Blitz: Die Chroniken von Hara 2
nicht, woran
dieser Jemand
gestorben war, denn möglicherweise saß die Todesursache gerade neben mir. Doch dann durchschoss mich blitzartig ein Gedanke, und ich wäre beinahe aufgesprungen. »Warte mal!«
»Pst!«, zischte sie. »Sprich bitte leise!«
»Vor sieben Jahren haben wir …«
»Richtig«, fiel sie mir ins Wort. »Du weißt, worauf ich hinauswill?«
O ja, das wusste ich. Damals hatten wir den Auftrag einer unbekannten Person angenommen.
Und dieser Person stand eine andere Person im Weg.
Eine Frau.
Eine Schreitende.
Daraufhin hatten wir sie aus dem Weg geräumt und dafür gutes Geld eingestrichen.
An einem kalten Frühlingsabend, als es immer noch schneite und ein scharfer Wind ging, verlor diese Welt eine ihrer Magierinnen. Wir stürzten uns in die Flucht, nur damit uns am Ende ein ungünstiger Wind zurück in den Turm brachte.
»Oho«, stieß ich bloß aus und stierte auf eines der Schneeglöckchen, als wären sämtliche Geheimnisse des Universums in ihm verborgen.
»Danach gab es eine Anwärterin weniger. Ceyra Asani hat die Blaue Flamme an sich gerissen und im Sessel der Mutter Platz genommen. Dieser Auftrag kam von ihr, Ness, da bin ich mir sicher.«
Ich nickte und schmeckte diesem Wissen förmlich nach, ließ es mir auf der Zunge zergehen. Es war bitter. Brannte. Und stank verfault. Beim Reich der Tiefe, in was waren wir da hineingeraten?!
»Wusstest du das, bevor wir den Auftrag angenommen haben? Und hast du deshalb jetzt solche Angst vor der Mutter?«
»Nein, damals habe ich das noch nicht gewusst. Und was die Mutter angeht: Ich hatte es mir bereits vor unserem Auftrag zur Regel gemacht, mich von allen Schreitenden möglichst fernzuhalten. Aus verschiedenen Gründen.«
»Trotzdem hast du dich am Ende auf diese Sache eingelassen. Warum? Du hättest dich doch weigern können, mir zu helfen. Noch dazu, wo es ein Riesenfehler meinerseits war. Ich hätte mich nie von schlichter Gier leiten lassen dürfen. Oder von dem Wunsch, mir von heute auf morgen ein neues Leben aufbauen zu können.«
»Spiel hier nicht den Dummkopf!«, fuhr sie mich wütend an. »Die Antwort auf diese Frage kennst du genau! Wir gehören nun einmal zusammen. Von mir aus soll doch das Reich der Tiefe deine grinsende Fratze holen – aber ich liebe dich! Und behaupte jetzt nicht, du hättest etwas anderes hören wollen!«
»Tut mir leid«, sagte ich. »Die Frage hätte ich mir wirklich sparen können. Wann hast du begriffen, dass Ceyra Asani hinter diesem Auftrag stand?«
»Nach etwa einem Jahr fügte sich ein Detail zum anderen«, antwortete sie. »Da sind mir in Altz verschiedene Gerüchte zu Ohren gekommen. Allerdings hatte ich von Anfang an vermutet, dass nur jemand mit viel Einfluss es wagen würde, die Hand gegen eine Schreitende zu erheben. Im Grunde kam dafür nur jemand aus dem Turm infrage. Abgesehen davon haben weder Bierbrauer noch Bäcker, ja nicht einmal jeder gewöhnliche Würdenträger einen Pfeil im Hause, dessen Spitze die Seele und die Gabe tötet. Deshalb blieb nur die höchst banale Erklärung, dass eine Schreitende uns benutzt hatte, um eine Konkurrentin aus dem Weg zu schaffen. Schließlich sind die Schreitenden auch bloß Menschen. Die genau wie wir alle lieber oben auf dem Gipfel des Berges weilen, wo die Sonne heller scheint und wärmer ist als hier unten im Tal.«
»Und diese Schreitende hat dann die Blaue Flamme an sich gerissen, während wir zur Jagd ausgeschrieben wurden. Mit uns als Sündenbock stand die Auftraggeberin ja mit weißer Weste da.«
»Genau. Erinnerst du dich noch an die beiden Glimmenden, die unser Opfer begleitet haben? Sie haben versichert, die Magie, die bei dem Anschlag eingesetzt worden sei, habe sich von jener unterschieden, die im Regenbogental gelehrt wird. Außerdem war der Pfeil, den du benutzt hast, eine Arbeit aus Sdiss. Die noch dazu in weit zurückliegender Zeit angefertigt worden ist. Ein seltenes Stück also. Das die Aufmerksamkeit hervorragend von der Konkurrentin des Opfers ablenkte. Das hatte Ceyra klug eingefädelt.«
»Und dann ist sie Mutter geworden, aber wir sind ihr entwischt. Also hat sie uns suchen lassen. Habe ich das richtig verstanden?«
»Halb und halb. Wir wurden nicht nur wegen des Mordes gesucht, nicht nur, um herauszufinden, wer uns diesen Auftrag erteilt hat, sondern auch wegen meines Funkens. Auf den hat der Turm bei diesem Auftrag wie gesagt einen Blick erhascht.«
»Wenn du mich fragst, hat Ceyra einen gewaltigen Fehler
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