Blindes Vertrauen
Notwehr gewesen, aber dafür haben wir nur sein Wort. Er liebt eine Frau, die er niemals kriegen kann. Auf seiner Ranch haust er wie ein Einsiedler, was komisch und irgendwie unheimlich ist.
Auch wenn er nebenan wohnen würde und der engagierteste Mitbürger des Jahres wäre, hätte er kein Geheimnis aus seiner Meinung von mir gemacht: daà ich eine wandelnde Kalamität, eine Katastrophe kurz vor dem Ausbruch bin. Jedenfalls ist dieses ganze Gespräch sinnlos, weil er mich nicht interessiert, und auÃerdem ist er ohnehin verschwunden. Okay?«
»Wie lange hat es gedauert, bis du beim ersten Mal mit ihm im Bett gelandet bist?«
»Ungefähr neunzig Sekunden.«
»Himmel, Barrie!«
»Ich weiÃ, echt professionelles Verhalten, aber nur, wenn man eine Nutte ist.« Sie seufzte. »Da meine Karriere als Journalistin
beendet ist, sollte ich vielleicht daran denken, Sinnesfreuden zu verkaufen.«
»Du als Nutte?« Daily kicherte in sich hinein. »Das möchte ich sehen!«
»Fürs Zusehen müÃte ich leider extra was verlangen.« Sie schwang ihre Beine über den Rand des Feldbetts. »Dieses Gespräch, das ich in der Hoffnung begonnen habe, es würde meine Lebensgeister wecken, hat mich noch deprimierter gemacht. Ich gehe jetzt unter die Dusche.«
»Eine Dusche kuriert nicht, was dich plagt.«
»Na, ich duschâ mich trotzdem.« Sie wühlte frische Unterwäsche aus einer Einkaufstasche. Während sie die Preisschilder abschnitt, sagte sie: »Hätte ich einen Wunsch frei, Daily, würde ich mir wünschen, mein Leben mit dem Tag fortsetzen zu können, an dem Vanessa Merritt mich angerufen und zum Kaffee eingeladen hat. Ich würde dankend ablehnen.«
»Du bist also jetzt der Ãberzeugung, der Kleine sei einen plötzlichen Kindstod gestorben und alles andere sei nur das Ergebnis deiner übereifrigen Phantasie und deines schlechten Urteilsvermögens?«
Sie sah ruckartig zu ihm auf. »Du etwa nicht?«
Â
»Du siehst blendend aus!« Senator Armbruster schloà Vanessa in die Arme und drückte sie an sich. »Ich kann dir nicht sagen, wie schön es ist, dich zu sehen.«
»Ich freue mich auch, dich zu sehen, Daddy.« Sie erwiderte seine Umarmung, aber er spürte ihre Ruhelosigkeit und gab sie frei. Ihr Lächeln strahlte wie ein Brillantring für zehn Dollar und war noch falscher. »Ich habe mich heute morgen im Spiegel gesehen. Ich glaube nicht, daà ich das Wort blendend für mich gebrauchen würde.«
»Du bist gerade erst nach wochenlanger Krankheit aufgestanden.
Was kannst du da erwarten? Aber verlaà dich darauf, du bekommst bald wieder Farbe.«
Die drei saÃen bei einem kontinentalen Frühstück in Vanessas Privaträumen. Obwohl Vanessa nach Cletes Ãberzeugung bestimmt kein Koffein brauchen konnte, war sie bei ihrer zweiten Tasse Kaffee. »Vielleicht solltest du ein paar Wochen daheim verbringen«, schlug er vor. »Du könntest in der Sonne faulenzen, jeden Tag richtig ausschlafen und mit der guten Südstaatenküche ein paar Pfund zulegen. Was hältst du davon, David? Sollen wir sie nach Mississippi verfrachten?«
Sein Schwiegersohn hatte sein bestes Wahlkampflächeln aufgesetzt. Er muÃte es vor dem Spiegel eingeübt haben. »Ich habe sie eben erst zurückbekommen, Clete. Ich fände es schlimm, wenn sie gleich wieder wegführe. AuÃerdem geht es ihr von Tag zu Tag besser. George hat wahre Wunder vollbracht.«
Was Dr. Allan betraf, war der Senator anderer Meinung als sein Schwiegersohn. »Vorletzte Nacht hat er wie ein verdammtes Häufchen Elend ausgesehen.«
Vanessa war an ihren Toilettentisch getreten, um Ohrringe anzuprobieren. »Welche soll ich tragen?« fragte sie, drehte sich zu ihnen um und hielt zwei verschiedene Ringe an ihre Ohren. »Wahrscheinlich sind die Perlen am besten, findest du nicht auch, Daddy?«
»Die Perlen sind in Ordnung.«
»Sie haben Mutter gehört.«
»Ja, ich weiÃ.«
»WeiÃt du noch, Daddy, wie du sie mich im vorletzten Jahr an der High-School zum Schulball hast tragen lassen? Ich habe einen verloren, und du hast dich darüber aufgeregt. Aber ich bin am nächsten Tag in die Turnhalle zurückgegangen und habe gesucht, bis ich den Ohrring gefunden hatte. Mein Ballkleid war rosa. Du hast einen Anfall bekommen, weil du dachtest,
die Schneiderin habe
Weitere Kostenlose Bücher