Blitze des Bösen
als ob er eine dringende Verabredung hätte.
Nach drei Minuten, die ihm wie eine Stunde erschienen, schloß
er endlich die Tür hinter sich, riß die Zeitung aus der Tasche
und ließ die Suppendosen unbeachtet auf den Boden rollen. Er
starrte auf die Titelseite der Zeitung.
Das war unmöglich! Es mußte auf der Titelseite stehen!
Aber da stand nichts. Nichts, außer irgendwelchem
Schwachsinn über einen neuen Park, den die Stadt anlegen
wollte.
Wer zum Teufel scherte sich darum?
Er ging zu dem verbeulten Tisch, blätterte mit zunehmender
Wut die Seiten um, aber fand nichts. Dann endlich, auf der
dritten Seite des zweiten Teils, entdeckte er die Meldung.
Er explodierte fast vor Zorn. Sie hatten sie regelrecht versteckt!
Dabei war es doch schon schlimm genug, daß sie es nicht auf
dem Titel oder wenigstens auf der zweiten Seite gebracht
hatten.
Er las den Artikel, und bei jedem Wort wurde seine Wut
noch größer.
Ermordete Frau im Volunteer Park
gefunden
Am frühen Morgen des gestrigen Tages
wurde die nackte Leiche einer Frau im Volunteer Park gefunden. Das Opfer, als Mrs.
Loyce Cottrell, 57, identifiziert, arbeitete am
Empfang der Notaufnahme in der GroupHealth-Klinik in Capitol Hill.
Den polizeilichen Angaben zufolge wurde
die alleinstehende Frau zwischen 23 und 4
Uhr gestern morgen in ihrer Wohnung in
Capitol Hill ermordet. Danach wurde die
Leiche in der Nähe des Staubeckens im Volunteer Park abgelegt. Dort entdeckte sie
Anne Jeffers, eine Mitarbeiterin unserer Zeitung.
Obwohl die Untersuchungen noch nicht
abgeschlossen sind, legt die Polizei auf die
Feststellung Wert, daß es keine Hinweise
auf einen Zusammenhang zwischen dem
Mord an Mrs. Cottrell und dem an Shawnelle Davis, deren Leiche letzte Woche
gefunden wurde, zu geben scheint.
Nachdem er den Artikel zu Ende gelesen hatte, knüllte der
Schlächter die Zeitung zusammen.
Keinen Zusammenhang?
Wie kamen die nur darauf? Hatten sie denn nicht richtig
hingeschaut?
Die beiden Morde glichen sich! Sie glichen sich bis aufs
Haar! Und der an Joyce Cottrell war sogar noch perfekter ausgeführt worden als der an Shawnelle Davis!
Nun, beim nächsten Mal würden sie schon wissen, mit wem
sie es zu tun hatten.
Voller Zorn schleuderte er die Zeitung auf den Boden. Vielleicht sollte er sich jetzt sofort auf den Weg machen und es
wieder tun! Vielleicht sollte er gleich hinausgehen, eine Person
suchen, ihr nach Hause folgen und…
Nein!
So ging es nicht! Er mußte klug sein, vorsichtig und
beherrscht!
Trotzdem sollte er etwas gegen seinen Ärger tun. Er atmete
tief durch, versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu
bekommen und hob die zerknüllte Zeitung auf . Er breitete sie
noch einmal vor sich aus, glättete die Blätter so gut es ging und
riß dann sorgsam den Artikel heraus, der ihn so beleidigt hatte.
Er ging zu seinem Kleiderschrank, öffnete die oberste
Schublade und legte den Artikel in die Akte, in der er schon
alles, was über Shawnelle Davis veröffentlicht worden war,
gesammelt hatte.
Morgen, vielleicht noch heute, wollte er sich ein Album
kaufen und die Zeitungsausschnitte in der richtigen Reihenfolge einkleben.
Und das nächste Mal wollte er keine Frau töten, auch wenn
ihm der Mord an Joyce Cottrell mehr Vergnügen bereitet hatte,
als alles, was er je zuvor in seinem Leben getan hatte.
Aber dieser Verlockung durfte er nicht erliegen.
Letzten Endes tötete er ja, um seiner Mutter eine Freude zu
bereiten.
Es war das Töten, das zählte, nicht das Vergnügen.
Also war es besser, sich nicht in Versuchung führen zu lassen. Das nächste Mal sollte es keine Frau sein.
Von jetzt an würde ihm das Geschlecht seines Opfers egal
sein.
Und wenn er später ein Album kaufen ginge, dann wollte er
sich nicht allein damit begnügen.
Dabei konnte er ja auch gleich nach einem neuen Opfer
Ausschau halten.
42. Kapitel
Anne konnte sich nicht daran erinnern, letzte Nacht überhaupt
geschlafen zu haben. Es mußte aber so gewesen sein, denn ihre
Augen brannten nicht so, wie das nach einer durchwachten
Nacht der Fall war. Aber sie konnte sich deutlich daran
erinnern, wie sie hellwach im Bett lag, an die Decke geschaut
und über die Nachricht, die kurz auf ihrem Computer
aufgeleuchtet hatte, nachgedacht hatte.
Sie hatte nicht lange gebraucht, um den Mechanismus zu
enträtseln: Als Ursache kam eine simple Makro-Datei in Frage,
und die konnte praktisch von allem Möglichen aktiviert worden
sein. Zum Beispiel durch einen Befehl in der
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