Blinder Stolz: Thriller (German Edition)
»Spreche ich etwa nicht mit der Frau, die ständig irgendwelche Andeutungen macht, sie hätte gern Enkelkinder, bevor sie zu alt und tattrig ist, um noch mit ihnen spielen zu können?«
Caroline lächelte. »Ich wünsche mir nach wie vor Enkel. Aber«, fügte sie nachdrücklich hinzu, »ich verstehe auch, wie wichtig dir deine Karriere ist, weil mir meine auch immer sehr am Herzen lag. Und Karriere zu machen und gleichzeitig eine Familie zu gründen, kann erhebliche Probleme verursachen.«
»Ich schließe ja nicht aus, dass es eines Tages einen Ehemann und Kinder geben wird, Mutter. Wann immer ich Frauen in meinem Alter mit ein, zwei Knirpsen an der Hand und einem Mann an ihrer Seite sehe, der sie anschmachtet, beginnt meine biologische Uhr zu ticken. Das würde mir gefallen. Aber eines kann ich dir klipp und klar sagen: Ben Lofland war kein potenzieller Lebenspartner für mich. Er und ich haben ein paar harmlose Nächte miteinander verbracht. Unser Verhältnis ist definitiv nicht die Staatsaffäre, die Deputy Nyland daraus macht.«
»Er hat keine Staatsaffäre daraus gemacht.«
»Aber es fehlte nicht viel.«
»Es muss irgendeinen Grund geben, weshalb ihn die Sache so beschäftigt.«
»Den hat er dir doch genannt. Orens Motiv.«
Caroline warf ihr einen wissenden Blick zu – einen von der Sorte, die niemand so gut beherrscht wie Mütter.
»Was ist?«, fragte Berry.
»Nichts. Gar nichts. Egal.«
»Was ist?«
Caroline schüttelte den Kopf. »War nur so ein Gedanke, völlig abstrus. Wahrscheinlich ist gar nichts dran. Entschuldige, dass ich dich unterbrochen habe. Was sagtest du gerade?«
Verärgert, weil sie nur zu genau wusste, dass an ihrer Bemerkung mehr dran war, als Caroline zugeben wollte, nahm Berry den Gesprächsfaden wieder auf. »Ich weigere mich, das Büßerhemd anzuziehen, nur weil ich ein paarmal bei ihm über Nacht geblieben bin.«
»Die Affäre hätte bei Weitem keine solche Bedeutung, wenn du sie von Anfang an zugegeben hättest.«
»Das ist mir auch klar«, entgegnete Berry. »Ich hätte gleich die Wahrheit sagen müssen.«
»Wieso hast du es dann nicht getan?«
»Wegen Amanda. Ich wusste nicht, ob Ben ihr von uns erzählt hatte, habe aber vermutet, dass er es nicht getan hat. Ich wollte verhindern, dass sie sich mit einer uralten Affäre herumschlagen muss, wo sie schon genug damit zu tun hat, dass er angeschossen wurde und operiert werden musste. Ich hatte Angst, dass ich in ein Wespennest steche, wenn ich Deputy Nyland davon erzähle. Also habe ich nichts gesagt, um Amandas Gefühle zu schützen und Ben den Ärger mit der Frau zu ersparen, die er von ganzem Herzen liebt. So viel zu meinen guten Absichten, die mir regelrecht um die Ohren geflogen sind.«
»Ich kann dir nur ans Herz legen, Ski ab sofort nichts mehr zu verschweigen«, sagte Caroline leise.
Berry ließ ihren Arm sinken und sah ihrer Mutter in die Augen. »Du meinst also, ich soll ihm erzählen, dass ich Oren vorgestern angerufen habe?«
Caroline starrte sie entsetzt an. »Du hast ihn angerufen?«
»Ja, am Donnerstagnachmittag. Oren und ich haben mehrere Minuten miteinander geredet.«
»Das verstehe ich nicht. Du bist doch hergekommen, weil du ihm entgehen wolltest. Wieso um alles in der Welt hast du das getan?«
»Um mich zu entschuldigen.«
»Wofür, um Himmels willen?«
Berry rutschte auf die andere Seite des Bettes, schwang die Beine über die Kante und stand auf. Sie trat ans Fenster, um auf den See hinauszublicken, obwohl es zu dunkel war, um etwas anderes als ihr Gesicht in der Fensterscheibe zu erkennen.
»Dafür muss ich etwas ausholen«, sagte sie. »Erinnerst du dich … natürlich erinnerst du dich an diesen Tag«, sagte sie reumütig, »als ich so ausgeflippt bin?«
Caroline schwieg. Berry wandte sich zu ihr um. Ihre Mutter blickte auf ihre Hände. »Du warst aufgebracht, Berry. Was absolut nachvollziehbar war. Was du gesagt hast, war nicht ernst gemeint.«
»Hör auf, das Unentschuldbare zu entschuldigen, Mutter. An diesem Tag habe ich es sehr wohl so gemeint.«
Ein Delray-Kundenbetreuer hatte einem von Berrys Kollegen ein dickes Lob ausgesprochen und im selben Atemzug harsche Kritik an ihrer eigenen Arbeit geübt und all ihre Verbesserungsvorschläge vom Tisch gefegt.
Berry war gekränkt und wütend gewesen. Sie war ins Büro ihrer Mutter gefahren, wo sie eine geschlagene halbe Stunde lang ihrer Wut Luft gemacht hatte. Die Kritik an ihrer Arbeit sei absolut unfair gewesen, hatte sie getobt,
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