Blitz schickt seinen Sohn
Blutstropfen, in jeder Faser seiner Muskeln!« Henry sprach mit leiserer Stimme weiter: »Von Tag zu Tag habe ich gehofft, es würde sich geben oder doch wenigstens abschwächen — doch im Gegenteil, es ist eher schlimmer geworden.«
»Trotzdem werde ich eines Tages seine Liebe gewinnen!« sagte Alec überzeugt. »Warte nur ab, bis zum nächsten Sommer! Da werde ich mit dem Einreiten beginnen!«
Jetzt lächelte Henry: »Du bist ein komischer Vogel, Alec! Na, vielleicht ist es besser so! Ich will nur hoffen, daß du mit deinem nicht umzubringenden Optimismus recht behältst!« Damit stand er auf, ging zur Stalltür und sah hinaus. »Es wird ein wenig wärmer«, stellte er fest.
»Sechs Monate sind noch hin bis zum Sommer«, sann Alec vor sich hin. Henry blinzelte. »Ja, sechs Monate... Er ist dann anderthalb Jahre alt.«
»Und ein Jährling heut in ein paar Tagen«, setzte Alec hinzu. »Wir werden ihm zu Ehren eine kleine Feier veranstalten hier im Stall. Bist du einverstanden, Henry? Wir werden Tony, deine Frau und meine Eltern dazu einladen.«
»Du willst deine Eltern hier haben?« fragte Henry ungläubig, indem er zu Alec zurückging.
»Jawohl«, war die ruhige Antwort. »Es wird besser so sein. Wenn ich sie nicht hierherbitte, werden sie denken, daß etwas nicht stimmt.«
»Was ja durchaus nicht zutrifft«, fiel Henry mit leisem Spott ein.
Sie schwiegen eine Weile.
Dann zog Vulkan ihre Aufmerksamkeit auf sich, weil er mit den Hufen gegen die Wände seiner Box schlug. Alec stand auf und fragte, ob Henry ihn öfter einmal im Freien gehabt hätte?
»In der letzten Woche nicht«, erwiderte der alte Trainer. »Es hat zuviel geschneit, da dachte ich, es wäre besser, ihn im Stall zu lassen. Heut morgen könnte ihm ein wenig Bewegung nicht schaden; der Schnee hat sich jetzt gesetzt.«
»Dann wollen wir ihn gleich hinausführen; vielleicht ist er von dem langen Stehen so unruhig«, meinte Alec.
Sie gingen beide zu Vulkans Box, und Alec faßte nach dem Riegel.
»Willst du ihn nehmen?« fragte Henry.
Alec nickte, und Henry gab ihm die Führleine, die er mitgenommen hatte. »Sei ja vorsichtig!« warnte er. »Er ist schnell und hinterlistig!«
Alec erinnerte sich nur zu gut, wie haarscharf er den schlagenden Hufen in der vergangenen Nacht entronnen war, und sagte: »Ich weiß Bescheid.« Vulkan stampfte hin und her und sah den Besuchern mißtrauisch entgegen. Alec machte die Tür auf und sprach ihn liebevoll an.
Hinter ihm warnte Henry noch einmal: »Du mußt blitzschnell zugreifen, wenn du dich ihm näherst!«
Das Fohlen starrte Alec mit seinem kalten, tückischen Blick an und schüttelte den Kopf, daß die schwarze Mähne vorn über die Stirn fiel und das weiße Abzeichen verdeckte. »Jetzt darfst du deine Beine wieder einmal strecken«, sagte Alec sanft. »Du darfst draußen spielen, Vulkan, da wirst du bessere Laune bekommen.« Beim Sprechen wartete er auf eine Möglichkeit, hineinzugehen und ihn am Halfter zu nehmen, ehe er nach hinten auskeilen konnte. Vulkan spitzte die Ohren, und seine Augen ließen Alec los, um Henry zu suchen. Alec glitt geschwind hinein und bekam den Halfter zu packen. Vulkan bäumte sich, als er Alecs Hand an seinem Kopf fühlte. Doch Alec hielt ihn fest, und es gelang ihm, die Führleine anzuhaken. Er wartete geduldig, bis er fühlte, daß sich das Pferd einigermaßen beruhigt hatte. »Ich glaube, jetzt wird’s gehen!« rief er Henry zu. Vorsichtig, jeden Augenblick auf irgendeine Heimtücke gefaßt, führte er den jungen Hengst durch den Stallgang. Als sie Napoleons Box passierten, blieb Vulkan stehen und wieherte wild. Der alte Wallach antwortete leise und friedlich. Henry knurrte: »Es scheint, daß sich Vulkan nie daran gewöhnen wird, Napoleon in der Nähe zu haben.«
Als sie zur Stalltür hinaustraten, spitzten sich Vulkans Ohren; die weiße Schneedecke erregte seine Aufmerksamkeit. Die Luft war klar und kalt; man hätte Vulkans dampfenden Atem als den Rauch des Feuers deuten können, das in ihm brannte.
»Er ist wirklich, wie nach meinen Begriffen ein Pferd sein sollte, Henry«, sagte Alec.
»Schön, selbstbewußt, rücksichtslos«, knurrte der Alte. »Man könnte ihn tatsächlich wundervoll nennen, wenn man nicht die Aufgabe hätte, ihn zu bändigen.«
Der Wind fuhr wie liebkosend durch Vulkans Mähne, als Alec ihn hinausführte. Er tänzelte so leicht dahin, als könnte er auf Eierschalen gehen, ohne sie zu zerbrechen.
Sie hielten vor dem Tor an, das zu dem weiten
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