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Blindes Grauen

Blindes Grauen

Titel: Blindes Grauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Abercrombie
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meisten von ihnen fuhren zwanzig Jahre alte Chevys. »Können wir Ihnen irgendwie helfen, Officer?«, fragte einer von ihnen.
    Nein, keine Drogendealer. So redeten Drogendealer nicht. Außerdem hingen zwei hübsche Nadelstreifenanzüge in Reinigungssäcken auf dem Rücksitz. Evangelisten? Musiker? Sportler?
    Gooch ging langsam vorne um den Wagen herum und betrachtete ihn ausführlich. Die Sirenen wurden lauter, kamen näher.
    »Schöner Wagen«, sagte Gooch.
    »Danke, Sir.« Die Stimme des jungen Mannes war ausdruckslos, leicht misstrauisch, aber nicht wirklich respektlos. Der Junge hoffte einfach nur, aus der Sache rauszukommen, ohne mit gespreizten Armen und Beinen auf dem Boden zu liegen.
    »Wie heißt diese Farbe?«, fragte Gooch.
    Die jungen Leute sahen einander wieder an. »Opalisierend grün«, sagte der Fahrer.
    Gooch nickte. »Opalisierend.«
    Ein Streifenwagen raste mit Blinklicht auf der University vorbei.
    »Können wir etwas für Sie tun?«, fragte der junge Mann erneut.
    »Wieso so abwehrend, junger Mann?«, fragte Gooch.
    Der Beifahrer flüsterte seinem Freund etwas zu, wahrscheinlich ungefähr: »Mann, halt bloß die Schnauze!«
    »Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen, Sir«, sagte der Fahrer. »Und Sie mustern mich von oben bis unten. Ich möchte keineswegs respektlos erscheinen, Sir, aber ich wüsste doch gern, worin Ihr Verdachtsmoment besteht.«
    »Verdachtsmoment! Oh, ich verstehe, ich verstehe«, sagte Gooch. »Wir sind Anwälte, was?« Er konnte noch mehr Sirenen kommen hören. Er durfte die Jungs noch nicht vom Haken lassen.
    »Ich bin Jurastudent«, sagte der junge Mann. »Falls Sie das überhaupt etwas angeht.«
    Der Beifahrer sagte jetzt deutlich hörbar: »Halt. Die. Schnauze. Raymondo.«
    Gooch legte den Kopf schräg. »Sir, ich glaube, es handelt sich um ein Missverständnis. Ich bin Autonarr, ich frage nach der Farbe Ihres Wagens, und Sie kommen mir so. Muss das wirklich sein?«
    Der junge Mann starrte ihn an, die Hände deutlich sichtbar auf dem Steuer. »Können wir los? Oder halten Sie uns fest?«
    Zwei weitere Streifenwagen rasten die University entlang. Eine Menge Sirenen heulten. Schwer zu sagen, aus welcher Richtung sie kamen. War er schon in Sicherheit? Er durfte es nicht riskieren.
    »Sie festhalten? « Gooch kam um den Hummer herum und streckte seine Hand aus. »Ich möchte mich vorstellen. Ich heiße Hank Gooch.«
    Der junge Mann schüttelte ihm zögernd die Hand, die Finger locker. Der Blick nichtssagend, die Zähne aufeinander gebissen. »Raymondo Albertson.«
    »Freuen Sie sich darauf, als Anwalt zu arbeiten?«, fragte Gooch.
    Der junge Mann zuckte mit den Schultern. »Auf welchen Bereich wollen Sie sich spezialisieren? Kriminalrecht? Firmen? Prozessrecht? Was interessiert Sie?«
    »Wahrscheinlich Immobilien.«
    Immobilien. Plötzlich rührte sich irgendetwas ganz hinten in Gooch’ Hirn. »Das macht Ihnen Spaß?«
    »Was meinen Sie … was reden Sie denn da?« Raymondo hatte Mühe, sich zusammenzureißen.
    Der Beifahrer sagte wie ein Bauchredner, praktisch ohne seine Lippen zu bewegen: »Ray. Mon. Do! «
    »Ich rede über Leidenschaft«, sagte Gooch. »Glauben Sie, Sie werden jeden Morgen aufstehen voller begeisterter Vorfreude? Wegen Immobilien? «
    Raymondo Albertson starrte Gooch an. »Sir, mein Freund und ich waren im CD-Laden. Okay? Wir haben ein paar CDs gekauft.« Er streckte den Arm aus, hob eine Plastiktüte. »Wir haben keine Drogen im Wagen, wir haben keine Waffen bei uns, wir werden nicht gesucht, und wir stehen auch nicht im Halteverbot. Falls es also nicht in letzter Zeit untersagt wurde, Snoop Dogg zu hören, dann …«
    »Nein, hören Sie«, sagte Gooch. »Ich frage mich nur, haben Sie mal über eine Karriere bei der Verbrechensbekämpfung nachgedacht?«
    Die jungen Männer sahen einander wortlos an. Gooch senkte den Blick.
    Es war der offizielle Was-will-der-verrückte-Weiße-Blick, direkt aus der Anleitung.
    Gooch klatschte in die Hände. »Leidenschaft! Einsatz! Gesellschaftliche Notwendigkeit! Abenteuer! Glauben Sie, Sie können eine solche Befriedigung erreichen, wenn Sie in einem beige ausgeschlagenen Großraumbüro im neunundvierzigsten Stock in irgendeinem Wolkenkratzer in der City sitzen? Nie im Leben, verdammt! Im neunundvierzigsten Stock gibt es keine Abenteuer. Null. Nada.«
    »Sir …«
    Gooch ging hinüber zur Beifahrerseite, öffnete die Tür, stieg auf das Trittbrett. »Rutsch rüber«, sagte er.
    »Wie bitte?«, fragte der

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