Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
danebengestanden und zugesehen.
»Ich kann nicht glauben, wie knapp du mit dem Leben davongekommen bist, Berry«, hatte sie mit tränenerstickter Stimme gesagt.
Auch Dodge war die Vorstellung, dass Starks’ Kugeln seine Tochter nur um Haaresbreite verfehlt hatten, mächtig an die Nieren gegangen. Wäre es ihr nicht gelungen, hätte Carolines Anruf in der vorletzten Nacht einen gänzlich anderen Anlass gehabt. Aber vielleicht hätte sie sich auch gar nicht die Mühe gemacht, es ihm zu sagen. Allein der Gedanke daran war unerträglich.
Danach war Berry so erschöpft gewesen, dass sie darum gebeten hatte, das Gespräch über sie und Lofland ein andermal fortzusetzen. »Ich weiß ja, dass ich es erklären muss, aber kann das vielleicht warten, bis ich mich ein bisschen ausgeruht habe?«, hatte sie gefragt.
Er und Caroline hatten zugesehen, wie sie sich die Treppe hinaufgeschleppt hatte. Sie war ins Gästezimmer gegangen – vermutlich weil die Erinnerungen an das Geschehene in ihrem eigenen Zimmer noch zu lebendig waren, um dort Ruhe zu finden.
Kaum war sie außer Hörweite gewesen, hatte Caroline sich ihm zugewandt. »Was du von Amanda Lofland erfahren hast, hat keinerlei Bedeutung für das, was sich hier abgespielt hat«, hatte sie abwehrend gesagt.
»Das habe ich auch nicht behauptet.«
»Aber du hast es angedeutet.«
»Nein, das stimmt nicht.«
»Ich kenne dich, Dodge. Du bist von Natur aus skeptisch. Wie kommt es, dass du Amanda Loflands Aussage über die deines eigenen Kindes stellst?«
Er hatte Caroline am Arm gepackt und sie durchs Wohnzimmer in die Küche bugsiert, damit Berry seine wütende Stimme im Gästezimmer nicht hören konnte. Er hatte sie hineingeschoben, die Tür hinter sich geschlossen und sich zu ihr vorgebeugt.
»Wann immer dir etwas besonders wichtig ist oder du mich daran erinnern willst, dass ich Berry gefälligst blind vertrauen soll, kommst du mit dieser Mein-eigen-Fleisch-und-Blut-Nummer an. Dabei warst du am Tag ihrer Geburt ganz und gar nicht begeistert davon, dass sie genau das ist.«
»Willst du mir daraus etwa einen Vorwurf machen?«
»Nein, Caroline, das will ich nicht, und das habe ich auch nie getan. Du warst im Recht. Ich im Unrecht. Und ich habe es zugegeben.«
»Aber das war nicht genug.«
»Als wüsste ich das nicht.« Sie hatte ihn wütend angefunkelt. Mit einem Anflug von Befriedigung hatte er registriert, dass sie diejenige war, die als Erste den Blick abwandte. »Vermutlich solltest du dich innerlich vorbereiten«, hatte er nach einem kurzen Moment mit leiser Stimme gesagt.
»Worauf?«
»Auf den Fall, dass Berry dir gegenüber vielleicht nicht ganz so aufrichtig war, wie du denkst.« Sie hatte etwas erwidern wollen, doch er hatte sie mit einer knappen Geste zum Schweigen gebracht. »Genau das ist es doch, was dir solche Angst macht, stimmt’s, Caroline? Das hast du heute Nachmittag in der Teestube gesagt.«
»Ich habe gesagt …«
»Ich habe dich gefragt, wo das Problem liegt, und deine Antwort darauf war, Berry sei mir sehr ähnlich. Du wusstest genau, dass ich aus keinem anderen Grund geblieben wäre. Denn wir wissen beide, dass die Gene, die sie von mir geerbt hat, ziemlich hässlich sein können, wenn sie an die Oberfläche kommen. Ich werde ihr da raushelfen, aber es kann sein, dass der Weg dorthin gelinde gesagt alles andere als angenehm wird.« Und damit hatte er sich zum Gehen gewandt.
»Wo willst du hin?«
»In die Stadt.«
»Weswegen?«
»Ich brauche eine Unterkunft. Und wenn ich ein Zimmer gefunden und meine Sachen abgestellt habe, sehe ich mich ein bisschen um. Vielleicht schnappe ich ja irgendetwas Brauchbares auf.«
»Und wann kommst du wieder?«
»Weiß ich nicht.«
»Sei rechtzeitig zum Abendessen hier.«
Er hatte innegehalten und sie angesehen. Leise Besorgnis hatte in ihrem Blick gelegen, so als hätte sie Angst, dass er möglicherweise doch nicht wieder zurückkommen würde. Einen Moment lang hatte ihm die Frage auf der Zunge gelegen, ob sie überhaupt wollte, dass er es tat und, falls ja, wie wichtig es ihr war.
Doch dann hatte er sich mit einem knappen »Wenn etwas passiert, hast du ja meine Nummer« begnügt und war gegangen. Doch sie hatte ihn nicht angerufen, deshalb ging er davon aus, dass es nichts Neues gab.
Sie hatte sich inzwischen umgezogen und trug eine weiße knöchellange Hose und ein gelbes T-Shirt, unter dem sich die Umrisse ihres BH s abzeichneten. Sie hatte ihre Brüste stets als zu klein empfunden, doch für
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