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Blitz schickt seinen Sohn

Blitz schickt seinen Sohn

Titel: Blitz schickt seinen Sohn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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antwortete Alec mit mehr Sicherheit, als er fühlte, »aber er muß ja bald eintreffen!«
    Tony blieb auf dem halben Weg zu Napoleons Box stehen, sah Alec forschend an und fragte: »Aber wenn er bis morgen nicht hier ist, was machst du dann mit dem Fohlen? Du mußt doch weg!«
    Alec zuckte die Achseln: »Das weiß ich wirklich noch nicht, Tony, ich muß mir etwas ausdenken! Aber Henry hat mir ja fest versprochen, nach zehn Tagen zurückzukommen. Die sind morgen um, und Henry hat bisher immer Wort gehalten.«
    »Lieber Gott!« flüsterte Tony vor sich hin, während er Napoleon in seine Box brachte, »mach doch nur, daß Henry nach Hause kommt.«
    Alec ging auf Vulkans Box zu, um ihn herauszuholen. Das Fohlen sah Alec kommen, seine Augen funkelten vor Zorn. Dann zog es sich mit verächtlichem Schnauben in den Hintergrund seiner Box zurück. Alec nahm den Führriemen vom Haken, öffnete die Tür und ging hinein. Sein Gesicht war gespannt und ärgerlich. Er war enttäuscht und entmutigt, das Pferd Tag für Tag in derselben ablehnenden, ja angriffslustigen Haltung wiederzufinden. Alle waren sie freundlich zu ihm, Tony, Napoleon, Sebastian und natürlich er selbst erst recht — warum begriff es das denn nicht endlich? Zurückweichend keilte Vulkan mit den Hinterhufen aus, gefährlich nahe neben Alec, der sich dicht an der Wand hielt und vorsichtig vorwärts bewegte. Dann blieb er stehen, bis sich der erste Ärger gelegt hatte. Vulkan ist in der Wüste geboren, so ermahnte er sich selbst, instinktiv mißtraut das Tier jedem lebenden Wesen, selbst denen, die es gut mit ihm meinen. Es braucht Zeit, vielleicht viel Zeit, bis es lernt, ihnen zu trauen. Und nur Freundlichkeit würde helfen, es gefügig zu machen, nicht Strenge.
    In liebevollem Tonfall redete er auf Vulkan ein, paßte eine Gelegenheit ab und ergriff dann schnell das Halfter. Das Fohlen stieß den Kopf vor und versuchte, ihn zu beißen, doch Alec vermochte es rechtzeitig abzudrängen.
    »So nicht, mein Junge!« sagte er, »das sind schlechte Manieren!«
    Als er Vulkan aus der Box führte, versuchte das Fohlen wiederholt, ihn gegen die Mauer zu drücken, aber Alec hielt den leichten Körper mit der Schulter zurück.
    »Wenn dir dies Manöver gelingen soll, mußt du erst ein paar Pfund mehr auf den Rippen haben, Freundchen!« sagte er ruhig. Sie gingen durch das Stallgebäude auf die Tür zu. Vulkan drehte den Kopf zu Napoleon herum, der über seine Boxentür schaute. Ein paar Schritte hinter ihm stand Tony mit ängstlichen Augen. Alec fühlte, wie Vulkans Körper zitterte vor Begierde, anzugreifen. Das Fohlen blieb stehen und schrie so laut vor Zorn, daß es durch den Stall dröhnte. Dann warf es den schmalen Kopf zurück, als warte es auf eine entsprechende Antwort vom alten Napoleon.
    »Wenn du dich auf eine Rauferei mit ihm gespitzt hast, bist du auf dem
    Holzweg!« sagte Alec, »komm, vorwärts jetzt!«
    Erst widersetzte sich das Fohlen; dann trottete es — verächtlich schnaubend — mit, Kopf und Schwanz kampflustig gehoben, mit den leichten Hufen rhythmisch den Boden stampfend.
    Nachdem sie auf der Weide angekommen waren, erlaubte Alec ihm, sich bis zum Ende der Führleine von ihm zu entfernen. Vulkan zerrte mit aller Gewalt, er wollte von der Fessel los. Alec hielt den Riemen fest und ließ kein Auge von dem aufsässigen Tier. Das üppige grüne Gras stand hoch um Vulkans Fesseln; er stand still, die Ohren gespitzt, die Nüstern bebten. Alec wußte, daß er mit jeder Faser darauf lauerte, ausbrechen zu können. Er war noch nicht entschlossen, ob er ihn heut zum ersten Mal wirklich frei laufen lassen sollte, wie er es mit seinem wundervollen Vater immer gemacht hatte, ein Augenblick, nach dem er sich jedoch sehnte! Der Sohn seines Blitz in freier Bewegung! Über das Feld galoppierend! Es war ein Bild, das er sich einprägen wollte, um davon zu zehren, wenn er im College weilte. Der Holzzaun, der das Gelände umgab, war zu hoch, als daß das Fohlen ihn überspringen konnte. Ein Jahr später würde es vielleicht dazu imstande sein. Der neue Zaun, den er am südlichen Ende errichtet hatte, war ebenso hoch und würde es von den Dornbüschen und Disteln an der andern Seite der Senke abhalten. Ja, er konnte es riskieren, das Pferd freizulassen.
    Vulkan warf den Kopf hoch; dann trabte er im Kreis herum, während Alec sich mitdrehte und den Riemen straff hielt. Plötzlich blieb Vulkan stehen; seine Nüstern bebten, er witterte nach allen Seiten, ehe er den Kopf

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