Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
wohingegen die hochgelobte Kampagne ihres Kollegen farblos und uninspiriert sei. »Was nur ein Beweis dafür ist, was für einen lausigen Geschmack der Kundenbetreuer hat«, hatte sie gezetert. »Und das Schlimmste ist, dass ich dem Kerl auch noch unterstellt bin. Mein Standing in der Firma ist von der Meinung dieses dämlichen Schwachkopfs abhängig.«
Caroline hatte versucht, sie zu beschwichtigen, doch Berry hatte sich geweigert, den Argumenten ihrer Mutter Gehör zu schenken. Und sie hatte Carolines Rat, sich von dieser Bagatelle nicht aus dem Konzept bringen und sie zu einem Hindernis für ihre weitere Arbeit werden zu lassen, vom Tisch gefegt.
»Du kniest dich mehr in deine Arbeit hinein als irgendjemand sonst in dieser Firma«, hatte Caroline gesagt. »Niemand ist so engagiert wie du. Du hast Talent, und irgendwann werden es die richtigen Leute schon merken, und all deine Mühen und deine Geduld werden belohnt werden.«
Doch Carolines wohlmeinende Worte hatten Berrys Wut nur noch weiter geschürt. Sie war zu ihrer Mutter gegangen, weil sie auf ihr Mitleid gehofft hatte, und nun bekam sie nichts als Binsenweisheiten aufgetischt. »Wenn ich ganz nach oben will, kann ich mir die Katzbuckeleien auch sparen und es gleich so machen wie du. Ich heirate einfach den Boss und Schluss.«
Bereits als die Worte über ihre Lippen gekommen waren, hatte sie gewusst, dass sie nicht wahr waren. Caroline hatte jahrelang bis spät in die Nacht geackert, an Feiertagen und an den Wochenenden Dienst geschoben. Ihren Erfolg hatte sie sich redlich verdient; er war das Ergebnis harter Arbeit, und sie hatte ihn ihrem Instinkt und nicht dem Nepotismus zu verdanken.
Außerdem war Berry bewusst gewesen, wie verletzend ihre Worte waren, und sie hatte sie bereut, sobald sie über ihre Lippen waren. Aber sie hatte sich nicht dafür entschuldigt. Stattdessen war sie aus dem Büro gestürmt und hatte ihre Mutter zurückgelassen, völlig verblüfft von diesem unerwarteten und unberechtigten Ausbruch, dessen Ursachen viel tiefer lagen, als ihre momentane Wut und Enttäuschung über eine kürzlich erlittene Niederlage ahnen ließen. Mit diesem Ausbruch hatte Berry ihren lang gehegten Groll gegenüber den Erfolgen ihrer Mutter preisgegeben.
»Als ich nach Hause gekommen bin«, sagte sie nun, »hat Oren schon auf mich gewartet.« Sie lachte freudlos. »Ich weiß noch genau, was ich damals gedacht habe – dass ich es wahrscheinlich nicht besser verdiente, nach dem, wie ich dich behandelt hatte. Er hatte mir etwas vom Chinesen mitgebracht und schimpfte mit mir, weil ich viel zu hart und lange arbeiten, nicht genug essen und nicht auf mich achtgeben würde. Ich war nicht in der Stimmung für noch mehr wohlwollende Ratschläge, schon gar nicht von ihm. Ich bin völlig ausgeflippt und habe ihn angeschrien, er soll sein beschissenes Hühnchenfleisch süß-sauer nehmen und verdammt noch mal von meiner Veranda verschwinden. Und dann habe ich ihm gedroht, die Polizei zu rufen, wenn ich ihn noch einmal hier erwische.« Berry hielt inne.
»Anfangs hat er herumgejammert, wie ich so grausam sein und ihm das Herz brechen und all seine Träume zerstören könnte. Ich habe mir das Ganze ein paar Minuten angehört und ihm dann an den Kopf geworfen, er sei die reinste Witzfigur. Alle würden über ihn lachen, vor allem die Frauen. Er sei ein Langweiler und eine Nervensäge und nicht ganz richtig im Kopf und dass ich nicht die Einzige sei, die so denkt. Er sei erbärmlich und widerlich und dass mir schlecht würde, wenn ich ihn nur sehen müsste.«
Sie rieb sich die Augen, als könne sie damit auch die Erinnerung aus ihrem Gedächtnis tilgen. »Ich muss einen wunden Punkt getroffen haben. Oder gleich mehrere, denn er ist komplett ausgeflippt. Vor meinen Augen hat er sich in die Oren-Starks-Version von Mr Hyde verwandelt. Eine derart dramatische Verwandlung habe ich noch nie außerhalb eines Kinosaals erlebt. Sein Gesicht lief dunkelrot an und war wutverzerrt, wie ich es noch nie bei einem Menschen gesehen habe, Mutter. ›Das kannst du nicht mit mir machen. Das habe ich nicht verdient!‹, hat er gebrüllt. Dann hat er den Karton mit dem Essen gegen meine Haustür geschleudert, der prompt aufging, sodass alles durch die Gegend gespritzt ist. Er hat mir die schlimmsten Schimpfnamen an den Kopf geworfen und grässliche Dinge zu mir gesagt, obszöne Dinge. Es sei kein Wunder, dass ich seine Zuneigung nicht erwidern würde, wenn Ben Lofland mich ficken würde,
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