Blitz und der Brandfuchs
Stauer mußten ihre Arbeit, das Löschen der Ladung in die bereitstehenden Tender, unterbrechen. Die Bö raste weiter zur Werft, zum Zollamt, ein Stück an der Küste entlang und ins Herz der Stadt, wo sie das holprige Steinpflaster sauberwusch, bevor sie in die Berge hinauffuhr und im Nebel verschwand.
Gleich darauf schien wieder die Sonne, und ein herrlicher Regenbogen wölbte sich über der Stadt und dem Hafen. Das Löschen des Frachters wurde fortgesetzt; die flinken, kleinen Tender fuhren unermüdlich zwischen dem Schiff und dem Pier hin und her. Die Hafenpolizei überwachte aufmerksam die Einfuhr der Waren. Nach dem heftigen Schauer war die heiße Luft von Feuchtigkeit erfüllt. Der Schweiß rann den Menschen in Strömen vom Körper. Der süße Geruch des Rohrzuckers, der in Hunderten von Säcken auf dem Pier gestapelt war und aufs Verladen wartete, lag in Schwaden über dem Hafen.
Im Zentrum der Stadt herrschte in den Banken, Läden und Hotels lebhaftes Treiben. Wagen, Fahrräder und Autos quirlten durch die Haupt- und die engen Nebenstraßen, Polizisten regelten mit schrillen Trillerpfeifen den hektischen Verkehr. Mit lauten Rufen boten Frauen ihre Waren an, die sie in einem Korb auf dem Kopf balancierten.
Hinter einer rosa Stuckmauer und einem eisernen Zaun am Ende der verkehrsreichsten Straße stand ein alter Kolonialbau, an dem eine Tafel seine jetzige Bestimmung verkündete: Polizei- und Einwanderungsamt von Antago.
Das Tor des Gebäudes öffnete sich, und ein Polizeibeamter, von Alec Ramsay und Henry Dailey begleitet, trat heraus. Der Beamte trug eine blaue, goldbestickte Uniform. Er sah zu dem großen Frachter, der im Hafen lag, hinüber und sagte: „Es tut mir leid, aber Sie sollten lieber mit Ihren Freunden heimfahren, denn wir haben keinen regelmäßigen Schiffsverkehr mit den Vereinigten Staaten. Daher könnte es einige Wochen dauern, bis...“
Henry unterbrach ihn: „Nachdem unsere Angehörigen benachrichtigt wurden, daß wir am Leben sind, haben wir keine Eile mehr.“ Er nickte Alec zu, der erklärte: „Wie lange es dauert, ist nun gleichgültig. Wir bleiben so lange hier, bis wir alles versucht haben, mein Pferd wiederzufmden. Wirklich alles!“
Der Polizeibeamte zuckte die Achseln. „Selbst wenn man noch so jung ist wie Sie, sollte man nicht unnötig so viel Zeit verschwenden!“
Alecs Herz krampfte sich zusammen. „Ich hoffe, daß es keine Verschwendung ist! Wenn es uns gelungen ist, Land zu erreichen, kann es meinem kräftigen Hengst ebensogut geglückt sein!“
„Wir müssen daran glauben, daß er in Sicherheit ist“, sagte Henry zu dem Beamten, „und Ihr Kommissar hat uns ein wenig Hoffnung gemacht, als er uns von dem einzelnen Pferd berichtete, das an der Westküste der Insel gesehen wurde!“
„Es geschieht oft, daß ein Pferd aus den Koppeln der Plantagen ausbricht“, antwortete der Offizier geduldig. „Ich würde auf diese Nachricht nicht allzu große Hoffnung setzen.“
„Aber dieses Pferd soll schwarz sein wie das unsere!“ sagte Henry.
„Wir werden es bald herausfinden.“
„Ich brauche es nur zu sehen“, sagte Alec. „Sie müssen nicht glauben, wir wollten Sie damit belästigen, es einzufangen. Ein Blick genügt mir, und falls er es ist, auch ihm!“
Der Beamte lächelte freundlich. „Das dürfte nicht allzu schwer sein, denn unsere Insel ist klein und fast vollständig kultiviert, so daß es nicht viele Stellen gibt, wo sich ein Pferd verbergen kann.“ Alec und Henry, die von der Behörde mit khakifarbenen Hosen, Baumwollhemden, Leinenjacken und Hemden ausgestattet worden waren, stiegen mit dem Beamten in einen kleinen schwarzen Wagen. „Wir werden in wenigen Stunden zurück sein“, bemerkte der Beamte, während er den Wagen startete, „aber es tut mir leid das Schiff wird bis dahin bereits ausgelaufen sein.“
Henry knurrte: „Bitte, machen Sie sich doch unsretwegen keine Sorgen. Wir sind froh, überhaupt erst einmal hier zu sein!“
„Ja, das glaube ich gern“, der Polizist nickte.
Alec sah aus dem Fenster. Die breite Straße, durch die sie fuhren, war mit grüngoldenen Kokosnußpalmen und riesigen Bambusstauden bestanden. Dann fiel sein Blick auf die dicht mit Zuckerrohr bepflanzten Hügel. Er hatte sich in den drei Tagen, die sie jetzt hier waren, sehr elend gefühlt; der Gedanke verfolgte ihn, er könnte seinen geliebten Hengst verloren haben. Ich muß darüber hinwegkommen, redete er sich selbst zu, es nützt weder mir noch anderen.
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