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Blinder Instinkt - Psychothriller

Titel: Blinder Instinkt - Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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seinem Hals herunter. »War ja nicht anders zu erwarten«, versuchte er sich in Flapsigkeit, was aber völlig misslang.
     
    »Da ist er ja, der kleine Ausreißer«, sagte sein Vater betont langsam, um seine alkoholgelähmte Zunge besser kontrollieren zu können. Mit Jogginghose und weißem Unterhemd bekleidet, baute er sich vor seinem Sohn auf, öffnete und schloss krampfartig die Hände. »Bist ein kleiner Verpisser, was? Brockst uns diese Scheiße hier ein und haust dann einfach ab. Hast nicht mal den Mumm, hier deinen Mann zu stehen.«
    Jetzt wurde er wieder lauter und schneller, seine Zunge überschlug sich bereits.
    Max heulte. Unter seinen Tränen klang seine Stimme ähnlich wie die seines betrunkenen Vaters. »Ich wollte doch nur nach Sina suchen, nach meiner Schwester … Ich wäre wiedergekommen, aber ich musste wenigstens nach ihr suchen.«
    Die erste Backpfeife sah er nicht mal kommen. Sie landete seitlich an seinem Kopf und bescherte ihm sofort ein Klingeln im Ohr.
    »Du hättest auf sie aufpassen sollen, dann müsste jetzt niemand nach ihr suchen!«, schrie sein Vater.
    Die zweite Backpfeife sah er kommen und wich ihr aus. Sein Vater stolperte im Schwung nach rechts mit der Schulter gegen den Kühlschrank, der mächtig ins Wanken geriet. Die Wut in seinen Augen war unbeschreiblich.

    »Komm sofort hierher«, knurrte er.
    »Nein«, sagte Max so fest er konnte. Seine Tränen waren plötzlich versiegt, nur in seiner Stimme klangen sie noch ein wenig nach.
    »Wie bitte?«
    »Hör auf mich zu schlagen«, sagte Max.
    Sein Vater kam auf ihn zu. »Sonst was?« Er holte bereits wieder aus, diesmal mit geschlossener Faust. Es war ein blindlings geführter Schlag, der irgendwo treffen und Schmerzen verursachen sollte.
    Max aber brauchte nur einen kleinen Schritt nach hinten zu machen, und die Faust wischte an ihm vorbei. Durch den Alkohol ohnehin wackelig auf den Beinen, geriet sein Vater jetzt richtig ins Trudeln, wurde diesmal aber nicht vom Kühlschrank gestoppt, sondern torkelte seitlich an Max vorbei durch die Küche. Max bewegte sich instinktiv. Er schubste seinen Vater so kräftig von hinten, dass der mit der Hüfte gegen den Küchentisch schleuderte, ihn vor sich herschob, seitlich daran abrutschte und wild mit den Armen rudernd zwischen den Stühlen zu Boden ging. Das alles machte einen Höllenlärm, zusätzlich schrie sein Vater noch laut auf, als er sich den Kopf an der scharfen Ecke des Holzstuhls aufschlug. Die Haut am Haaransatz platzte auf und Blut quoll hervor. Viel Blut.
    Max blickte auf seinen Vater hinab. Da lag der große, starke Mann rücklings auf dem Boden, hielt eine Hand an seine Stirn gepresst und war nicht mal mehr in der Lage, ein vernünftiges Wort herauszubringen. Er brabbelte irgendwas vor sich hin. Sein Blick war plötzlich glasig, so als sei er weggetreten.
    Von dem Lärm aufgeschreckt erschien seine Mutter im
Türrahmen zur Küche. Wirr stand ihr struppiges Haar vom Kopf ab. Entsetzen entstellte ihr Gesicht.
    »Was hast du getan!«, kreischte sie in den Raum hinein, stieß Max zur Seite und ging neben ihrem Mann auf die Knie. »O Gott, O Gott, was hast du nur getan … Er stirbt, er stirbt mir hier weg!«
     
    Max brach ab und betrachtete seine Hände, als hätte er sie noch nie gesehen. Dabei spürte er Kolles Blick.
    »Verfluchte Scheiße!«, sagte der leise und schüttelte den Kopf. »Was ist das für eine furchtbare Geschichte.«
    Dann stand er auf, nahm eine Packung fettarme Milch aus dem Kühlschrank, zwei Gläser aus dem Schrank darüber, kehrte damit an den Tisch zurück und füllte beide Gläser.
    Max nickte, dann tranken sie beide.
    Kolle setzte sein Glas als Erster ab und wischte mit dem Handrücken den Milchbart ab.
    »Hör zu«, sagte er, »von dem Verschwinden deiner Schwester wusste ich bereits …«
    »Du wusstest davon!?« Max war überrascht.
    »Na, was denkst du denn? Ich musste doch Erkundigungen einziehen über diesen Rüpel, der damals zu mir in den Club kam und sich für unbesiegbar hielt. Ich musste doch wissen, auf wen ich mich da einließ, aber … Na ja, ich hab mir eigentlich nie weiter Gedanken über diese Sache gemacht, habe nicht einmal annähernd begriffen, wie grausam das für dich gewesen sein muss … und vielleicht sogar heute noch ist. Versteh mich bitte nicht falsch, ich bin froh, dass du es endlich getan hast, aber warum erzählst du es mir ausgerechnet heute?«
    Max sah seinen Trainer an. »Weil ich deine Hilfe brauche in dieser Sache«,

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