Blitz: Die Chroniken von Hara 2
eigentlich nach dem Tod Rethars versiegt. Trotzdem schluchzte sie jetzt wie ein weinerliches Mädchen. Krämpfe schnürten ihr die Kehle ab, salzige Tropfen rannen ihr über die Wangen und die kalten Lippen.
Alsgara kämpfte noch immer um seine Freiheit. Die Erde brannte, der Himmel weinte mit Thia um die Wette, aber davon ließ sie sich nicht anrühren. Sie wollte allein mit ihrem Schmerz sein, weder an Menschen noch an den Krieg oder das Schicksal dieser Welt denken.
Irgendwann beruhigte sie sich wieder, wischte sich die Wangen ab und starrte aufs Meer hinaus, tastete den leeren Horizont mit ihrem Blick ab. Sie – sie! – hatte erneut eine Niederlage einstecken müssen! Gegen eine Autodidaktin! Dabei hätten doch selbst ihre verbliebenen Kräfte mehr als ausreichen müssen, um dieses Pärchen in Grund und Boden zu stampfen.
Aber nein.
Dieses blauäugige Weibsbild, deren Namen sie noch immer nicht kannte, hatte kurzen Prozess mit ihr gemacht. Wie hatten die Schreitenden ein solches Juwel wieder aus den Händen geben können? Wie blind war der Turm eigentlich, wenn er nicht erkannte, dass das Potenzial dieses Weibsbilds jenes der Ratsangehörigen locker in den Schatten stellte?
Sicher, es mangelte dem Mädchen an Erfahrung – aber dennoch hatte sie Thia mit unglaublich aufwendigen Zaubern angegriffen.
Gegen die sie sich kaum zur Wehr setzen konnte, weil sie diese Autodidaktin lebend brauchte. Alle schwächeren Angriffszauber jedoch hatte das Weibsbild spielend zerrissen. Sie, Thia, wurde vorgeführt, als wäre sie eine unerfahrene Schreitende. Am Ende war ihr nichts anderes übrig geblieben, als zu fliehen, denn Porks Körper dürfte ein magisches Duell kaum überstehen.
Zweimal waren sie und die Autodidaktin bereits aufeinandergetroffen, zweimal hatte sie eine Niederlage davongetragen. Weil sie ihre Gegnerin unterschätzt hatte. Allerdings setzte diese auch wirklich sonderbare Zauber ein. Thia meinte zwar, solche Geflechte bereits früher gesehen zu haben, konnte sich aber nicht erinnern, bei welcher Gelegenheit.
»Ein drittes Mal entgehst du mir nicht«, zischte Thia, stand auf und ging ihrem neuen Ziel entgegen …
Der Regen, der Alsgara in den nächsten drei Tagen heimsuchte, löschte immerhin die Feuer. Das Blut in den Straßen mischte sich mit dem Regen, die Leichen verwandelten sich in durchweichte Vogelscheuchen.
Erst am Morgen des vierten Tages trieb der Ostwind die Wolken in Richtung Meer, tanzten auf den Turmhelmen der Meloth-Tempel wieder Sonnenstrahlen. Die Blaue Stadt gab es nicht mehr, von ihr zeugte nur noch ein riesiger Brandfleck. Ströme heißen, mit Asche gesättigten Wassers flossen in die Orsa, färbten den Fluss, sodass sich dieser nunmehr als schwarzes Band in das unruhige Meer schlängelte.
Das Glockengeläut war verstummt, die Hörner ertönten kaum noch und wenn doch, dann nur an den äußeren Mauern, wo die Feinde immer mal wieder vergeblich versuchten, die Stadt im Sturm zu nehmen. Die Kämpfe in der Hohen Stadt waren jedoch noch am Abend des ersten Tages zum Erliegen gekommen. In der Nähe des Turms waren einige Nekromanten und ihre Helfershelfer erwischt worden. Jetzt durchkämmten die Schreitenden ganz Alsgara nach weiteren Sdissern. Den größten Schaden hatten allerdings die Shoy-chash angerichtet, von denen neun in die Stadt gelangt waren. Ohne die Dämonenbeschwörer hätte womöglich der Feind den Sieg errungen.
Dann lief die Flotte des Imperiums wieder in den Hafen ein. Sie hatte zwar etwas gelitten, war aber immer noch kriegstauglich. Immerhin hatte sie einen Sieg über die Nabatorer errungen. Dadurch blieb der Seeweg nach Loska frei, sodass weiterhin Nahrung aus dem Norden mit Schiffen nach Alsgara gebracht werden konnte.
Luk hatte Glück im Unglück. Der Schlag mit dem Holzschaft des Beils war ungenau, und die auf die Jacke aufgenähten stählernen Platten nahmen ihm die Wucht.
Ohne auf die stumpfen Schmerzen zu achten, die ihm die angeknacksten Rippen verursachten, machte er nun einen Ausfallschritt und ließ den Streitflegel überm Kopf kreisen. Mit einer kurzen Drehung der Hand rammte er seinem Angreifer die Kugel ins Gesicht. Noch ehe der Nabatorer auf ihn krachte, sprang er zur Seite und zog die Waffe in einer fließenden Bewegung einem weiteren Gegner über den Schädel, der gerade über die Mauern hatte klettern wollen. Dieser stürzte von der Leiter und riss dabei drei weitere Feinde mit sich in die Tiefe.
»Stoßt die Leiter weg!«, brüllte
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