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Blitze des Bösen

Blitze des Bösen

Titel: Blitze des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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lediglich einen
Gefallen getan.«
»Weil Sie weiß sind«, brummte Sheila.
»Wie bitte?«
Sheila blickte sie zynisch an. »Die haben Ihnen einen Gefallen getan, weil Sie weiß sind. Als ich wollte, daß sie nach
Danny suchen sollten, haben sie nichts getan.«
Anne wußte, daß es keinen Sinn hatte, Mrs. Harrar zu
erklären, wie viele Tips die Polizei zu den Kraven-Morden
bekommen hatte, wie viele anonyme Anrufe eingegangen
waren und wie viele Mütter die Polizei angerufen hatten, um zu
erzählen, daß ihre Kinder von Richard Kraven ermordet
worden waren. Es waren auch Berichte von Ehemännern,
Ehefrauen, Freunden, Freundinnen, Geliebten, sogar von
Kindern eingegangen, die sicher waren, Kraven habe ihre
Eltern getötet.
»Warum glauben Sie, daß Richard Kraven Ihren Sohn
ermordet hat?« fragte Anne statt dessen. Im schlechtesten Fall
bekäme Sheila endlich Gelegenheit, ihre Geschichte loszuwerden; im besten Fall wußte sie tatsächlich etwas, daß
beweisen würde, daß Richard Kraven der Mörder war.
Sheila ging mit Anne in ihr Hotelzimmer, wo sie ein zerschlissenes Fotoalbum hervorholte – eines der letzten Dinge,
die sie aus besseren Tagen besaß. Im Album klebten vergilbte
Bilder von ihr als Mädchen und welche von ihrem früheren
Mann. Zum Schluß kamen die Fotos von Danny, allesamt mit
Fingerabdrücken verschmiert. Die rührten von den vielen
Malen, wenn sie wieder einmal zu tief in die Flasche geschaut,
spät nachts das Album durchgeblättert und Dannys Bild
zärtlich gestreichelt hatte.
Was Anne sah, war ein hübscher Junge, immer gut angezogen, wenn auch seine Kleidung etwas abgetragen wirkte.
Sein Haar war stets gekämmt, seine Lippen lächelten und seine
Augen funkelten.
Sogar auf den Fotos konnte Anne erkennen, daß der Junge
intelligent gewesen sein mußte. Und er sah auch nicht aus wie
einer, der in Drogengeschäfte verwickelt ist oder einfach
abhaut. In der Tat konnte man auf den wenigen Fotos, die
Sheila und Danny zusammen zeigten, erkennen, daß seine
Mutter vor Dannys Verschwinden eine andere gewesen war.
Zwar schienen sie nicht viel Geld besessen zu haben, doch das
änderte nichts an der Tatsache, daß aus den Fotos eines ganz
deutlich hervorging: sie zeigten eine zärtliche Mutter und ihren
geliebten Sohn.
Allein schon diese Schnappschüsse überzeugten Anne, daß
Danny Harrar nie und nimmer von zu Hause weggelaufen war.
»Was können Sie mir sagen?« fragte sie. »Was geschah am
letzten Tag, als Sie Danny sahen?«
»Er ging angeln. Zusammen mit Richard Kraven.«
Angeln.
Das war eine von Kravens Leidenschaften gewesen. Er hatte
ein Wohnmobil besessen, mit dem er oft in die Berge gefahren
war. Er hatte selbst zugegeben, daß er es liebte, einen Tag in
der Abgeschiedenheit zu verbringen und in den tosenden
Bächen Forellen zu fischen. Anne war bekannt, wie gründlich
das Wohnmobil durchsucht worden war. Nach der Verhaftung
Kravens in Connecticut hatte die Polizei von Seattle es
beschlagnahmt und auf der Suche nach Beweisen fast in alle
Einzelteile zerlegt.
Von den Opfern hatte man indes keine Spur entdeckt. Die
paar Haare und Fusseln, die gefunden worden waren, hatten zu
niemandem gepaßt, Kraven hatte entweder Glück gehabt, oder
er war ein absoluter Perfektionist gewesen.
Oder unschuldig?
»Hat die Polizei Kraven jemals nach ihrem Sohn befragt?«
Sheila preßte ihre Lippen zusammen, »Soweit ich mich
erinnere, nicht. Die haben nur gesagt, Danny sei weggerannt.«
»Erzählen Sie mir von ihm«, bat Anne.
Sheila redete fast den ganzen Nachmittag, und Anne hörte
zu. Sie erfuhr die Geschichte eines ehrgeizigen Jungen, der
entschlossen war, es im Leben zu etwas zu bringen und für die
Rechte seines Volkes einzustehen.
Und eines Morgens war er früh aufgestanden, hatte seine
Angelrute genommen und auf Richard Kraven gewartet, und
zwar an einer Straßenecke nahe der Universität, in der Kraven
lehrte.
Seit damals hatte Sheila ihn nicht wiedergesehen.
Danach hatte sie dann Kraven angerufen. Der hatte ihr
gesagt, daß er Danny kenne, daß er tatsächlich mit ihm angeln
gehen wollte, aber daß der Junge nicht am verabredeten Treffpunkt gewesen sei.
Kraven hatte weiter erzählt, er habe ein paar Minuten
gewartet, habe dann aber gedacht, daß Danny verschlafen habe.
Deshalb sei er allein zum Fischen gefahren. Sheila Harrar hatte
ihm das damals nicht geglaubt, und als später Annes Artikel im Herold erschienen waren, war sie sicher gewesen, daß Kraven

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