sie erneut angefacht, wenn er daran dachte, dass er hier nicht wegkam. So wie es jetzt aussah, würde das die ganzen Ferien so weitergehen.
    Verflucht noch mal, das durfte er einfach nicht zulassen!
    Max schniefte ein letztes Mal in die Tagesdecke, dann drehte er sich auf den Rücken, verschränkte die Arme unter dem Kopf und starrte zur Zimmerdecke empor. Unten in der Küche hörte er seine Eltern streiten. Es war Samstag, und seine Mutter hatte frei, aber auch sie dachte nicht daran, ihm Sina für zwei Stunden abzunehmen. Max hatte das Gefühl, dass sie unter dem Druck ebenfalls zu trinken
begann. Sie war dünn geworden in den letzten Monaten, wirkte abgehärmt und war oft wortkarg. Jetzt keifte sie allerdings gerade ordentlich zurück, die üblichen Streitereien ums Geld. Nach dem Essen, wenn Mutter erschöpft und Vater betrunken Mittagsschlaf hielten, wurde es ruhiger.
    In der Zeit der Stille, wie Sina und er es nannten, bekamen die beiden nicht viel mit von dem, was im Haus vorging. In dieser Zeit konnte er sich einfach davonschleichen und mit den Jungs Fußball spielen. Aber dann müsste er Sina allein lassen in dieser gruseligen Stille. Er mochte sich nicht einmal vorstellen, wie es für sie sein würde, nichts zu sehen und nichts zu hören, und das den ganzen Nachmittag.
    Nein, das kam nicht in Frage!
    Über die Möglichkeit, Sina mit zum Bolzplatz zu nehmen, hatte er auch schon nachgedacht. Sie würde ihm bestimmt den Gefallen tun, ruhig am Rand des Feldes zu sitzen und zu warten. Aber Max wusste, was dann passieren würde. Einige der Jungs waren dumm genug, ihre blöden Witze zu reißen. Und er selbst würde sich nicht wirklich auf das Spiel konzentrieren können, würde immer wieder zu Sina hinübersehen und sich ein Tor nach dem anderen einfangen.
    Er brauchte sein eigenes Leben, seine eigene Zeit! Warum verstanden Mama und Papa das nicht? Es war einfach zum Kotzen.
    Es klopfte leise an seiner Zimmertür.
    In diesem Haus gab es nur einen Menschen, der auf diese Art klopfte, und diesen Menschen wollte Max jetzt gerade gar nicht sehen. Also antwortete er nicht.
    »Max?«, fragte seine Schwester.
    »Komm rein«, sagte er, wischte sich die Augen ab und
schob sich mit dem Rücken gegen das Kopfteil des Bettes. Sie würde ja ohnehin nicht lockerlassen.
    Behutsam öffnete Sina die Tür, schlüpfte ins Zimmer, schloss die Tür wieder und blieb stehen.
    »Ich bin auf dem Bett. Komm her.« Er klopfte zweimal neben sich auf die Tagesdecke.
    Sina orientierte sich an dem Geräusch. Sie kannte sich in seinem Zimmer genauso gut aus wie in ihrem eigenen, steuerte geradewegs auf sein Bett zu, kroch zu ihm und lehnte sich ebenfalls an. Sie trug ihr weißes Sommerkleid mit dem Blumenmuster und natürlich die Haarbänder um die Zöpfe.
    »Sie können nichts dafür, oder?«, sagte Sina leise, während es unten polterte und Vater schimpfte. »Es ist nur wegen Papas Arbeit und dem Geld, oder?«
    »Ja, genau«, sagte Max, obwohl er sich da nicht so sicher war. Immerhin zwang ja niemand seine Eltern dazu, Alkohol zu trinken.
    »Du hast geweint«, stellte Sina fest.
    Darauf sagte Max nichts. War ja klar, dass sie es sofort bemerken würde. Mitunter war eine blinde kleine Schwester wirklich nervig.
    »Warum?«, fragte sie und ließ dabei einen Zopf durch die Finger ihrer rechten Hand gleiten.
    »Ist doch egal«, sagte er und hörte dabei, wie sehr seine Stimme von Wut und Traurigkeit verzerrt war.
    Der Zopf glitt wieder und wieder durch ihre Hand. Eine ihrer Marotten, die ihn aber überhaupt nicht störte. Diese gleitende, harmonische Bewegung hatte etwas Beruhigendes. Sina schien stets in sich selbst zu ruhen, wenn sie es tat.
    »Ist nicht egal. Du hast Papa gefragt, ob du zum Fußball darfst, oder?«

    »Warum fragst du, wenn du es sowieso schon weißt.«
    Darauf ging Sina nicht ein. Sie saß schweigend neben ihm, ihre warme Schulter an seiner, und Max wünschte sich, dass sie einfach noch ein paar Stunden so dasitzen könnten. Hier im Zimmer herrschten wenigstens Ruhe und Frieden. Aber Sina erfüllte ihm diesen Wunsch nicht. Sie musste einfach immer reden.
    »Es ist meine Schuld.«
    »Was

Weitere Kostenlose Bücher