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Blindwütig: Roman

Titel: Blindwütig: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz , Bernhard Kleinschmidt
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allein zu lassen, während Penny und ich am Küchentisch Kriegsrat hielten. Vor uns stand das beschädigte Foto im Silberrahmen.
    »Also wusstest du, dass Waxx zum Mittagessen ins Roxie’s kommen würde«, sagte Penny. »Mir hast du das aber verschwiegen. Weshalb hast du es mir nicht gesagt?«
    »Das habe ich mich auch die ganze Zeit gefragt.«
    »Und wie steht es jetzt?«
    »Jetzt habe ich es herausbekommen.«
    »Na, dann los!«
    »Ich wollte nicht, dass du mich davon abbringst, hinzugehen.«
    »Eigentlich hättest du selber wissen sollen, dass es falsch ist, sich mit so jemandem anzulegen.«
    Sie war nicht zornig, nur enttäuscht von mir.
    Es wäre mir lieber gewesen, wenn sie stattdessen zornig geworden wäre.
    »Ich habe ihn ja nicht mal angesprochen«, sagte ich.
    »Aber irgendetwas muss doch geschehen sein!«
    »Ich wollte ihn mir bloß mal anschauen. Er lebt so zurückgezogen, dass es praktisch keine Fotos von ihm gibt.«
    Ihr blauer Blick war so direkt wie der eines erfahrenen Jägers in seinem Versteck, und ihre Augen forderten die Wahrheit.
Mein Entschluss, diesem außerordentlichen Blick nie auszuweichen, hatte mich im Lauf der Jahre zu einem besseren Menschen gemacht.
    »Und wie sieht er nun aus?«, fragte sie.
    »Wie ein wandelnder Betonklotz mit weißem Haar und Fliege.«
    »Was hast du zu ihm gesagt?«
    »Ursprünglich bin ich nicht mal in seine Nähe gegangen, sondern habe ihn mit genügend Abstand beobachtet. Aber nachdem ich bezahlt hatte und gehen wollte, musste Milo pinkeln.«
    »Ist das von Belang für die Geschichte, oder schleichst du um den heißen Brei herum?«
    »Es ist von Belang«, sagte ich, um anschließend das restliche Geschehen zu berichten.
    Penny runzelte die Stirn. »Und Milo hat ihn wirklich nicht getroffen?«
    »Nein. Nicht mal mit einem Tropfen.«
    »Waxx hat Verdammnis gesagt? Was hat er wohl damit gemeint?«
    »Zuerst dachte ich, er meint, dass er mein nächstes Buch noch übler verreißen wird.« Ich deutete auf das Foto, das ich aus dem Backofen gerettet hatte. »Und was hältst du von dem Ganzen?«
    »Keine Ahnung. Es klingt völlig irre.«
    Eine kleine Weile saßen wir schweigend da.
    Die Nacht war angebrochen. Offenbar misstraute Penny der Dunkelheit hinter den Fenstern genauso, wie ich es tat, denn sie stand auf, um die Jalousien herunterzulassen.
    Fast hätte ich ihr gesagt, sie solle dabei nicht direkt vors Fenster treten. Von hinten beleuchtet, stellte sie ein leichtes Ziel dar.

    Stattdessen stand ich auf, um selber zwei der Jalousien zu übernehmen.
    »Jetzt brauche ich erst mal einen großen, fetten Keks«, sagte sie.
    »Vor dem Abendessen? Was ist, wenn Milo dich dabei erwischt?«
    »Er weiß schon, dass ich mich inkonsequent verhalte, wenn es um die Keksregeln geht. Aber er mag mich trotzdem. Willst du auch einen?«
    »Na schön, dann gieße ich uns ein Glas Milch ein.«
    In schwierigen Zeiten, wenn Penny unter Stress stand, wenn sie an sich zweifelte oder gar von einem unbestimmten Gefühl des Scheiterns ergriffen wurde, wandte sie sich immer demselben Stimmungsaufheller zu: Keksen. Ich wusste auch nicht, wieso sie keine fünf Zentner wog.
    Sie hatte einmal gesagt, wenn man mit mir verheiratet wäre, würde man schon dafür siebentausend Kalorien pro Tag verbrennen. Daraufhin hatte ich gemeint, das läge wohl an meinem ungezügelten sexuellen Appetit. Ich brachte sie eben gern zum Lachen.
    Als wir wieder am Tisch saßen, vor uns je ein Glas kalte Milch und ein Schoko-Pekannuss-Keks, groß wie eine Untertasse, kehrte unser Selbstvertrauen allmählich zurück.
    »Die meisten Literaturkritiker sind charakterlich in Ordnung«, sagte Penny. »Sie lieben Bücher, und sie haben Qualitätsmaßstäbe. Im Allgemeinen sind sie völlig harmlos.«
    »Zu denen gehört dieser Kerl offensichtlich nicht.«
    »Selbst die gemeine Sorte, die von ihren Vorurteilen lebt, landet normalerweise nicht wegen irgendwelcher Gewaltverbrechen im Gefängnis. Worte sind ihre einzige Waffe.«
    »Hm«, sagte ich. »Erinnerst du dich noch an Josh McGintry und die Sache mit der Zeitschrift?«

    Josh war ein mit mir befreundeter Schriftsteller. Er war katholisch, was sich auch in seinen Romanen niederschlug.
    Ein ganzes Jahr lang hatte er einmal pro Woche einen gehässigen Brief von einem Katholikenfeind erhalten. Darauf reagiert hatte er nie.
    Als sein nächstes Buch herauskam, wurde es vom Absender dieser Briefe besprochen, in einer bekannten Wochenzeitschrift, deren Redaktion er angehörte. Ohne

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