Blitz und der Feuerteufel
dabei, daß er die Sekunden zählte.
Der Ansager verkündete: »Am Halbmeilenpfosten führt Feuerteufel noch mit einer halben Länge, Streamliner ist Zweiter, Lady Luck Dritte, Worthy Lad...« Jimmy hörte nicht mehr zu; er sah auf seine Stoppuhr, nur die Zeit war jetzt für ihn wichtig. Er entdeckte, daß Feuerteufel um zwei Sekunden langsamer gelaufen war, als er angeordnet hatte. Er wurde wütend auf Alec, weil er es wagte, seinen Befehlen nicht zu gehorchen... Doch dann sah er, daß Alec seine Hände gehoben hatte und sein Pferd zu größerer Schnelligkeit anzutreiben versuchte, aber es reagierte nicht. Ein leiser Schatten von Betroffenheit flog über Jimmys Gesicht. Er sah Streamliner auf gleicher Höhe mit Feuerteufel traben. Die Scheuklappe wurde geschlossen. Als Streamliner vorüber war, wurde sie wieder geöffnet.
»Nichts ist verkehrt«, sagte Jimmy zu sich selbst, »er wird wieder aufholen, er wird den Kastanienbraunen bald wieder eingeholt haben.«
Aber Streamliner vergrößerte seinen Vorsprung beständig, als er in den ersten Bogen ging, und hinter Feuerteufel kamen die anderen näher und immer näher.
Vielleicht ist er im Augenblick ein bißchen müde, dachte Jimmy, aber er wird gewinnen! Ganz sicher!
Jetzt ging Lady Luck an Feuerteufel vorbei, Jimmy sah, wie sich die Augenklappe schloß. Dasselbe spielte sich ab, als Worthy Lad ihn überholte.
Da endlich wurde es Jimmy klar, daß das Rennen für sein überanstrengtes Pferd verloren war. Trotzdem fühlte er sich nicht so elend wie vorhin, denn er war betäubt aus Mitleid für sein Pferd und Scham über sich selbst, der ihm das angetan hatte. Tränen traten ihm in die Augen; er war froh, denn sie ersparten es ihm mitanzusehen, wie Feuerteufel immer weiter zurückfiel, nachdem alle Konkurrenten an ihm vorbeigelaufen waren. Du hast zu allen Leuten sagen wollen, sie sollten sich dieses Pferd ansehen — jetzt sieh du selber es dir einmal an! Schau genau hin! Und dann bedenke die Worte, die Henry dir vor wenigen Stunden gesagt hat... Du allein bist schuld an diesem Fiasko...
Streamliner beendete das Rennen als leichter Sieger in viel schlechterer Zeit, als Feuerteufel seine Auflockerungsrunden nach Jimmys Geheiß zurückgelegt hatte.
Das Licht auf den Tribünen flammte wieder auf; Jimmy tappte mit hängenden Schultern zum Anspannplatz. Die Menge schob und stieß ihn, aber er fühlte es nicht, bis sich ein Arm um seine Schultern legte. Er stemmte sich dagegen, weil er einen Stoß erwartete. Statt dessen führte ihn der Arm hinaus aus dem ärgsten Gedränge. Da erst sah er sich den Mann an, zu dem der Arm gehörte, und sagte spontan: »Ich bin ein Narr, Henry, ein törichter alter Narr...«
»Ich ebenfalls, Jimmy«, antwortete Henry gelassen.
Goshen
Alec wartete auf Henry bis lange nach Mitternacht, ehe er sein Lager aufsuchte. Er lag im Dunkeln und hätte gern gewußt, ob Henry seinen kranken, alten Freund heil in den Zug gebracht hatte. Henry hatte ihn den weiten Weg bis zum Bahnhof in New York gefahren, weil er nicht wagte, ihn allein zu lassen. Aber das wußte Alec nicht; seiner Meinung nach hätte Henry längst wieder zurück sein müssen.
Alec horchte zu Feuerteufels Box hinüber; dort blieb alles still. Er hatte den Hengst sorgsam abkühlen lassen und scharf beobachtet, ob irgendwelche Krankheitszeichen vorhanden waren. Das war jedoch nicht der Fall; nach der harten Arbeit am Abend war er nur sehr müde.
Das Rennen war für Alec ein Alptraum gewesen. Er merkte bald, wie sein Pferd sich immer wieder bemühte, schneller zu werden, ohne die dazu nötigen Reserven zu besitzen. Schon die schnelle erste Viertelmeile, die Jimmy gefordert hatte, war zu viel gewesen nach den drei schweren Auflockerungsrunden. Alec wußte, daß er trotzdem das Rennen hätte gewinnen können, wenn Jimmy erlaubt hätte, Feuerteufel ruhig hinter den anderen Pferden traben zu lassen und seinen Vorstoß im richtigen Moment zu machen. Aber es hatte nicht sein sollen!
Alec drehte sich auf die andere Seite. Immerhin war dieses betrübliche Rennen für eines gut gewesen. Jimmy hatte nun eingesehen, daß Henry mit der von ihm vorgeschlagenen Methode im Recht war. Niemals hätten ihn Worte davon überzeugen können. Aber der Augenschein hatte es fertiggebracht. Jimmy war nach dem Rennen ein geschlagener Mann gewesen. Er hatte unentwegt wiederholt, daß er sich als einen Narren betrachte, und Henry hatte behauptet, er wäre auch einer. Es war ein groteskes Nachspiel zu ihrem
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