Blitz und Vulkan
Reporter nichts von Blitz erfuhren.
Die Reporter
Am nächsten Mittag ging Alec zum Polizeigericht im Rathaus von Flushing. Sein Delikt, „ein Pferd in einem öffentlichen Park galoppieren zu lassen“, galt als Verkehrsvergehen. Infolgedessen mußte er um zwei Uhr vor dem Verkehrsrichter erscheinen. Zwei Uhr war es jetzt. Als er zögernd die Treppe hinaufging, beobachtete er die Menschen, die das gleiche Ziel hatten. Einige hielten ihre Vorladungen schon in der Hand. Alec fühlte noch einmal vorsorglich nach seinem Portemonnaie. Er hatte fünfzehn Dollar von seinen Ersparnissen eingesteckt und wußte, daß das mehr als genug war, um die Buße zu bezahlen. Noch länger zu zögern hatte keinen Zweck. Die Gegenwart seines Vaters hätte ihm die Sache erleichtert; er hatte sich jedoch entschlossen, seinem Vater nicht mitzuteilen, was vorgefallen war. Er allein hatte sich die Suppe eingebrockt, also mußte er sie auch allein auslöffeln. Wenn man ihn nicht erkannte, würde keiner etwas erfahren.
Was aber, wenn er doch erkannt wurde? Was sollte er dann machen? Was konnte er tun? Er wußte es nicht. Er mochte auch nicht darüber nachgrübeln; er würde abwarten und dann handeln müssen.
Am Kopf der Treppe stand ein Polizist, der die Ankömmlinge den Korridor entlangwies. Alec folgte den anderen in einen großen Raum, in dem der Richter an seinem Tisch hinter einer Schranke saß. Die Verhandlungen waren bereits im Gange. Alec setzte sich auf einen Stuhl im Hintergrund.
Ein Polizeisergeant stand vor der Schranke und rief die Namen der Verkehrssünder auf. Einzeln traten sie vor und mußten sagen, ob sie sich schuldig oder unschuldig bekannten gegenüber der Verfehlung, die ihnen vorgeworfen wurde. Gaben sie ihre Schuld zu, so mußten sie die ihnen auferlegte Geldstrafe an der Kasse bezahlen. Erklärten sie sich für unschuldig, so wurden sie auf die andere Seite des Zimmers geschickt, wo sie warten mußten, bis der Richter Zeit hatte, ihre Verteidigung anzuhören.
Während Alec darauf wartete, daß sein Name aufgerufen wurde, sah er sich in dem überfüllten Raum um und überlegte, ob sich wohl Zeitungsreporter in der Menge befinden mochten. Er wußte, daß die Gerichtsreporter vieler Zeitungen die Polizeigerichte in den verschiedenen Stadtbezirken regelmäßig besuchten, um womöglich interessante Stories aufzupicken. Also konnte sehr gut ein Reporter anwesend sein. Ob aber ein Gerichtsreporter seinen Namen kannte, war immerhin zweifelhaft. Gerichtsreporter schrieben keine Rennberichte. Plötzlich rief der Sergeant an der Schranke: „Alexander Ramsay!“
Alec kam es vor, als habe er seinen Namen so laut gerufen wie bisher noch keinen anderen, und als sei es obendrein in dem großen Raum ganz still. Er sprang von seinem Stuhl auf, stolperte, fing sich aber gleich und ging mit schnellen Schritten zum Richtertisch. Er sah, blaß geworden, den Sergeanten an, hinter dem der Richter saß.
„Alexander Ramsay, wohnhaft in Flushing, beschuldigt, in einem öffentlichen Park mit einem Pferd galoppiert zu haben. Schuldig oder unschuldig?“ fragte der Sergeant.
„Schuldig!“ antwortete Alec so leise, daß es eigentlich nur ein Flüstern war.
„Schuldig oder unschuldig?“ wiederholte der Sergeant.
„Schuldig!“ rief Alec diesmal vor Verwirrung und Scham überlaut.
Der Richter und der Sergeant lächelten, als Alec zur Kasse ging. Auch der Kassier lächelte, als Alec an den Schalter trat. „Fünf Dollar“, sagte er.
Alec zählte ihm das Geld hin und wandte sich hastig um. Mit niedergeschlagenen Augen ging er zur Tür, schlüpfte in den Korridor und beschleunigte seine Schritte immer mehr. Er hatte gerade die Treppe erreicht, als eine Stimme hinter ihm sagte: „Einen Augenblick mal, mein Sohn!“
Er hielt nicht an und sah sich nicht nach dem Sprecher um, bis eine Hand ihn am Ärmel packte. Ein schlanker Mann in grauem Anzug stand neben ihm. „Ich bin Reporter der Daily News“, sagte er. „Du bist doch Alec Ramsay, der Besitzer von Vulkan, nicht wahr?“
Alec schüttelte die Hand ab und rannte schnell die Treppe hinunter; aber der Reporter blieb an seiner Seite. „Warum so eilig, Alec? Das einzige, was ich wissen möchte, ist, ob du die Rennbahn aufgegeben hast, um statt dessen in öffentlichen Parks zu reiten? Das wird unsere Leser interessieren. Warum hast du Vulkan im Ar-lington-Spezial nicht selbst geritten? Henry Dailey hat der Presse erzählt, du wärst nicht gesund. Warum läßt du heimlich im
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