Blindlings
bißchen früh am Tag. Touristen sind selten vor neun auf den Beinen.«
Diese Entwicklung hatte ich nicht vorausgesehen.
Verdammt, Cooke hatte recht, ich war außer Übung.
Fahrspuren im Obyggdir sind selten, und daher war es nicht schwierig, sie von der Luft aus zu verfolgen und über Funk die Richtung anzugeben. Die Tatsache, daß mein Land-Rover einen weiten Radabstand hatte, machte es noch einfacher.
Allzu viele Wagen dieses Typs gab es hierzulande nicht.
Das Flugzeug beendete seinen Rundflug über dem Krater, stieg und drehte nach Nordwesten ab. Ich behielt es im Auge, bewegte mich aber nicht. »Meinst du, die haben uns gesehen?«
fragte Elin. »Das weiß ich auch nicht. Hör auf, Fragen zu stellen, die ich doch nicht beantworten kann - und rühr dich nicht. Vielleicht kommt es noch mal zurück.« Ich wartete weitere fünf Minuten, während ich fieberhaft überlegte, was als Nächstes zu tun war. Von einem erfrischenden Bad im See konnte keine Rede mehr sein, soviel war sicher. Die Askja war selbst für isländische Verhältnisse sehr abgelegen, doch hatte sie einen gewaltigen Haken - der Fahrweg in den Krater zweigte vom Hauptweg ab und war eine Sackgasse. Wenn jemand die Ausfahrt aus dem Krater blockierte, gab es kein Vorbeikommen, jedenfalls nicht mit unserem Land-Rover. Und über einen Fußmarsch machte ich mir keine Illusionen. Im Öbyggdir kann man sich auf diese Weise urplötzlich in eine Leiche verwandeln.
»Wir müssen machen, daß wir wegkommen.« »Was ist mit dem Frühstück?« »Das kann warten.« »Und die Antenne?«
Ich zögerte. Wir brauchten diese Antenne. Ich mußte mit Taggart reden – aber falls man uns von der Luft aus entdeckt hatte, dann raste jetzt womöglich ein Wagen voller Gewehre auf die Askja zu, und wir hatten keine Zeit mehr zu verlieren.
Die Antenne lag entweder hier ganz in der Nähe herum oder sie war schon beim Fahren heruntergefallen und somit kilometerweit entfernt. Ich faßte einen Entschluß. »Zum Teufel damit. Bloß weg von hier.«
Wir brauchten nur die Kaffeetassen und das Rasierzeug einzupacken. Zwei Minuten später rumpelten wir den schmalen Fahrweg hinauf in Richtung des Ausgangs der Caldera. Bis zum Hauptweg waren es zehn Kilometer, und als wir dort ankamen, brach mir der Angstschweiß aus bei dem Gedanken, was uns da erwarten würde. Aber nichts rührte sich. Ich bog nach rechts ab, und wir fuhren in südlicher Richtung weiter.
Eine Stunde später hielt ich an einer Weggabelung. Zu unserer Linken floß der Jökulsá á Fjöllum, der hier schon nahe der Quelle war und nicht so breit wie am Dettifoss. »Laß uns hier frühstücken«, schlug ich vor. »Warum gerade hier?«
Ich deutete auf die Kreuzung. »Wir haben drei Alternativen
– wir können zurückfahren oder einen der beiden Wege vor uns einschlagen. Falls das Flugzeug zurückkommt, um uns ausfindig zu machen, dann lieber hier als anderswo. Es kann ja nicht bis in alle Ewigkeit dort oben rumkurven. Am besten warten wir, bis es weg ist, bevor wir weiterfahren.«
Während Elin Frühstück machte, untersuchte ich Grahams Gewehr. Ich entlud es und sah in den Lauf. Eine gute Waffe durfte man eigentlich nicht so behandeln - man sollte sie nach dem Schießen reinigen. Zum Glück hat das moderne Schießpulver keine so zersetzende Wirkung wie früher, und man kann es sich schon mal leisten, das Gewehr erst einen Tag später zu putzen. Ich hatte sowieso weder Gewehröl noch ein Reinigungsmittel bei mir. In diesem Fall mußte Motoröl dafür herhalten. Nachdem ich das Gewehr gereinigt hatte, zählte ich die Munition. Graham hatte fünfundzwanzig Patronen geladen.
Er hatte einen Schuß abgegeben, und ich selber drei auf Cooke
- blieben einundzwanzig übrig. Ich stellte das Visier auf hundert Yards ein; auf eine größere Distanz mußte ich im Ernstfall wahrscheinlich nicht schießen. Nur Filmhelden greifen nach fremden Waffen mit unbekannter Munition und treffen auf fünfhundert Meter Entfernung todsicher ins Schwarze.
Ich legte das Gewehr griffbereit neben mich, was mir einen mißbilligenden Blick von Elin eintrug. »Was soll ich denn sonst tun?« verteidigte ich mich. »Vielleicht mit Felsbrocken um mich schmeißen?« »Ich hab ja nichts gesagt.«
»Nein, stimmt«, pflichtete ich bei. »Ich gehe jetzt zum Fluß runter, um mich endlich zu säubern. Ruf mich, wenn du fertig bist.«
Aber zuerst kletterte ich auf einen kleinen Erdhügel, von wo aus ich die Umgebung überblicken konnte. So weit ich sehen
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