Blitz und Vulkan
diesen Wunsch als natürlich, nachdem der Hengst so lange hatte im Stall stehen müssen. „Immer hübsch sachte, mein Junge“, redete er ihm zu. „Es ist noch zu früh, Henry will es jetzt noch nicht.“ Es half nichts, Blitz hörte nicht auf, zu drängen und so, mit seinem Reiter ringend, raste Blitz nun in den oberen Bogen, wobei er, trotz Alecs Gegenwehr, immer schneller wurde. Auf einmal erblickte Alec vor sich auf der halben Strecke der Geraden den Rotfuchs. Natürlich sah ihn Blitz auch. Ein markerschütterndes Aufwiehern — und Blitz ging durch; sein Reiter war machtlos! Schreiend stürmte der Hengst Kashmir nach und war unmittelbar hinter ihm, als dieser in den unteren Bogen einschwenkte.
Der Jockey, der Kashmir ritt, drehte sich im Sattel um. Dann klatschte seine Gerte auf Kashmirs Schenkel. Augenscheinlich hoffte er, durch größere Schnelligkeit dem rasenden Rapphengst zu entkommen. Aber der Versuch mißlang: auch der Rotfuchs wollte jetzt kämpfen, er drehte sich um und stürzte seinem Herausforderer entgegen, der ihn im Genick zu packen versuchte. Alec trachtete verzweifelt, Blitz zurückzureißen und schlug ihn in höchster Not hart übers Maul. Dadurch verfehlte Blitz sein Ziel. Er schwenkte sich so plötzlich zur Seite, daß Alec beinah aus dem Sattel gekommen wäre. Beide Hengste standen sich nun gegenüber und gingen gleichzeitig aufeinander los. Kashmirs Jockey glitt aus dem Sattel. Alec kämpfte mit Blitz, um ihn zum Weiterlaufen zu zwingen. Blitz bäumte sich steil auf — er wollte kämpfen! Endlich hatte er einen Gegner gestellt! Alec klammerte sich an seiner Mähne fest, um nicht abzurutschen. Zu seiner Erleichterung sah er in diesem Augenblick Henry und mehrere andere Männer mit Heugabeln und Schaufeln angerannt kommen. Das war die Rettung.
Der Rotfuchs wollte fort, als er die Männer sah. Sein Jockey vermochte ihn jedoch glücklicherweise gleich abzufangen. Als Blitz mit den Vorderhufen wieder zur Erde kam, wollte er im gleichen Augenblick vorwärtsstürzen, seinem Feind nach. Aber schon war Henry da, der ihn am Zügel packte und ihn zurückriß. Alecs Kopf wurde dadurch so hart gegen Blitz’ Widerrist geschleudert, daß er für einige Sekunden fast das Bewußtsein verlor. Als ihn das Schwindelgefühl wieder verließ, hatten mehrere Männer Blitz am Zügel gefaßt und einen Strick um seinen Hals geschlungen, so daß er sich ergeben mußte. Alec fühlte den riesigen Pferdekörper unter sich zittern.
Nun war alles zu Ende! Blitz hatte die unmißverständliche Antwort gegeben, ob er laufen oder kämpfen wollte — für ihn gab es kein Internationales Rennen um den Pokal!
Eine Stunde später stand Alec ruhig neben Blitz in dem fest geschlossenen Stall. Sie waren allein, denn Henry war zum Rennsekretariat gegangen, um Blitz aus der Liste der Teilnehmer am Internationalen streichen zu lassen.
Alec stand in einer Ecke des halbdunklen Stalles und wartete, daß Blitz zu ihm kommen würde. Er hatte das Gefühl, sich bei ihm entschuldigen zu müssen, weil er ihn geschlagen, ja, und auch, weil er ihn überhaupt hierhergebracht hatte. Er sah jetzt ein, daß das unrecht gewesen war, und er nahm die Vorwürfe für alles, was passiert war, auf sich. Henry hatte ihn gewarnt, aber er hatte seinen Kopf durchgesetzt, weil er der festen Überzeugung gewesen war, Blitz in der Gewalt behalten zu können, seinem Naturtrieb, mit anderen Hengsten zu kämpfen, zum Trotz. Das war falsch gewesen.
Jetzt war alles überstanden. Er würde sogleich mit Blitz auf die Farm übersiedeln, um ihre neuen Pläne zu verwirklichen. Er hatte nicht einmal mehr den Wunsch, das große Rennen mitanzusehen — nein, er wollte mit seinem Pferd zusammen auf der Farm sein — nichts anderes mehr! „Ich weiß, ich habe viel an dir gutzumachen“, sagte er zu dem Hengst, „das alles war nicht dein Fehler, du hast nur deiner Natur entsprechend gehandelt. Du bist ja nicht zum Rennpferd erzogen worden wie die anderen. Und im Grunde bin ich froh darüber. Ich will dich haben, wie du bist, und deshalb gehen wir beide jetzt gleich von hier fort!“
Er verweilte lange bei seinem Pferd, bis er endlich den Stall verließ. Draußen sah er eine Menge Menschen vor El Dorados Stall stehen. Es schien, als wären alle auf der Rennbahn Beschäftigten hier versammelt, die Reporter eingeschlossen. Henry stand ebenfalls da. Als er Alec sah, kam er ihm entgegen.
„Geht es El Dorado schlechter?“ fragte Alec voller Besorgnis, denn die
Weitere Kostenlose Bücher