Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Blitz: Die Chroniken von Hara 2

Titel: Blitz: Die Chroniken von Hara 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
und es gibt mich. Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.«
    »Wenn der Graue nicht auf Jagd geht, ist er also eine reine Seele.«
    Ich antwortete ihm erst, nachdem wir die Partie zu Ende gespielt hatten und ich das sechste Mal hintereinander verloren hatte. »Bei dem grauenvollen Gemetzel im Sandoner Wald gehörte ein Mann namens Martin zu unserer Einheit. Er ist den Hochwohlgeborenen in die Hände gefallen. Danach konnten sich nur noch die Raben an seinen Überresten laben. Ich werde nie vergessen, was er mir einmal gesagt hat: ›In einem Menschen lebt nie nur das Böse oder nur das Gute. Menschen, die das annehmen, widern mich an. Selbst der niederträchtigste Schuft kann sich im Kampf als kühn herausstellen und edle Taten vollbringen. Zum Beispiel gegenüber einem geschlagenen Gegner Gnade walten lassen oder einen Hund retten, der vor Hunger und Kälte zu sterben droht. Und der verwegenste Held kann feige und niederträchtig handeln oder Verrat üben.‹ Maße dir also nicht an, über andere zu urteilen, mein Junge. Sonst wird am Ende irgendjemand auch über dich ein vorschnelles Urteil fällen.«
    »Was ist? Spielen wir noch eine Partie?«
    »Von mir aus.«
    Diesmal ging ich gerissener vor. Nahezu mühelos nahm ich ihm die ersten drei Linien sowie einen Teil seiner schwarzen Steine ab, gruppierte meine roten Figuren um, band seine Steine mit meinen weißen und zog mit einem entschlossenen Zug übers ganze Brett, sodass ich seine zersprengten Kräfte erbarmungslos schlagen konnte.
    »Gewitzt«, gab er zu. »Also, warum arbeitest du als Gijan?«
    Ich seufzte. Was für ein Sturkopf!
    »Ich bin von klein auf mit dem Bogen auf Du und Du. Ich war noch keine elf Jahre alt, da habe ich zum ersten Mal jemanden getötet. Über die Gründe möchte ich lieber schweigen, sonst glaubst du noch, ich würde mich rechtfertigen. Der Kerl ist im Straßengraben verreckt, mit einem Pfeil im Hals. Nichts anderes hatte er verdient. Ein paar Jahre später fand ich mich mitten in den Kriegswirren wieder. Ich habe so lange im Sandoner Wald meinen Mann gestanden, bis wir den Hochwohlgeborenen den Friedensvertrag hinterhergeschmissen haben. Ich bin bei den Maiburger Schützen gewesen. Rote Pfeile, so haben uns die Spitzohren aus dem Haus des Nebels genannt. Für unseren Dienst haben wir wie alle Soldaten des Imperiums gutes Geld bekommen. Wesentlich mehr als viele andere Krieger. Und zwar dafür, dass wir uns ins Land der Eichen und Hainbuchen begeben und dort sämtliche Elfen getötet haben. Damit sie nicht ins Imperium vorstoßen und in unseren Dörfern ein Blutbad anrichten. Jahrelang ging das so. Kämpfe, Hinterhalte, Überfälle, Rückzüge und erneute Angriffe. Ein großer Teil meines Lebens hat sich in diesen verfluchten Wäldern abgespielt, in denen ich mit dem Bogen in der Hand die Hochwohlgeborenen aufgespürt habe, um sie ins Reich der Tiefe zu schicken.«
    »Hat dir das gefallen?«
    »Zu kämpfen? Anfangs ja. Aber dann hatte ich sehr schnell genug von all dem Blut und Sterben.«
    »Trotzdem bist du geblieben.«
    »Hast du schon mal ein Dorf gesehen, das die rothaarigen Spitzohren aus dem Haus des Schmetterlings heimgesucht haben? Glaub mir, das ist kein sonderlich appetitlicher Anblick. Entweder gehst du an ihm zugrunde, oder du fängst an, noch erbitterter zu kämpfen als bisher. Zu meinem Glück oder Unglück traf für mich die zweite Variante zu. Ich war nicht nur ein guter Soldat, ich war ein hervorragender. Ich gehörte zu den besten Bogenschützen, und aus denen wurde eine besondere Einheit zusammengestellt. Wir waren vier Mann, die im Sandoner Wald quasi jeden Baum kannten. Wir rückten meist einzeln aus, manchmal aber auch paarweise. Wenn wir eines dieser Spitzohren erwischten, machten wir kurzen Prozess mit ihm und verschwanden wieder. Danach haben uns diejenigen, die in den Menschen nicht mehr als Schlachtvieh sehen, etwas mehr Respekt entgegengebracht. Ihnen das Leder zu gerben, das war die einzige Sprache, die sie verstanden haben.«
    »Bist du stolz darauf?«
    »Sagen wir es so: Ich schäme mich nicht dafür. Ich feilsche jederzeit mit den Ye-arre, so gerissen diese auch sein mögen. Ich habe nichts gegen Blasgen, denn sie sind weise und haben die Menschen immer unterstützt. Selbst auf diesen barbarischen Schattentanz der Nirithen würde ich mich mit Freude einlassen. Aber die Hochwohlgeborenen … die hasse ich aus tiefstem Herzen. Das sind Missgeburten, die man vernichten muss, solange sie noch zu

Weitere Kostenlose Bücher