Blindwütig: Roman
nicht erwartet. Es war deutlich luxuriöser, als es im dicht besiedelten Laguna Beach üblich war, was dafür sprach, dass der Besitzer Reichtum und Macht besaß. Weder ich noch Penny hatten es über uns gebracht, Waxx zu foltern, um ihm irgendwelche Informationen zu entlocken. Deshalb waren wir zu seinem Haus gefahren, weil wir hofften, hier Unterlagen und andere Hinweise zu entdecken, die Auskunft über seine Absichten und die Gruppierung mit dem Armsymbol gaben.
Irgendwann in den letzten Stunden hatte man Waxx natürlich vermisst und sich auf die Suche nach ihm gemacht. Aber seine Komplizen erwarteten sicherlich, ihn irgendwo im Norden zu finden, und konnten sich nicht vorstellen, dass er gekidnappt und mit einer zwölfstündigen Marathonfahrt nach Laguna Beach geschafft worden war.
Dennoch fuhren wir erst einige Male an seinem Haus vorbei, um festzustellen, ob man uns erwartete. Alles sah ruhig aus.
Hinter keinem Fenster brannte Licht.
Ich drückte auf die Fernbedienung an Waxx’ Schlüsselbund, worauf sich das Tor einer der beiden Doppelgaragen öffnete, und Penny lenkte den Hummer hinein. Ich ließ das Tor wieder herunter.
Da wir erwartet hatten, dass ein Alarm ausgelöst wurde, sobald wir in die Garage fuhren, hatte ich mich darauf vorbereitet, rasch die Tür ins Haus aufzuschließen und mich nach der Steuerung der Alarmanlage umzusehen, die sich dahinter befinden musste. Mit dem Code, den wir in der Geldbörse gefunden hatten, hätte ich sie außer Funktion setzen können, doch das war gar nicht nötig. Keinerlei Alarmsignal ertönte.
Nachdem wir ausgestiegen waren, blieben wir etwa eine Minute lang mucksmäuschenstill in der Garage stehen und lauschten, ob jemand sich im Haus näherte. Auch das war nicht der Fall.
Der angekettete Waxx würde noch für eine ganze Weile bewusstlos bleiben, und wir beschlossen, ihn im Wagen liegen zu lassen, während wir uns im Haus umsahen. Sobald wir irgendwelche interessanten Unterlagen oder einen Safe gefunden hatten, mussten wir ihm eventuell richtig Angst machen, damit er uns ein paar Fragen beantwortete.
Ich schloss die Tür zum Haus auf, dann zogen Penny und ich unsere Waffen, nahmen Milo in die Mitte und drangen durch einen Flur in die Küche vor. Dabei schalteten wir überall das Licht an.
Die Küche war ebenso riesig wie ungemütlich. Ihre professionelle Ausstattung wies darauf hin, dass hier regelmäßig eine ganze Catering-Crew arbeitete. Sämtliche Geräte waren aus blankem Edelstahl, die Arbeitsflächen und Schränke ebenfalls. Ein Obduktionsraum im Leichenschauhaus konnte nicht kälter aussehen als diese Küche.
Von hier aus pirschten wir uns weiter durch ebenso leblos wirkende Wohnräume. Überall waren die Polsterbezüge in Schwarz- und Silbertönen gehalten, der Teppichboden war grau, und die Kunstwerke an der Wand waren so geometrisch, als wären sie von Maschinen gemalt worden.
Schließlich betraten wir einen großen Raum, in dem es weder Möbel noch Bilder gab. Wahrscheinlich sollten der schwarze Granitboden, die grauen Wände und die indirekte Beleuchtung ein beruhigendes Ambiente erzeugen, doch ich fühlte mich bei diesem Anblick nur leer. Neigte man zu Verzweiflung, so war dieser Ort bestens dazu geeignet, sie innerhalb kürzester Zeit herbeizuführen.
Im Zentrum dieses Raumes stand reglos die Frau, die auf den Fotos im Portemonnaie von Shearman Waxx abgebildet war. Sie sah aus, als würde sie meditieren oder Zwiesprache mit der Dunkelheit halten.
Inzwischen war sie älter als auf dem neuesten Foto, mindestens Mitte siebzig. Sie war noch immer eine stattliche Erscheinung, allerdings hagerer, als ich sie mir vorgestellt hatte, groß gewachsen und storchenähnlich.
An ihrem maßgeschneiderten Kostüm - langer schwarzer Rock, graue Jacke, graue Bluse - und ihrem einfachen, aber edlen Diamantcollier war zu erkennen, dass sie stolz auf ihre Erscheinung war.
Wären ihre Augen nicht offen und äußerst wachsam gewesen, so hätte man sie für eine mumifizierte, sorgsam präparierte Leiche halten können.
»Was habt ihr mit meinem Shearman gemacht?«, fragte sie. Ihre Stimme war stark und gebieterisch, die Intonation abgehackt.
»Der liegt betäubt und angekettet in einem Hummer in der Garage«, erwiderte ich.
Ihr Blick wanderte von einer Pistole zur anderen. »Und ihr seid hierhergekommen, um mich zu töten?«
»Wir sind gekommen, um Antworten zu finden«, sagte Penny. »Sie sind Mrs Waxx?«
»Waxx ist ein Name, den ich gewählt und mir
Weitere Kostenlose Bücher