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Blitz und Vulkan

Blitz und Vulkan

Titel: Blitz und Vulkan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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bestürzten Gesichter der Menschen vor dem Stall waren ihm aufgefallen.
    „Ja“, erwiderte Henry bedrückt. „Ich bin nicht erst ins Rennsekretariat gegangen. Es ist nicht mehr nötig. Die Herren von der Rennleitung befinden sich drüben im Stall, der Rennbahntierarzt und der Staatsveterinär, der gerufen worden ist, gleichfalls...“
    „Ist der Hengst so schwer krank?“ Alec sah auf die Menschenansammlung zurück, die sich jetzt in kleine, erregt diskutierende Gruppen aufgeteilt hatte.
    „Es steht sehr schlecht, Alec“, sagte Henry ernst, und er sah dem Jungen fest in die Augen. „El Dorado hat Sumpffieber. Das ist eine schwere Pferdekrankheit. Er wird getötet werden“, fuhr er leise fort. „Diese Krankheit ist unheilbar.“
    Alec war kreideweiß geworden. Erst nach Minuten war er imstande zu sprechen. „Aber sie ist doch wohl nicht ansteckend, Henry?“
    Der Trainer nickte schwer. „Doch, sie ist sehr ansteckend, Alec. Sumpffieber kann sich als Epidemie ausbreiten, wenn nicht frühzeitig energische Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Wir können jetzt nicht mehr von hier weg, denn alle hier versammelten Pferde unterliegen einer Quarantäne. Für morgen früh ist im Rennbahnsekretariat eine Versammlung anberaumt worden; da werden wir die Einzelheiten erfahren. Das Rennen findet nicht statt!“
    Alec sagte nichts. In den Ställen gegenüber standen Avenger, Cavaliere und Kashmir. Alle streckten ihren Kopf über die Türen. Weiter unten in ihrer Reihe standen Phar Fly, Vulkan und Sea King — und hinter ihm, ach! war Blitz... Jeder von ihnen konnte sich angesteckt haben. Und es gab kein Davonlaufen mehr — jetzt war es zu spät.
    Blitz wieherte, aber Alec drehte sich nicht nach ihm um; er schlug die Hände vors Gesicht. Henry legte ihm väterlich den Arm um die Schultern, um ihn zu stützen.

Der schleichende Tod

    Die Besitzer und Trainer der hier versammelten Elite der Vollblutpferde der Welt gingen mit tiefernsten Gesichtern in das Büro der Rennbahnleitung und nahmen schweigend auf den um einen großen Tisch gruppierten Stühlen Platz. Am Kopfende saß der Generalsekretär des Rennverbandes, zu seiner Rechten der Staatsveterinär, im Hintergrund harrten die Presseleute, ihre Schreibblocks in der Hand.
    Alec saß neben Henry in bangem Warten wie alle anderen.
    Der Sekretär erhob sich, die Augen auf das Schriftstück geheftet, das vor ihm auf dem Tisch lag. Er sagte: „Der Hengst El Dorado mußte gestern abend getötet werden. Die Autopsie hat bestätigt, daß er tatsächlich an ansteckender Pferde-Anämie, Sumpffieber genannt, erkrankt war.“ Er machte eine Pause und blickte die Männer vor ihm an. „Ich weiß, daß Sie alle schon von dieser Krankheit gehört haben; aber auf einer heute in aller Morgenfrühe stattgehabten Besprechung des Direktoriums mit den Tierärzten haben wir beschlossen, den Staatsveterinär, Herrn Dr. Murray, zu bitten, Sie mit allen Begleiterscheinungen dieser Krankheit bekannt zu machen. Darf ich Sie bitten, Herr Dr. Murray!“ Mit einer auffordernden Geste wandte er sich an den Herrn, der zu seiner Rechten saß.
    Der Staatsveterinär erhob sich. „Meine Herren“, begann er sehr ernst, „der Erreger des Sumpffiebers ist ein Virus, welches das Blut verseucht. Es befällt vor allem Pferde und Maultiere. Ein Pferd, das sich infiziert hat, stirbt zuweilen schon beim ersten Anfall; häufiger aber erholt es sich wieder und scheint dann tagelang völlig gesund zu sein, bis der zweite Anfall kommt. Sobald die Fieberanfalle sich häufen, tritt der Tod ein. Pferde, die von Sumpffieber befallen sind, müssen sofort getötet werden, um nicht die anderen gesundgebliebenen anzustecken.“ Er schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: „Es gibt leider zur Zeit noch kein Serum und kein anderes Mittel, um die Pferde vor einer Ansteckung zu bewahren.“ Der Veterinär war ein hochgewachsener, kräftiger Mann. Er richtete sich jetzt auf und blickte rund um den Tisch. „Das Sumpffieber wird durch Fliegen und Mücken von kranken auf gesunde Pferde übertragen, auch durch im Stall benutzte Utensilien, wie Striegel, Bürsten, Sättel, Zaumzeug, Decken, alles, womit ein erkranktes Pferd in Berührung gekommen und das dann für ein gesundes gebraucht worden ist. Das Virus kann vor allem übertragen werden, wenn infizierte und gesunde Pferde aus denselben Gefäßen gefüttert oder getränkt oder irgendwie damit in Berührung gebracht worden sind.“ Der Staatsveterinär sah vor sich nieder auf

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