Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
verraten, wer es ist.«
»Wieso nicht?«
»Weil ich damit ihr Vertrauen verraten würde.«
»Hat Daddy ihn je kennengelernt? Dodge, meine ich.«
Caroline lachte. »Du meine Güte, nein. Kannst du dir die beiden zeitgleich in einem Zimmer vorstellen?«
Berry lächelte. Ihr Dad war ein schlanker, nicht allzu großer Mann gewesen, dessen würdevolles Auftreten jedoch über seine mangelnde Körpergröße hinweggetäuscht hatte. Er war gepflegt, kultiviert und sanftmütig gewesen, ein Mann der leisen Töne. Und somit das genaue Gegenteil von Dodge Hanley.
»Ich habe niemandem von dem Ärger erzählt, den meine Freundin am Hals hatte, nicht einmal Jim. Es war das blanke Chaos und schrecklich peinlich.«
»Ein untreuer Ehemann?«
»Ich kann nur so viel verraten, dass sie völlig verzweifelt war, sonst hätte sie nie und nimmer die Dienste eines Privatdetektivs in Anspruch genommen.«
Berry dachte einen Moment über die Worte ihrer Mutter nach. »Ist das der Grund, weshalb du jetzt seine Dienste in Anspruch nimmst?«, fragte sie leise. »Empfindest du meine Situation auch als verzweifelt?«
»Noch nicht. Weil er verhindern wird, dass es so weit kommt.«
»Er ist ein Mann, der weiß, wie man sich durchsetzt.«
»Davon kann man ausgehen.«
»Er ist respektlos, lässt sich von Autoritäten nichts sagen und überschreitet gnadenlos jede Grenze.«
»Ich bezweifle, dass er sich an Gesetze und Vorschriften hält.«
»Er ist ein ungehobelter Klotz.«
»Du hättest ihn mal in Mabel’s Teestube sehen sollen.«
Berry lachte. »Du warst in einem Teesalon mit ihm?«
»Irgendwo musste ich mich schließlich mit ihm treffen.« Caroline dachte einen Moment nach. »Aber im Grunde hat er sich besser geschlagen, als man annehmen würde.«
»Eigentlich ist er ganz süß«, meinte Berry. »Wenn man auf den schrofferen Typ steht.«
»So habe ich ihn noch gar nicht gesehen.«
Berry stieß ihre Mutter spielerisch an. »Komm schon, gib’s zu, du findest ihn auch süß. Los, gib’s zu.«
»Es gibt gewiss Frauen, die ihn attraktiv finden.«
Berry musste über die ausweichende Antwort grinsen, vor allem aber über Carolines verzweifelten Versuch, ihrer Tochter auszuweichen.
Nach einer angemessenen Trauerphase nach dem Tod ihres Dads hatte Berry ihre Mutter ermutigt, wieder auszugehen und sich mit Männern zu treffen; vor allem nach Carolines Umzug nach Merritt, wo die Leute sie nicht aus der Zeit als Jim Malones Ehefrau kannten. In Merritt gab es ziemlich viele Leute reiferen Alters, darunter auch eine ganze Reihe alleinstehender und wohlsituierter Männer, die für Caroline infrage kämen.
Aber Caroline hatte nichts davon hören wollen.
»Damit bin ich durch«, hatte sie gesagt, als Berry sie gedrängt hatte, sich doch wieder ins Getümmel zu stürzen. »Ich habe eine gute Ehe geführt und bin der Liebe meines Lebens begegnet. Ein weiteres Mal wird es das nicht für mich geben.«
Aber Berry hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, dass ihre Mutter eines Tages den Mann kennenlernen würde, der sie dazu bewegte, ihre Meinung zu ändern. Sie war bildschön, klug, nett und witzig. Sie hatte so viel zu geben, und Berry graute bei der Vorstellung, dass sie den Rest ihres Lebens allein verbringen müsste.
»Ich mag Dodge«, sagte Berry nun, halb in der Erwartung, dass ihre Mutter ihre klare Ansage infrage stellen würde.
Aber sie tat es nicht. Stattdessen trat ein ernster Ausdruck auf ihre Züge. »Wirklich?«, fragte sie.
»Ja, wirklich. Mit all seinen Ecken und Kanten. Und am meisten mag ich an ihm, dass er gar nicht erst versucht, sich für sie zu entschuldigen.«
»Dann bin ich ja froh. Ich habe nämlich beschlossen, ihn endgültig zu engagieren.«
Besorgt biss Berry sich auf die Unterlippe. »Seine Aufgabe besteht darin, Schadensbegrenzung zu betreiben, stimmt’s?«
»Unter anderem. Aber auch Ski könnte von seinen Fähigkeiten als Ermittler profitieren.«
»Sofern er sie in Anspruch nimmt.«
Caroline nickte nachdenklich. »Männer sind nun mal Platzhirsche, aber Ski scheint zu intelligent zu sein, als dass er Hilfe ablehnen würde, wenn er welche braucht.«
Berry zog einen Arm unter ihrem Kopf hervor und legte ihn über die Augen. »Diese Affäre mit Ben …«, sagte sie nach einem kurzen Moment.
»Du bist eine erwachsene Frau, Berry. Und definitiv über das Alter hinaus, in dem du mir Rechenschaft über deine Privatangelegenheiten schuldig bist.«
»Hört, hört«, sagte Berry und linste unter ihrem Arm hervor.
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