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Blitz und Pam

Blitz und Pam

Titel: Blitz und Pam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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als ob er auf das Schlimmste hoffte.
    Alec behielt Becky in der Linse. »Sie ist zäh«, kommentierte er, »und heute setzt sie alle Hebel in Bewegung.«
    »Sie wird wie jedes Mädchen nachlassen, sobald es richtig losgeht«, verkündete Henry mit Bestimmtheit.
    Die Pferde hatten den Bogen umrundet und kamen nun in die Zielgerade; es blieben ihnen noch 400 Meter. Becky ritt am Zaun und Mario Santos gleich neben ihr. Vor ihnen lief ebenfalls ein Zweiergespann. Mario arbeitete mit den Händen, wogegen Becky die Peitsche gut einsetzte, mit der sie ihr Pferd antrieb, um durchzubrechen.
    »Mario wird sie niemals vom Zaun weglassen«, meinte Henry. »Er ist kein Gentleman.«
    Alec beobachtete Mario. Er wußte, daß der bekannte Jockey-Lehrling hinter den beiden Rennern an der Spitze bleiben würde, bis es Zeit war, auszuschwenken und sie zu überholen. Marios Pferd hatte noch viel Reserve, und er nützte die Situation aus, indem er Becky auf dem großen Favoriten zwischen sich und dem Zaun eingeklemmt ließ. Mario war stark und auch fähig, seine Kraft einzusetzen, um seinem Pferd vorwärtszuhelfen; zur Peitsche griff er nur im Notfall. Für den Augenblick jedoch beliebte es ihm zu warten.
    Als die Pferde in den Endspurt jagten, schlug ihnen eine Welle von begeisterten, anfeuernden Rufen entgegen. Alec verfolgte mit dem Feldstecher gespannt die Vorderpferde. Auch unter idealen Verhältnissen geschah es leicht, daß man dramatische Einzelheiten verpaßte — so etwa einen kleineren Zusammenstoß, ein verlorenes Hufeisen oder die Unachtsamkeit eines Reiters die den Ausgang des Rennens entschieden. Er sah, wie Becky die Peitsche von einer Hand in die andere wechselte — völlig reibungslos, ohne jegliche Beeinträchtigung ihres Rhythmus. Angesichts ihrer auf und nieder tanzenden Peitsche hielt Mario ganz leicht zurück, ließ Becky jedoch keinen Raum, durchzukommen.
    Das Pferd vor Becky ließ plötzlich nach, und sie preschte sogleich auf die enge Lücke zu, die dadurch beim Zaun entstanden war. Doch just als sie diese erreichte, schwenkte das ermüdete Pferd scharf ein, so daß Becky gegen den Zaun gedrückt wurde. Alec wußte, wie nahe daran sie mit dem Bein war und daß ihr Pferd ihn streifte. Trotzdem feuerte Becky es weiter an, und ohne Unterlaß fuhr ihre Peitsche durch die Luft.
    »Sie zwängt sich durch!« rief Alec ungläubig.
    »Sie wird’s schon aufgeben«, prophezeite Henry. »Das schafft sie nie!«
    Mario Santos sah, wie Becky sich auf der Innenseite vorschob, und griff zur Peitsche. Sein Pferd schoß nach vorn, als das Leder auf seine Haut niedersauste, und holte die beiden ermüdeten Vorderpferde in einem schnellen Bogen ein. Becky war am Zaun der Durchbruch gelungen, und nichts mehr stand ihrem Pferd im Wege. Sie hieb weiter mit der Peitsche drauflos, während ihr Pferd wie wild dem Ziel entgegenraste. In seinem Sattel vor- und zurückschaukelnd, holte Mario Becky ein, als ihr Pferd unter den rhythmischen Schlägen ihrer Peitsche strauchelte.
    Becky rückte wieder vor und holte jeden Zentimeter auf, den sie an Mario verloren hatte, und schließlich ging sie in Führung. Auf den Tribünen schwoll der Lärm zu einem Tosen an, während die beiden Reiter mit Händen und Füßen stießen und schoben und ihren Pferden das letzte Quentchen Kraft abzuringen versuchten.
    Becky wechselte, ohne dadurch auch nur das Geringste an Tempo einzubüßen, die Peitsche auf die linke Seite hinüber. Mario peitschte mit der rechten Hand, und die Pferde rieben sozusagen aneinander, als sie sich dem Ziel näherten. Und wieder stolperte Beckys Pferd und verlor einige Zentimeter an Mario.
    »Sie läßt nach! Sie hat verloren!« rief Henry.
    Alec reagierte nicht. In einem solchen Moment überlegte er nicht noch viel — er sah bloß hin. Ein letzter Sprung noch, und alles war vorbei. Mario forderte sein Pferd weiter, und es schob sich Zentimeter um Zentimeter vor. Doch Becky war nicht ausgebootet — noch nicht! Sie blieb hart, und es war kaum zu fassen: ihr Pferd fing sich auf! Mit einem einzigen kühnen, mächtigen Satz war sie an Marios Seite. Ein zweiter ausholender Sprung kam ebenso flink, und Mario um Kopflänge voraus, brauste sie ins Ziel.
    Henry wandte sich als erster vom Fenster weg. »Pah — Kunststück!« machte er verächtlich zu einem Berichterstatter. »Sie bekommt ein Pferd, das unerhört läuft, und bringt es fertig, nicht herunterzufallen.« Nur wenige der anwesenden Presseleute pflichteten ihm bei; die meisten

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