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Blindes Vertrauen

Blindes Vertrauen

Titel: Blindes Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brown Sandra
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erfahrene Stratege. Er begutachtete jede Situation aus jedem nur möglichen Blickwinkel und fand unweigerlich die beste Lösung. Gemeinsam hätten sie das mächtigste Trio der Welt sein können.
    Wenn Gray bloß nicht auf Vanessa scharf gewesen wäre und sich ein Gewissen zugelegt hätte.
    Â»Verdammter Idiot«, murmelte Merritt, während er von der gepolsterten Liegebank glitt und nach einem Handtuch griff. Als er sich Gesicht und Nacken abwischte, klopfte jemand an. »Herein!«
    Ein Secret-Service-Agent öffnete die Tür. Neben ihm stand Gray Bondurant.
    Â»Mr. President«, sagte der Agent lächelnd, »ich habe eine Überraschung für Sie.«
    Merritt setzte ein breites Grinsen auf, das ihm wie ein Riß vorkam, der durch eine Betonplatte ging. »Gray! Mein Gott, Mann, ist das ’ne Überraschung!«
    Auch Gray lächelte, aber sein Blick wurde dadurch wie üblich keineswegs wärmer. »Ich bin einfach vorbeigekommen,
weil ich gehofft habe, du hättest einen Augenblick Zeit für mich.« Er musterte Merritt anerkennend. »Die Nation kann beruhigt schlafen. Du siehst fit genug aus, um mit allen inneren und äußeren Feinden allein fertig zu werden.«
    Sie schüttelten sich die Hand und klopften sich gegenseitig auf den Rücken, als wären sie immer noch die besten Freunde. Der Secret-Service-Agent hatte keine Ursache, an der Herzlichkeit ihrer Begrüßung zu zweifeln. Alle Gerüchte über ein Zerwürfnis zwischen den beiden waren nachdrücklich dementiert worden. Als Gray das Weiße Haus verlassen hatte, war ihre Freundschaft angeblich so eng wie immer – vielleicht sogar noch enger, weil Grays Rettungsunternehmen so spektakulär erfolgreich gewesen war.
    Merritt mußte seine gesamten schauspielerischen Fähigkeiten aufbieten, um seinen Zorn zu tarnen. Das war wieder eine Meisterleistung! Hatte er nicht gerade daran gedacht, was für ein erfahrener Stratege Gray war? Dieser Besuch war ein sorgfältig geplanter Überfall, der ganz harmlos wirkte. Der Prophet war geradewegs zum Berge gekommen: unangemeldet und entwaffnend. Das Personal des Weißen Hauses kannte ihn gut und würde nicht mißtrauisch sein. Er war gekommen, um seinen Kumpel, den Präsidenten, zu besuchen – wie nett von ihm!
    Am meisten ärgerte sich Merritt darüber, daß er Grays Spiel mitspielen mußte – zumindest so lange, bis er wußte, worauf der andere hinauswollte. Als sie allein waren, trat er an die Saftbar. »Was darf ich dir anbieten?«
    Â»Was du trinkst.«
    Merritt goß zwei Gläser Orangensaft ein. »Verdammt schön, dich mal wiederzusehen«, sagte er, als sie miteinander anstießen.
    Â»Laß dich nicht beim Training stören.«
    Â»Ich wollte gerade Schluß machen. Ich halt’ nicht mehr
soviel aus wie früher«, sagte er mit einer Grimasse, die seine Leistung herabsetzte.
    Â»Das bezweifle ich.«
    Â»Stört es dich, wenn ich in den Whirlpool gehe?«
    Â»Durchaus nicht.«
    Merritt streifte seine Shorts ab und ließ sich in das wirbelnde, perlende Wasser gleiten, aus dem eine Dampfwolke aufstieg. »Ahhh, wunderbar! Willst du auch reinkommen?«
    Â»Nein, danke.« Gray zog einen Liegestuhl an den Rand des Whirlpools und setzte sich hinein.
    Â»Dein Haar ist grauer geworden.«
    Â»Vererbung«, antwortete Gray. »Hab’ ich dir nie erzählt, daß mein Vater vorzeitig grau gewesen ist?«
    Im Grunde genommen hatte Gray Bondurant sich nicht verändert. Sein Körper war noch immer hart und straff, sein Gesichtsausdruck noch immer resolut. Der Mann, der aus eigener Kraft aus einer Wohnwagensiedlung ins Weiße Haus gelangt war, empfand sehr selten Neid, doch Neid war der Grund für seinen Haß auf Gray.
    Er sah besser aus als Gray. Vermutlich war er sogar intelligenter. Und körperlich war er ebenso stark.
    Aber in Gray steckte ein stahlharter Kern Rechtschaffenheit und Selbstbewußtsein, der ihm gestattete, jedem anderen unverwandt ins Auge zu blicken. Schon in der guten alten Zeit, bei der Marineinfanterie, vor ihrer Entfremdung, hatte Merritt nach längerem Blickkontakt mit Gray immer als erster wegsehen müssen. Es ärgerte ihn, wie gut Gray Ehre und edle Gesinnung anstanden. Er verachtete ihn wegen seiner Prinzipien, während er ihn insgeheim um die zusätzliche Kraft beneidete, die sie ihm verliehen.
    Â»Fett

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