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Blitz und der Brandfuchs

Blitz und der Brandfuchs

Titel: Blitz und der Brandfuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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einmal blieb er abrupt stehen: Durch den Wind wurde ihm ein angriffslustig schrilles Wiehern zugetragen, das jedoch nicht von dem brandroten Hengst, sondern von einem anderen ausgestoßen worden war.
    Unter den jungen Hengsten, die außerhalb des Kreises, den die Stuten mit den Fohlen bildeten, auf Wache standen, befand sich einer, der noch stärker als die anderen nach dem Rang des Anführers der Herde strebte. Er war schneeweiß, und sein Fell trug keine einzige Narbe von Bissen oder Hufen, von denen seine Genossen über und über gezeichnet waren. Trotzdem hatte er mehr Kämpfe bestanden als die anderen, mit Ausnahme seines Vaters, des Brandfuchses, den er eines Tages zu entthronen hoffte. Er verließ die anderen Pferde, die Augen fest auf den fremden schwarzen Eindringling gerichtet. In dem kühlen, hellen Morgenlicht sah man, wie sich seine Nüstern beim Aufblähen röteten. Er schnaubte erregt, und seine großen Augen traten förmlich aus den Höhlen. Dann ließ er erneut seinen trompetenden Kampfschrei ertönen und lief mit der Anmut eines weißen Vogels auf den Rappen zu.
    Plötzlich hielt er inne, als wäre er sich über die Art und Weise seines Angriffs noch nicht schlüssig. Mehrmals schnaubte er zu seinem Feind hinüber, sein ganzer Körper zitterte — oder hatte er Angst?
    Er stieg wieder und wieder, blickte zu seiner Herde zurück, zum erstenmal, seit er sich aus der schützenden Gemeinschaft gelöst hatte. Minutenlang verharrte er auf der Stelle, witterte in die Luft, lauschte mit gespitzten Ohren auf das Schnauben und Wiehern der Stuten. Endlich hatte er sich entschieden und rannte auf Blitz zu.
    Seine Augen flammten, wiederholt wieherte er schrill. Dann verhielt er, bäumte sich hoch auf und kam mit krachenden Hufen wieder zur Erde. Vielleicht hoffte er, den schwarzen Hengst durch sein wildes Gebaren zu erschrecken und zu verscheuchen; doch da irrte er sich.
    Schließlich machte er einen Sprung mit halber Rückwendung, denn es wurde ihm wohl bewußt, daß er ein viel zu junger, unerfahrener Hengst war, um sich mit so einem Gegner einzulassen.
    Blitz aber war es in diesem Augenblick leid, überlegen still zu stehen und abzuwarten. Der jugendliche Herausforderer hatte ihn mit seinem Imponiergehabe keineswegs beeindruckt, und als sich der Schimmel jetzt mit etwas zu tief gesenktem Kopf und unsicheren Bewegungen näherte, bäumte sich Blitz, schlug aus, wendete sich nach rechts und links und ließ die Hufe eine Art Trommelfeuer auf dem Körper des Gegners ausführen. Immer wieder stieg er und schlug von oben auf den Schimmel ein.
    Der Unterlegene schrie vor Schmerz und Angst. Schaum flockte von seinem Maul, und ihm wurde sehr schnell klar, daß er den Kampf verlor. Der Rappe war ein Meister, war weitaus schneller, gewandter und unerschrockener. Als der junge Hengst wieder Luft bekam, wandte er sich um und flüchtete ins Zuckerrohr, in der Hoffnung, daß ihm sein Gegner dorthin nicht folgen würde. Er war blind vor Furcht, denn er war auf einen Gegner gestoßen, der ihn mit seinen furchtbaren Hufen und Zähnen töten konnte, wenn er wollte.
    In dem hohen Rohr fühlte er sich sicherer, ja, einen Moment schien es, als wollte er sich erneut zum Kampf stellen. Als der Schwarze jedoch wild schnaubend unmittelbar hinter ihm durch das prasselnde Rohr brach, nahm der Schimmel die Flucht wieder auf, im Zickzack rennend, um seinem zornigen Verfolger zu entkommen. Doch es half ihm nichts — er war in der Falle.
    Blitz hatte indessen nicht die Absicht, seinen geschlagenen Widersacher zu töten; es genügte ihm, in besiegt zu haben. Nachdem er seine Macht bewiesen hatte, ließ er dem Verängstigten an seinem Zufluchtsort Ruhe und begab sich zu seinen Stuten zurück. Noch einmal stieß er seinen hellen, furchtlosen Schrei aus, doch wandte er sich noch nicht dem wahren Gegner, dem Brandfuchs, zu. Er spürte, daß er in ihm einen ebenbürtigen Gegner gefunden hatte, daß es aber nicht die richtige Stunde war, es auf einen Kampf ankommen zu lassen. Er mußte erst den Schmerz in seinem verletzten Huf abklingen lassen, dann würde er zurückkehren. Er schnaubte seinen Stuten einen Befehl zu und trieb sie über den schmalen Pfad durch den Sumpf zurück in das kleine Tal.

Auf Antago

    Eine Regenbö fegte von der offenen See her in den Hafen der britisch-westindischen Stadt Chestertown auf Antago. Sie kam mit solcher Gewalt, daß sie einen vor Anker liegenden Frachter aus der Bucht eine Meile weit ins Meer hinaustrieb. Die

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