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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Sache ein verdammt schlechtes Gefühl. Mir kommt es fast so
vor, als ob irgend jemand Kraven nachmachen will, nur um uns
verrückt zu machen.«
»Und wenn das so wäre?« fragte sie, obwohl sie schon die
Antwort kannte.
Blakemoors Lippen zogen sich zu einem Strich zusammen.
»Dann gibt’s noch weitere Morde«, seufzte er. »Es will mir
einfach nicht in den Kopf. Gerade sind wir den einen Verrückten losgeworden, da macht sich auch schon der nächste ans
Werk.«
»Vielleicht passiert ja nichts mehr«, deutete Anne an.
Blakemoor starrte teilnahmslos in seinen Kaffee. »Vielleicht
nicht…«
Aber daran glaubten beide nicht.
20. Kapitel
    Obwohl er nichts sah, wußte der Junge, daß die Katze hier war.
Dort versteckte sie sich immer, im dichten Blattwerk der
Rhododendren, wenn sie ums Haus herumschlich. Der Junge
wußte nicht, warum die Katze nie den Hinterhof verließ, aber
weil sie es nicht tat, glaubte er, daß es außerhalb davon etwas
geben müsse, vor dem das Tier noch mehr Angst hatte als vor
ihm.
    Oder vielleicht gefiel der Katze auch das Spiel genauso sehr
wie ihm. Er hielt das für immer wahrscheinlicher.
Der Junge duckte sich und ging in die Hocke. Er tat dies
ebenso geschickt und leise wie die Katze, wenn sie sich an
einen der Vögel heranpirschte, die sich ab und zu in ihr Herrschaftsgebiet wagten. Nur die Augen des Jungen bewegten sich
jetzt noch, aber ganz langsam, fast unmerklich. Sie durchsuchten das schattige Innere der Rhododendren nach der
geringsten Bewegung, wodurch sich die Katze verraten könnte.
Dann sah er sie – sie zuckte zwar nur mit dem Schwanz,
doch das reichte, um ihr Versteck zu verraten.
Der Junge bewegte sich nun mit derselben Gewandtheit wie
er sie von der Katze kannte. Zuerst schaukelte er sich langsam
nach vorn, bis seine Hände den Rasen berührten und die
Handflächen jeden Grashalm erfühlten. Die Zuversicht des
Jungen wuchs, als die Katze auf ihrem Platz hocken blieb; sie
wußte offenbar noch nicht, daß er sie entdeckt hatte. Zentimeter um Zentimeter bewegte sich der Junge vorwärts. Jetzt
war ihm, als sei er selbst zur Katze geworden, und er spannte
alle Muskeln seines kleinen Körpers an. Die Sekunden dehnten
sich, während er weiterkroch. All seine Bewegungen waren
langsam, aber fließend, und er kam sich vor, als würde er
förmlich über den Rasen zu dem Gebüsch schweben.
Jetzt sah er, wie die Katze erstarrte, doch er sah es nicht nur,
ihm kam es vor, als würde auch er erstarren. Er und die Katze
waren eins geworden; er konnte spüren, was die Katze fühlte,
während sie gleichzeitig sie und er war.
War das so, weil die Katze bisher nie versucht hatte, den Hof
zu verlassen? Hatte sie das aus demselben Grund nicht getan
wie er?
Die Katze nahm eine gespannte Haltung an, als der Junge
näherkroch, und er sah, daß nicht nur ihre Schwanzspitze,
sondern auch ihre Schnurrhaare nervös zuckten. Und als wäre
er in völligem Einklang mit ihr, begann auch sein Gesicht zu
zittern, und er bemerkte, daß sein Mund offenstand.
Er rutschte näher und sah, daß die Katze zurückwich. »Brave
Kitty«, hauchte der Junge sanft. Er griff in seine Taschen, holte
ein Paar dünner, schwarzer Lederhandschuhe heraus und
streifte sie sich vorsichtig über. »Gute Katze«, summte er.
»Brave, brave Kitty.«
Als hätte sie das schmeichelnde Geflüster hypnotisiert,
beruhigte sich die Katze ein wenig, und ihr gesträubtes Fell
wurde wieder glatt. Der Junge kam näher.
Er streckte seine rechte Hand aus, sie wand sich ruhig wie
eine Schlange durchs Gebüsch. Noch einmal spannte sich die
Katze an, diesmal erhob sie sich, und ihr Rücken wölbte sich,
bis jedes Haar ihres Körpers nach oben stand. Ein Zittern
durchlief den Jungen, wie bei einem kurzen Stromstoß – dann
schoß er wie ein Blitz nach vorn und griff zu. Noch bevor sie
wegspringen konnte, hatte er die Katze schon gepackt. Er zog
seine Beute aus dem Schutz des Dickichts hervor und hielt sie
in Augenhöhe vor sich.
Die Augen der Katze funkelten, sie fauchte und schlug mit
den ausgestreckten Krallen ihrer Vorderpfoten nach ihm. Doch
als der Junge mit seiner anderen Hand ihre Pfoten
umklammerte, schien sich die Katze zu fügen und versuchte
nicht mehr, sich zu wehren.
Genau wie der Junge. Er hatte auch nie dagegen
anzukämpfen versucht.
Die Katze festhaltend, stand der Junge auf und ging zum
Haus, das heute leer stand.
Leer für ihn und die Katze.
Hinter der Tür hielt der Junge inne.

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